Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Händler setzen auf Abholstationen
Von der Videoberatung über die Lieferung per Fahrrad bis zum Kassentisch in der Eingangstür: Viele Einzelhändler von groß bis klein machen das Einkaufen auch im Lockdown weiter möglich.
DÜSSELDORF Trotz geschlossener Läden ist das Einkaufen im stationären Einzelhandel möglich. In vielen Schaufenstern machen Inhaber am Mittwoch zum Start des harten Lockdowns darauf aufmerksam, dass sie weiter für ihre Kunden da sind. Das gilt sowohl für kleine, inhabergeführte Geschäfte als auch die großen Häuser.
In der Innenstadt sind viele Abholstationen eingerichtet. Der Kaufhof an der Kö hat einen Mitarbeiter hinter einem Kassentisch im Eingang an der Heinrich-Heine-Allee postiert. Einkäufe können online vorbestellt und dort in Empfang genommen werden – kontaktlos, wie das Unternehmen in einer Mitteilung betont. Das Prinzip gilt für alle Galeria-Filialen. Am ersten Tag sei allerdings noch nicht so viel zu tun gewesen, sagt ein Mitarbeiter vor Ort, er vermutet, weil die Geschäfte bis zum Vortag noch geöffnet waren.
Anders war es bei Christoph Simons von Buch in Bilk 2 an der Bilker Allee. Zwischen Dienstagabend und Mittwochmittag liefen 60 Mails mit Abholwünschen bei ihm ein. „Immer mehr Menschen nutzen die Click-and-Collect-Angebote, für uns ist es eine gute Chance, wenigstens einen Teil der Umsatzverluste aufzufangen“, sagt der 44-Jährige. An die strengen Vorgaben aus der Coronaschutzverordnung halte er sich. „Beratung vor Ort geht genauso wenig wie Spontankäufe. Nur die Abholung der georderten Ware ist erlaubt.“Ab sofort bietet er seinen Kunden auch Beratungen per Zoom an. Zwei Termine hat er bereits vereinbart. „Unser Vorteil ist die Flexibilität, man muss auf keinen großen Paketdienst warten. Und wer nicht kommen kann, den beliefern wir mit dem Fahrrad.“Eine Prognose dazu, wie viel Umsatz-Rückgang er mit Hilfe der neuen Kanäle auffangen kann, wagt er noch nicht.
Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands NRW, sieht die digitalen Abhol- und Lieferinitiativen zwar positiv, warnt aber vor überzogenen Erwartungen. „Es lindert den Schmerz, löst aber nicht das Gesamtproblem.“Von der Politik erwarte er, dass es einen finanziellen Ausgleich wie für die Gastronomie gebe. „Die Überbrückungshilfen erfüllen ihren Zweck nicht, wir brauchen eine Dezember- und im Zweifel auch eine Januarhilfe, sonst droht 2021 ein Ladensterben.“
Bis dahin setzen immer mehr Händler auf Abholstationen. Auch vor der Mayerschen an der Kö steht ein Tisch samt Mitarbeiterin. Und bei Saturn im Sevens weist ein Schild auf der Rolltreppe auf die Produktübergabe im ersten Stockwerk hin. Der Eintritt ist nur mit Abholbestätigung
gestattet. Saturn setzt zudem auf ein umfassendes Beratungsangebot per Live-Chat, das auf der Internetseite aufgerufen werden kann. Auch bei Franzen in der Nachbarschaft ist jetzt Videoberatung nach Terminvereinbarung möglich. Kontaktmöglichkeiten gibt es aber auch über Telefon, Whatsapp und E-Mail. Franzen liefert zudem aus dem Onlineshop heraus, zudem ist Abholung vor Ort möglich. Das gilt sogar für Ikea in Holthausen. Der Abholbereich ist auf dem Parkplatz in drei Zonen aufgeteilt. Den Kunden
wird ein Abholtor zugewiesen.
Den Trend zu neuen Handelswegen beobachtet Markus Schaaf, Digitalcoach für Unternehmen im Handelsverband. „Die Händler wollen im Lockdown weiter produktiv und für ihre Kunden ansprechbar sein.“Oft würden pragmatische Lösungen gefunden. Er beobachte zudem, dass jetzt viele Händler besser vorbereitet waren auf den Lockdown. „Der Beratungsaufwand bei uns war im ersten Lockdown viel höher.“Dennoch gebe es nach wie vor Nachholbedarf bei einigen Händlern in Sachen Digitalisierung. Aber Corona habe ihnen das bewusst gemacht.
Das gilt zum Beispiel für Isabel Carmona, die eigene Modekollektionen an der Rosenstraße verkauft. Nachdem sie bislang vor allem auf Instagram und Facebook gesetzt hat, nutzt sie nun auch Google, um ihre Produkte mit Fotos und Preisen zu präsentieren. Als nächstes will sie dem Tipp von Digitalcoach Schaaf folgen und Kunden über Whatsapp ansprechen und beraten. „Wir müssen etwas tun, sonst gehen wir unter“, sagt Carmona.
Wie erfolgreich die Click-andCollect-Strategie sein können, hat am Mittwoch Thomas Görner überrascht. Der Geschäftsführer von Foto Koch und Vorsitzende der Interessengemeinschaft Schadowstraße ist aufgrund seines Sortiments längst Profi in Sachen Online-Versand. Jetzt setzt er verstärkt auf den Abholservice. „Am Mittwoch stand ein Mann aus Thüringen vor unserem Tisch. Er war extra mit dem Auto nach Düsseldorf gekommen und sagte, diese Fotokamera sei es ihm wert.“