Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Händler setzen auf Abholstati­onen

Von der Videoberat­ung über die Lieferung per Fahrrad bis zum Kassentisc­h in der Eingangstü­r: Viele Einzelhänd­ler von groß bis klein machen das Einkaufen auch im Lockdown weiter möglich.

- VON ALEXANDER ESCH UND JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Trotz geschlosse­ner Läden ist das Einkaufen im stationäre­n Einzelhand­el möglich. In vielen Schaufenst­ern machen Inhaber am Mittwoch zum Start des harten Lockdowns darauf aufmerksam, dass sie weiter für ihre Kunden da sind. Das gilt sowohl für kleine, inhabergef­ührte Geschäfte als auch die großen Häuser.

In der Innenstadt sind viele Abholstati­onen eingericht­et. Der Kaufhof an der Kö hat einen Mitarbeite­r hinter einem Kassentisc­h im Eingang an der Heinrich-Heine-Allee postiert. Einkäufe können online vorbestell­t und dort in Empfang genommen werden – kontaktlos, wie das Unternehme­n in einer Mitteilung betont. Das Prinzip gilt für alle Galeria-Filialen. Am ersten Tag sei allerdings noch nicht so viel zu tun gewesen, sagt ein Mitarbeite­r vor Ort, er vermutet, weil die Geschäfte bis zum Vortag noch geöffnet waren.

Anders war es bei Christoph Simons von Buch in Bilk 2 an der Bilker Allee. Zwischen Dienstagab­end und Mittwochmi­ttag liefen 60 Mails mit Abholwünsc­hen bei ihm ein. „Immer mehr Menschen nutzen die Click-and-Collect-Angebote, für uns ist es eine gute Chance, wenigstens einen Teil der Umsatzverl­uste aufzufange­n“, sagt der 44-Jährige. An die strengen Vorgaben aus der Coronaschu­tzverordnu­ng halte er sich. „Beratung vor Ort geht genauso wenig wie Spontankäu­fe. Nur die Abholung der georderten Ware ist erlaubt.“Ab sofort bietet er seinen Kunden auch Beratungen per Zoom an. Zwei Termine hat er bereits vereinbart. „Unser Vorteil ist die Flexibilit­ät, man muss auf keinen großen Paketdiens­t warten. Und wer nicht kommen kann, den beliefern wir mit dem Fahrrad.“Eine Prognose dazu, wie viel Umsatz-Rückgang er mit Hilfe der neuen Kanäle auffangen kann, wagt er noch nicht.

Peter Achten, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands NRW, sieht die digitalen Abhol- und Lieferinit­iativen zwar positiv, warnt aber vor überzogene­n Erwartunge­n. „Es lindert den Schmerz, löst aber nicht das Gesamtprob­lem.“Von der Politik erwarte er, dass es einen finanziell­en Ausgleich wie für die Gastronomi­e gebe. „Die Überbrücku­ngshilfen erfüllen ihren Zweck nicht, wir brauchen eine Dezember- und im Zweifel auch eine Januarhilf­e, sonst droht 2021 ein Ladensterb­en.“

Bis dahin setzen immer mehr Händler auf Abholstati­onen. Auch vor der Mayerschen an der Kö steht ein Tisch samt Mitarbeite­rin. Und bei Saturn im Sevens weist ein Schild auf der Rolltreppe auf die Produktübe­rgabe im ersten Stockwerk hin. Der Eintritt ist nur mit Abholbestä­tigung

gestattet. Saturn setzt zudem auf ein umfassende­s Beratungsa­ngebot per Live-Chat, das auf der Internetse­ite aufgerufen werden kann. Auch bei Franzen in der Nachbarsch­aft ist jetzt Videoberat­ung nach Terminvere­inbarung möglich. Kontaktmög­lichkeiten gibt es aber auch über Telefon, Whatsapp und E-Mail. Franzen liefert zudem aus dem Onlineshop heraus, zudem ist Abholung vor Ort möglich. Das gilt sogar für Ikea in Holthausen. Der Abholberei­ch ist auf dem Parkplatz in drei Zonen aufgeteilt. Den Kunden

wird ein Abholtor zugewiesen.

Den Trend zu neuen Handelsweg­en beobachtet Markus Schaaf, Digitalcoa­ch für Unternehme­n im Handelsver­band. „Die Händler wollen im Lockdown weiter produktiv und für ihre Kunden ansprechba­r sein.“Oft würden pragmatisc­he Lösungen gefunden. Er beobachte zudem, dass jetzt viele Händler besser vorbereite­t waren auf den Lockdown. „Der Beratungsa­ufwand bei uns war im ersten Lockdown viel höher.“Dennoch gebe es nach wie vor Nachholbed­arf bei einigen Händlern in Sachen Digitalisi­erung. Aber Corona habe ihnen das bewusst gemacht.

Das gilt zum Beispiel für Isabel Carmona, die eigene Modekollek­tionen an der Rosenstraß­e verkauft. Nachdem sie bislang vor allem auf Instagram und Facebook gesetzt hat, nutzt sie nun auch Google, um ihre Produkte mit Fotos und Preisen zu präsentier­en. Als nächstes will sie dem Tipp von Digitalcoa­ch Schaaf folgen und Kunden über Whatsapp ansprechen und beraten. „Wir müssen etwas tun, sonst gehen wir unter“, sagt Carmona.

Wie erfolgreic­h die Click-andCollect-Strategie sein können, hat am Mittwoch Thomas Görner überrascht. Der Geschäftsf­ührer von Foto Koch und Vorsitzend­e der Interessen­gemeinscha­ft Schadowstr­aße ist aufgrund seines Sortiments längst Profi in Sachen Online-Versand. Jetzt setzt er verstärkt auf den Abholservi­ce. „Am Mittwoch stand ein Mann aus Thüringen vor unserem Tisch. Er war extra mit dem Auto nach Düsseldorf gekommen und sagte, diese Fotokamera sei es ihm wert.“

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? In der Buchhandlu­ng „Buch in Bilk“2 gibt es ein Click-and-Collect-Angebot: Kunden können georderte Ware am Fenster abholen.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ In der Buchhandlu­ng „Buch in Bilk“2 gibt es ein Click-and-Collect-Angebot: Kunden können georderte Ware am Fenster abholen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany