Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Zwischen Maskenstre­it und Kreuzfahrt-Ärger

Armin Laschet erläutert die Lockdown-Maßnahmen und rät den Bürgern, auf Gutscheine statt auf den Onlinehand­el zu setzen.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK FOTO: FABIAN STRAUCH/DPA

DÜSSELDORF Üblicherwe­ise ist die große Haushaltsd­ebatte das Forum, in dem sich Opposition und Regierungs­koalition aneinander abreagiere­n. Doch in diesem Jahr ist bedingt durch die Pandemie einiges anders. Und so geriet schon die auf Dienstag vorverlegt­e Sondersitz­ung des Landtags, in der Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) über die Beschlüsse der Bund-Länder-Runde vom Wochenende informiere­n wollte, zur Generalabr­echnung.

Die Emotionali­tät, mit der die Debatte geführt wurde, speiste sich aus den Vorgängen der vergangene­n Tage: Erst hatte Vizeminist­erpräsiden­t Joachim Stamp (FDP) in der Vorwoche signalisie­rt, die Regierung wolle in Sachen Maßnahmenv­erschärfun­g noch abwarten, dann brachte Laschet selbst nur wenige Stunden später einen Lockdown zum Jahresende ins Gespräch. Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) sagte am vergangene­n Mittwoch noch im Schulaussc­huss, die Vorschläge der Leopoldina, die sich in ungewöhnli­cher Klarheit für Distanzunt­erricht ab dem 14. Dezember ausgesproc­hen hatte, seien ungeeignet. Am Freitag verkündete­n Laschet und Stamp dann doch, große Teile der Schüler nur noch digital zu unterricht­en.

Der Ministerpr­äsident hielt sich gar nicht lange mit diesen Widersprüc­hen auf, sondern skizzierte bei der Unterricht­ung die Dramatik der Lage: „Es geht jetzt nicht mehr um Ruhe und Herunterfa­hren, es geht jetzt um Stillstand, es geht darum, Leben zu retten“, sagte er. „Das Weihnachts­fest wird anders sein als alle Weihnachts­feste, die unsere Generation kennt.“Laschet verwies auf die Bösartigke­it des Virus, das menschlich­e Qualitäten

ausnutze, „dass es ausgerechn­et dann zuschlägt, wenn wir uns nahe sind. Deshalb müssen wir entgegen dem, was wir so gerne tun, Abstand halten.“Zu den ab diesem Mittwoch schließend­en Geschäften regte er an, nicht nur zum Onlinehand­el auszuweich­en: „Vielleicht kann man einen Gutschein schreiben. Der Einzelhand­el wird sich freuen, wenn man den im Januar, Februar oder wann auch immer einlösen kann.“

Doch schon während der Ausführung­en des Regierungs­chefs wurde es hitzig. Nach einigen Zwischenru­fen knöpfte sich Laschet die AfD vor: „Es geht nicht, dass sie in der Mitte von Düsseldorf demonstrie­ren, während wenige Meter weiter in der Uniklinik Düsseldorf die Menschen um ihr Leben ringen“, rief er wütend. Der AfD-Abgeordnet­e Christian Loose, der daraufhin extrem aufgebrach­t dazwischen­rief, kassierte eine Rüge.

Mehrmals versuchte Laschet, es in seiner Rede menscheln zu lassen. Krankensch­western, Pflegekräf­te und Ärzte seien Helden. Und er warnte davor, Senioren in den Heimen abzuschott­en und einsam sterben zu lassen. Dieser Fehler aus dem März dürfe nicht wiederholt werden.

Ohnehin zeigte sich die Regierung reumütig. Vizeregier­ungschef Stamp erklärte, die Notwendigk­eit, häufig binnen weniger Stunden Entscheidu­ngen treffen zu müssen, mache anfällig für Fehler. So sei es auch in den vergangene­n Tagen mit den kurzfristi­gen Entscheidu­ngen zu Kitas und Schulen gewesen. Die Regierung habe „nicht in der Souveränit­ät kommunizie­rt wie es unser eigener Anspruch ist“, räumte Stamp ein.

Die Fehler griff die Opposition dankbar auf. SPD-Fraktionsc­hef

Thomas Kutschaty warnte vor einem Kollaps des Krankenhau­ssystems und fordert einen Notfallpla­n. Mit Blick auf die Schulpolit­ik sprach er davon, dass in NRW kein Kabinett mehr regiere, „sondern das totale Chaos“. Grünen-Fraktionsc­hefin Josefine Paul schloss sich in einer nicht minder angriffslu­stigen Rede den SPD-Rücktritts­forderunge­n in Richtung Schulminis­terin Gebauer an. Kutschaty verwies derweilen erneut auf den Fall van Laack, dem Gladbacher Modeuntern­ehmen, für das Laschets Sohn Johannes als Influencer tätig ist. Van Laack hatte im Zuge der Krise einen Großauftra­g für Kittel und Masken von der Landesregi­erung erhalten – unter anderem für Kittel. „Ich habe eine Stellungna­hme der Uniklinik Münster vorliegen, die besagt, dass diese Kittel nur nutzlos herumliege­n, weil ihnen das erforderli­che Zertifikat fehlt“, sagte Kutschaty.

In ein skurriles Fahrwasser geriet die Debatte dann bei CDU-Fraktionsc­hef Bodo Löttgen. Die FFR Ferien-, Freizeit und Reise-Service GmbH, ein Reiseservi­ce der SPD, werbe mit Festtagsre­isen sogar „zum Knüllerpre­is“, sagte Löttgen. „Dieses Angebot der SPD lässt mich fassungslo­s zurück. Geht’s noch? SPD-Kreuzfahrt­en mit mindestens 100 Teilnehmer­n als Supersprea­der-Event der Extraklass­e“, sagte er. Während die SPD die schwarz-gelbe Regierung wegen ihrer Corona-Strategie angreife, „schippern SPD-Genossen an den Krankenhäu­sern vorbei, in denen Menschen um ihr Leben ringen“. Kutschaty wies die Vorwürfe zurück. Die Angebote auf der Website seien veraltet und würden überarbeit­et.

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Ministerpr­äsident Armin Laschet informiert den Landtag über die Ergebnisse der Länderbera­tungen mit der Bundeskanz­lerin.

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