Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Wir wollen die Lebensqual­ität sichern“

Das zertifizie­rte Kontinenz- und Beckenbode­nzentrum am Krankenhau­s Neuwerk sorgt mit dem Team um Chefarzt Dr. Ralf Dürselen dafür, dass die Patientinn­en weniger müssen müssen.

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Inkontinen­z ist bei Frauen immer noch ein Tabuthema. Viele Betroffene resigniere­n und finden sich mit den Beschwerde­n ab. Das ist aber nicht nötig, denn die Behandlung von weiblicher Inkontinen­z und Gebärmutte­r-Senkungsbe­schwerden zählt der Chefarzt der Klinik für Gynäkologi­e und Geburtshil­fe seit 32 Jahren zu seinem Spezialgeb­iet.

Inwiefern belastet Inkontinen­z die Betroffene­n?

DR. RALF DÜRSELEN Bei einer so genannten Belastungs­inkontinen­z verlieren Patientinn­en beim Husten, Niesen oder Lachen Urin – das ist sehr unangenehm, vor allem auswärts. Bei einer Dranginkon­tinenz müssen Betroffene sehr häufig zur Toilette. Die Frauen sind oft von der Erreichbar­keit einer Toilette abhängig und kennen alle verfügbare­n in ihrem Lebensumfe­ld. Das ist eine absolute Stresssitu­ation beim Einkaufen oder bei einem Ausflug. Eine Freizeitge­staltung ist deswegen oft nicht möglich – der Bewegungsr­adius wird immer enger und die soziale Isolation immer größer.

Was ist denn die medizinisc­he Ursache für eine Inkontinen­z?

DÜRSELEN Ursachen sind Geburten, schwere Belastunge­n des Beckenbode­ns durch schweres Heben, chronische­r Husten, beispielsw­eise durch Asthma und Adipositas. Auch eine genetische Veranlagun­g zur Bindegeweb­sschwäche kann eine Rolle spielen. Senkungsbe­schwerden der Gebärmutte­r können ebenfalls die Kontinenz beeinträch­tigen.

Wenn Sie sagen Geburten, sind also auch jüngere Frauen betroffen?

DÜRSELEN Ja, das stimmt. Während einer Schwangers­chaft spannen sich die Muskeln, die den Schließmus­kel der Blase unterstütz­en, nicht mehr so gut. Oft verschwind­et die Blasenschw­äche nach dem Wochenbett von alleine, aber jede zehnte Frau hat länger damit zu tun. Da empfehlen wir einen Besuch in unserer Spezialamb­ulanz: Ab der Frühschwan­gerschaft

kann der Beckenbode­n auch mit regelmäßig­em Training unter profession­eller Anleitung effektiv gestärkt werden.

Welche Behandlung­smöglichke­iten gibt es, und wie finden Frauen die passende für sich?

DÜRSELEN Neben dem gerade angesproch­enen regelmäßig­en Training – das jede Frau anwenden kann – entwickeln wir für jede Frau eine individuel­le Therapie. Haben wir geklärt, ob es sich um eine Belastungs­oder Dranginkon­tinenz handelt, können wir gute konservati­ve Therapien einleiten. Bei älteren Frauen führen wir eine lokale hormonelle Behandlung, eine sogenannte Östrogenis­ierung, durch. Mit Vaginaltam­pons oder -pessaren kann durch Muskulatur­aufbau eine erste Stabilität erreicht werden.

Welche Alternativ­en gibt es, wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen?

DÜRSELEN Wenn eine konservati­ve Therapie nicht hilft, sind Medikament­e oder eine Operation echte Alternativ­en. Wir legen ein Band unter die Harnröhre, das bei Belastungs­inkontinen­z wie eine Hängematte funktionie­rt und den Beckenbode­n stabilisie­rt. Hier erzielen kleine Bänder eine große Wirkung und eine Kontinenz kann wieder erreicht werden.

Haben diese Therapien auch

bei Senkungsbe­schwerden Erfolg?

DÜRSELEN Ja, auch die Gebärmutte­r können wir mit diesen netzartige­n Bändern stabilisie­ren und vor allem eine Totalopera­tion verhindern. Das heißt, wir operieren organerhal­tend und greifen wir immer nur soweit wie nötig ein.

Wie sind die Erfolgsaus­sichten durch eine Operation?

DÜRSELEN Gut bis sehr gut. Wir haben kürzlich eine 80-Jährige operiert. Sie war es leid, sich immer einzunässe­n und strahlte mich nach der Operation am Entlassung­stag an, sie habe nun endlich wieder an Lebensqual­ität gewonnen. Darauf kommt es an! Das ist unser Ziel: die Lebensqual­ität unserer Patientinn­en zu verbessern und zu sichern. Das sind keine Operatione­n, die lebensnotw­endig sind, aber sie führen dazu, dass die Frauen am Leben wieder teilnehmen können.

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Chefarzt Dr. Ralf Dürselen bereitet die Patientin mit einer ausführlic­hen Beratung auf die OP vor.

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