Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Geschenkej­agd vor dem Lockdown

Bis zum 10. Januar müssen Einzelhänd­ler und Friseure ihre Türen schließen. Am letzten Tag vor der erneuten Zwangspaus­e war in der Stadt einiges los. Trotzdem bleibt das umsatzstar­ke Weinachtsg­eschäft bei vielen aus.

- VON DANINA ESAU FOTO: DANINA ESAU

BÜDERICH „Vielleicht schlafe ich heute hier, ich darf ja bis 24 Uhr geöffnet haben“, antwortet Bettina Tusch einer Kundin, die nach den Öffnungsze­iten des Kindermode­ngeschäfts Kilabü fragt. Entgegen aller Erwartunge­n ist nämlich ganz schön was los in dem kleinen bunten Laden auf der Dorfstraße. Mittagspau­sen macht Tusch seit einigen Tagen nicht mehr, auch ihre Öffnungsze­iten hat sie nach hinten verlagert. „Vor allem Patentante­n und Großmütter kommen noch schnell vorbei, um eine Kleinigkei­t zu kaufen. Im Moment kann ich mich nicht beklagen“, sagt sie.

Abgesehen davon sei ihr Laden von den Verlusten des Weihnachts­geschäfts nicht allzu stark betroffen. „Kinder wachsen immer, deswegen lief das Geschäft das ganze Jahr über.“Wenn sie beispielsw­eise Winterjack­en bestellt, werden sie Anfang September geliefert und sind dann meistens direkt weg. Auch in diesem Jahr hat sich daran nichts geändert. Ihr Geschäft hängt eher von den Corona-Maßnahmen ab: „Als in den Schulen die Lüftungspa­usen eingeführt wurden, habe ich auf einmal alle Fleecejack­en verkauft“, sagt sie. Normalerwe­ise hat sie immer um die sechs Jacken da, musste aber aufstocken. Was im Moment gut weg geht, sind Schlafanzü­ge: „Ich habe in meinen 30 Jahren Berufserfa­hrung noch nie so viele verkauft“, sagt sie.

Tusch weiß, wie privilegie­rt sie mit ihrem Meerbusche­r Standort ist. Ihre Stammkunde­n seien ihr über die gesamte Zeit treu gewesen. „Und letzte Woche kamen Kunden in meinen Laden, die gefragt haben, ob sie mich unterstütz­en können.“Obwohl sie nichts Konkretes suchten, haben sie etwas gekauft. „Das ist wirklich einzigarti­g und hat mich sehr gerührt. In anderen Städten haben es die inhabergef­ührten Geschäfte viel schwerer“, sagt sie. Dass sie kurz vor Weihnachte­n schließen muss, stört sie nicht. Sie sei eh der Meinung, dass Einzelhänd­ler drei

Tage vor Weihnachte­n schließen sollten. „Es geht nur noch um den Konsum, alle sind gestresst und abgehetzt.“Sie findet es schön, dass in diesem Jahr nicht die Geschenke, sondern die Zeit mit der Familie im Vordergrun­d steht.

Nicht mehr retten vor Anfragen kann sich auch Friseur Werner Jung aus Büderich. „Wir haben die Telefone ausgestell­t, wir können niemanden mehr annehmen“, sagt er. Der Friseurmei­ster und seine Kollegen haben sehr anstrengen­de Tage hinter sich. Bis 22 Uhr frisieren sie täglich, „anders geht es gerade nicht“. Trotz der vielen Arbeit hat Jung mit seinem Salon Verluste verbuchen müssen. „50 Prozent weniger Umsatz haben wir bis jetzt im Dezember gemacht“, sagt er. Das Weihnachts­geschäft in diesem Jahr ist für ihn nicht mehr zu retten. Hinzu kommt, dass er seinen Salon über die Tage bis Silvester schließen muss. „Das waren auch immer sehr umsatzstar­ke Tage, auf die wir in diesem Jahr verzichten müssen“, sagt er. Dass er am 10. Januar wieder öffnen darf, glaubt er nicht. Er hofft auf Anfang Februar: „Dann darf das Telefon gerne wieder klingeln“, sagt er.

Ruhiger geht es in Jutta Pickardts Schuhgesch­äft zu. Sie habe in der letzten Woche viele Kunden bedient, in dieser sei nicht ganz so viel los. „Viele haben sich in den vergangene­n Monaten schon eingedeckt“, sagt sie. Trotzdem gehen ihr das Weihnachts­geschäft und der Winterschl­ussverkauf,

der für sie ebenso umsatzstar­k ist, verloren. Sie freut sich schon auf die neue Saison und die neue Ware. „Dann können wir frisch in eine bessere Zeit starten“, sagt sie.

Ähnlich geht es Sabine Mann in ihrem Concept Store Silk Tuna, in dem es kuratierte Kleidungss­tücke und andere Modeproduk­te gibt . „Ich habe mit mehr Frequenz gerechnet, aber der Umsatz stimmt“, sagt sie. Sie habe in den letzten Tagen deutlich gemerkt, dass die Menschen lieber zuhause bleiben. Einige wenige Kunden kämen noch vorbei, um ein paar Kerzen oder andere Dekoartike­l zu kaufen. Sie hat ihren Laden mitten in der Pandemie eröffnet. Geschadet hat es nicht, im Gegenteil: „Nach dem ersten Lockdown hatte ich sehr viele Kunden. Ich hoffe, dass es nach dem zweiten genau so ist“, sagt sie.

 ??  ?? Bettina Tusch ist dankbar für ihre Stammkunde­n, die ihr in dieser schweren Zeit treu geblieben sind.
Bettina Tusch ist dankbar für ihre Stammkunde­n, die ihr in dieser schweren Zeit treu geblieben sind.
 ?? ARCHIV: SONJA SCHMITZ ?? Friseur Werner Jung macht Überstunde­n: Bis 22 Uhr hat er geöffnet, damit er und seine Kollegen mit den Terminen hinterherk­ommen.
ARCHIV: SONJA SCHMITZ Friseur Werner Jung macht Überstunde­n: Bis 22 Uhr hat er geöffnet, damit er und seine Kollegen mit den Terminen hinterherk­ommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany