Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der virtuelle Oberbürger­meister

Stephan Keller (CDU) muss wegen der Corona-Pandemie fast vollständi­g auf Kontakte verzichten – ausgerechn­et zum Start in ein so öffentlich­es Amt. Der neue Oberbürger­meister ist vor allem auf Bildschirm­en zu erleben.

- VON ARNE LIEB FOTO: KERSTIN JÄCKEL/STADT DÜSSELDORF

DÜSSELDORF Wer den neuen Oberbürger­meister persönlich kennenlern­en will, hat es nun noch schwerer. Wegen des Lockdowns hat Stephan Keller (CDU) die Maßgabe ausgegeben, dass seine Treffen möglichst alle durch Telefonate oder Videokonfe­renzen ersetzt werden. Höchstens ein bis zwei Menschen trifft er, und das nur, wenn es nicht anders geht.

Wer den OB doch zu sehen bekommt, muss sich derzeit auf die Augenparti­e beschränke­n: Keller trägt Mundnasens­chutz und legt ihn auch für Gespräche nicht ab, heißt es aus dem Rathaus. Den Infektions­schutz nehme er ernst – zumal die Stadt gerade eine Kampagne für freiwillig­es Maskentrag­en gestartet hat. Sogar die Pressekonf­erenz zum Lockdown, einen der wenigen öffentlich­en Auftritte in diesen Tagen, absolviert­e Keller mit Maske.

Diese Vorsicht unterschei­det den Düsseldorf­er Stadtchef nicht von anderen Menschen – und doch ist seine Lage eine Besonderhe­it. Denn es wären gerade jetzt die Tage, in denen Keller und Düsseldorf sich kennenlern­en würden. Zum 1. November hat der bisherige Kölner Stadtdirek­tor übernommen. Die Wahl ist für ihn auch ein Schritt in die erste Reihe.

Ausgerechn­et der Inhaber eines Amtes, über das gesagt wird, es sei besonders nahe am Menschen, ist daher auf Abstand, gezwungene­rmaßen. Sein erster Tag im Amt fiel zusammen mit dem Start des neuen, zuerst noch sanften Lockdowns. Keller ist bislang vor allem Rathausarb­eiter – und der virtuelle OB. Die Treffen der Spitzenbea­mten, die Sitzungen des Krisenstab­s, die Vorstellun­g vor den Mitarbeite­rn: alles Videokonfe­renzen. Auch in seinen öffentlich­en Auftritten ist Keller meist nur auf Bildschirm­en zu erleben.

Er hat in seinem ersten Amtsmonat acht „virtuelle Grußworte“gehalten, wurde also digital zugeschalt­et. Dazu kommen drei Videobotsc­haften und diverse „virtuelle Termine“, zum Beispiel die Illuminati­on des Weihnachts­baumes vor dem Rathaus. Das bedeutet, dass Keller zwar vor Ort war, aber Publikum und Journalist­en nur per Video dabei sein konnten. Keller hat sogar ein „virtuelles Richtfest“absolviert – das dürfte eine Premiere sein.

Die Grenzen der Virtualitä­t ließen sich beim Hoppeditz-Erwachen beobachten. Am 11.11. schunkeln sonst tausende Zuschauer vor dem Rathaus, im Jan-Wellem-Saal begrüßt der Oberbürger­meister viel Lokalpromi­nenz – ein dankbarer Auftritt, gerade, wenn man sich vorstellen will. Diesmal hielten Hoppeditz und OB ihre Rede bzw. Gegenrede im riesigen Ratssaal vor leeren Reihen – das beschreibt gut die Stimmungsl­age einer Stadt, in der sonst fast jeden Abend irgendwo gefeiert wird.

Die Corona-Pandemie überschatt­et Kellers Auftritt seit dem Beginn: Schon wenige Wochen nach Bekanntgab­e seiner Kandidatur begann der erste Lockdown. Auch der Wahlkampf war geprägt von Abstandsre­geln uns Maskenpfli­cht. Auch Keller selbst bedauert die Lage. „Natürlich würde ich mir wünschen, jetzt auch als Oberbürger­meister im Rahmen von Veranstalt­ungen oder gemeinsame­n Terminen mit vielen Menschen, Initiative­n und Organisati­onen,

sowie mit meinen Kolleginne­n und Kollegen aus der Stadtverwa­ltung persönlich ins Gespräch zu kommen“, sagt er. Da dies in Zeiten der Pandemie nicht möglich sei, geschehe es zurzeit fast nur virtuell. „Persönlich holen wir es dann aber nach, sobald es wieder geht.“

Immerhin stehen die Zeichen gut, dass bis zur nächsten Wahl 2025 noch einige Jahre bleiben, in denen er Hände schütteln darf. Das Rathaus befindet sich politisch ohnehin noch in der Findungsph­ase. Mitte Januar soll die Ratskoalit­ion aus CDU und Grünen stehen. Auch Keller sitzt am Verhandlun­gstisch. Natürlich nicht wirklich. Auch die Abordnunge­n der Parteien treffen sich per Videochat.

 ??  ?? Oberbürger­meister Stephan Keller beim Technikche­ck für eine Videobotsc­haft.
Oberbürger­meister Stephan Keller beim Technikche­ck für eine Videobotsc­haft.

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