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Private Krankenversicherer erhöhen die Preise
Privatpatienten müssen künftig zum Teil deutlich mehr zahlen. Die Beiträge könnten bereits im Januar im Schnitt um 8,1 Prozent steigen.
DÜSSELDORF Privatpatienten müssen für ihren Krankenschutz ab 2021 deutlich tiefer in die Tasche greifen. Das zeigen erste Zahlen, die die privaten Krankenversicherer (PKV ) veröffentlicht haben. So wird die Debeka, Deutschlands größtes PKV-Unternehmen, die Beiträge im Schnitt um 17,6 Prozent anheben. Betroffen sind alle 2,4 Millionen Vollversicherten. Bei der Barmenia, der Union-Krankenversicherung (UKV) und der Bayerischen Beamtenkrankenkasse (BBKK) liegen die durchschnittlichen Erhöhungen bei rund elf Prozent.
Bei der Barmenia sind Erwachsene in einem „größeren Umfang“betroffen. Das Unternehmen hat rund 300.000 Privatpatienten. Bei UKV und BBKK müssen 45 Prozent der Kunden mit einer Beitragssteigerung rechnen. Die Allianz Private Krankenversicherung erhöht die Prämien um sechs, die LVM um 6,6 und die Hallesche um 5,5 Prozent. Demgegenüber werden beispielsweise bei der Axa die Beiträge im neuen Jahr nur um 3,6 Prozent für rund ein Viertel der Kunden erhöht. Betroffen sind so rund 200.000 Axa-Versicherte. DKV und Huk-Coburg passen ihre Beiträge erst im Frühjahr 2021 an und wollten noch keine Daten nennen.
Das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung rechnet damit, dass die Beitragssätze am 1. Januar 2021 im Schnitt marktweit um 8,1 Prozent steigen. Doch Durchschnittswerte zeigen kaum die echte Beitragsexplosion an, die nun auf viele Privatpatienten zukommt. So müssen Millionen Debeka-Kunden mit Erhöhungen von deutlich über 20 Prozent rechnen. Wie groß die Spanne sein kann, hat die Inter-Krankenversicherung veröffentlicht. Danach reicht die Spannweite bei einem Durchschnittswert von 4,2 Prozent von minus 14 Prozent für Kinder und Jugendliche bis zu einem Plus von 23 Prozent für Auszubildende. Zu den Extremwerten schweigen fast alle anderen
PKV-Unternehmen eisern, weil die Anpassungshöhe vom jeweiligen Tarif und der individuellen Situation abhänge. „Es gibt beispielsweise Tarife, die zehn Jahre lang nicht angepasst wurden und deshalb jetzt eine relativ hohe Anpassung haben“, erläutert ein Sprecher der Signal-Iduna-Krankenversicherung.
Ein Grund, warum die Prämien nun extrem steigen, sind die niedrigen Zinsen. So müssen die Assekuranzen, wenn die Kosten für Heilbehandlungen und Ärzte eines Tarifs die Schwelle von fünf oder zehn Prozent überschritten haben, ihre Rückstellungen anpassen. Verzinsen sich die für das Alter angesparten Reserven schlechter, müssen die Prämien erhöht werden. Wehren können sich privat Versicherte gegen Beitragserhöhungen nicht. Sie können die Anpassungen oft nur durch den Umstieg in einen anderen Tarif beim selben Unternehmen abschwächen. Das ist gesetzlich verankert. Dabei bleiben im
Gegensatz zum Anbieterwechsel die angesparten Rückstellungen für das Alter erhalten. Der Inhouse-Wechsel ist aber kompliziert und sollte von einem Versicherungsberater begleitet werden, der für seine Leistungen ein Aufwands- und kein Erfolgshonorar verlangt. Andernfalls werden nämlich Privatpatienten oft in Tarife mit extrem hoher Eigenbeteiligung gedrängt. Werden sie dann schwer krank, wird die Versicherung oft unbezahlbar.
Versicherungsberater finden die Kunden über den Bundesverband der Versicherungsberater. Vereinzelt bieten Versicherungsmakler wie HC Consulting aus Köln oder Javier Garcia aus Bad Oeynhausen sogar eine kostenlose Wechselberatung an, wenn der Kunde sich künftig in allen Versicherungsangelegenheiten betreuen lässt. Der Weg in die gesetzliche Krankenkasse (GKV ) ist meist ausgeschlossen. Die Rückkehr ist aber möglich, wenn das Einkommen sinkt. Angestellte, deren Lohn unter die für 2021 geltende Einstiegsgrenze von 64.350 Euro pro Jahr fällt, werden wieder in der GKV versicherungspflichtig. Ein solches Absinken kann durch eine Reduzierung der Arbeitszeit oder des Einkommens erreicht werden.
Steigt das Einkommen wieder über die Eintrittsschwelle der PKV, bleibt der Arbeitnehmer freiwillig in der Kasse versichert. „Auch Selbstständige können, wenn sie unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze bleiben, wieder in ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis wechseln“, erläutert Versicherungsberater Klaus Blumensaat von der Kanzlei Adversi aus Mülheim. Sowohl für Angestellte als auch für Selbstständige gilt aber, dass man zum Wechsel nicht älter als 55 Jahre sein darf.