Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Keine Pakete, keine Flüge – und wohl keine Entschädigung
Die neue Krise in Großbritannien trifft auch die Verbraucher in Nordrhein-Westfalen. Für die Touristikbranche ist sie ein weiterer Nackenschlag.
LONDON/DÜSSELDORF Es wirkt wie ein Treppenwitz der Geschichte. Zehn Tage bevor der endgültige Austritt von Großbritannien aus der EU in Kraft treten könnte, wird das Szenario vorweggenommen: Doch nicht die Briten schließen die Grenzen, sondern die EU-Staaten verbieten die Einreise von Menschen und behindern so indirekt den Warenkehr, weil sie die Verbreitung noch gefährlicherer Coronaviren aus Großbritannien vermeiden wollen.
Nordrhein-Westfalen Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) äußert sich besorgt zu der Krise in der Krise und verspricht: „Wir schauen genau hin.“Er hofft zwar noch immer, dass es ein neues Handelsabkommen mit den Briten gibt, aber auch die jetzigen Schwierigkeiten könnten zu ernsthaften Lieferproblemen führen. „Die Unternehmen mit engen Beziehungen nach Großbritannien haben zwar ihre Lager aufgefüllt, weil sie auf Turbulenzen wegen des Brexit vorbereitet sein wollten“, sagt Torsten
Schmidt, Wirtschaftsprofessor am RWI in Essen, „aber eine dauerhafte Unterbrechung der Lieferungen wäre für die Briten ein Desaster und für uns auch schon schwierig.“Noch schlimmer wäre, wenn in ganz Europa der Verkehr unterbrochen würde, um die Verbreitung des mutierten Virus zu stoppen. „Das wäre für die NRW-Wirtschaft ein ganz herber Rückschlag“, so Schmidt.
Versorgung Die Deutsche Post hat bereits angekündigt, vorerst keine Pakete und Päckchen nach Großbritannien
und Irland anzunehmen. Kühne + Nagel erwägt, Waren zwischen England und dem Kontinent nur noch in Containern zu transportieren, weil dann keine Lastwagenfahrer von der Insel auf den Kontinent fahren müssen. Das Problem: Weil keine Menschen von England auf den Kontinent kommen dürfen, weigern sich Lkw-Fahrer, Waren auf die Inseln zu bringen, weil ihre Rückkehr unsicher ist.
Reisekonzerne Für die Touristikbranche sind die neuen Corona-Turbulenzen
ein weiterer Rückschlag. Eurowings führt aus Großbritannien bis Ende des Jahres keine Passagierflüge mehr durch; die Nachfrage nach Tickets auf die Insel liegt seit Wochen ohnehin am Boden. „Da finden fast nur noch einige Verwandtenbesuche statt“, sagt ein Insider. Die Flüge auf die Insel sind allerdings keineswegs komplett abgesagt worden.
Reisendenrechte Bürger, deren Flüge abgesagt wurden, können einen Gutschein als Ersatz erhalten, sie können umbuchen, oder sie können die Rückzahlung des Geldes beantragen, wie Eurowings erklärt. Der Reiserechtsexperte Robert Bartel von der Verbraucherzentrale Brandenburg hält ein weitergehendes Entschädigungsrecht für eher unwahrscheinlich, weil die Flugstreichungen mit höherer Gewalt zusammenhängen können. Bitter für die gestrandeten Menschen: Zumindest am Montag wurden auch alle Zugverbindungen des Eurostar zwischen Brüssel, Amsterdam und London abgesagt.