Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Banken gehen gegen hohe Guthaben vor
Nach Ankündigung von Negativzinsen und Kündigungen hat sich die Stadtparkasse mit vielen Kunden geeinigt – aber nicht mit allen.
DÜSSELDORF Die Stadtsparkasse Düsseldorf hat die Einführung von Negativzinsen für Privatkunden nahezu abgeschlossen. Mitte des Jahres hatte sie 1825 ihrer Kunden mit hohen Guthaben über diesen Schritt informiert und in einem zweiten Schreiben später sogar mit Kündigungen gedroht, wenn keine Einigung gefunden werde, was bei vielen Kunden zu großem Unmut geführt hatte (wir berichteten). Inzwischen sind laut Sprecher Volker Schleede noch rund 100 Fälle offen. Eine Kündigung sei bislang aber trotz Ablauf der angekündigten Frist Mitte Dezember nicht ausgesprochen worden, und sie solle auch nur erfolgen, wenn es keinen anderen Weg gebe. „Die Gespräche laufen noch und können sich sicher bis Ende Januar hinziehen.“Hintergrund: Aus rechtlichen Gründen können die Negativzinsen nicht in laufende Verträge aufgenommen werden.
Angeschrieben worden waren laut Stadtsparkasse nur Kunden mit Vermögen von über 250.000 Euro auf Giro- oder S-Cash-Konten. Die Ankündigung: Würde die Summe nicht auf unter 100.000 Euro reduziert, werde ein Verwahrentgelt von minus 0,5 Prozent pro Jahr erhoben. Damit hätte sich nun ein Teil der Kunden einverstanden erklärt, sagt Schleede. Andere hätten sich für Anlageoptionen wie Aktien, Fonds oder Festgeld entschieden. Unserer Redaktion berichten Kunden zudem, dass sie Teile ihres Guthabens auf Konten bei anderen Banken überwiesen hätten. Die Stadtsparkasse vermittelte solche Konkurrenten sogar, wie auch Schleede sagt. Für Neukunden gilt übrigens die Grenze von 100.000 Euro für Negativzinsen. Das sie auch für Bestandskunden kommen könnte, will Schleede bei der aktuellen Entwicklung nicht ausschließen.
Als „Abwehrhaltung“bezeichnet der Finanzexperte Hermann-Josef Tenhagen Negativzinsen. Wohlgemerkt: gegen das Geld. Rund 240 Banken in Deutschland haben sie mittlerweile für Privatsparer eingeführt. Als Grund nennt der Stadtsparkassen-Sprecher Volker Schleede die hohen Kosten, die die „Liquiditätsschwemme“bei den Banken verursache. Es sei nicht möglich, in gleichem Maße Kredite mit vertretbaren Risiken zu vergeben. So würden die Negativzinsen von 0,5 Prozent für das von der Stadtsparkasse bei der Europäischen Zentralbank (EZB) geparkte Geld enorm zu Buche schlagen. Auf 672 Millionen Euro habe sich allein die Gesamtsumme belaufen, die auf den Konten von den angeschriebenen Kunden lag. Welche Kosten das genau verursache, könne die Stadtsparkasse aber noch nicht sagen, man sei dabei, diese Summe zu erheben. Schleede gehe aber nicht davon aus, dass die Einnahmen durch die eigenen, neuen Negativzinsen die Kosten übersteigen werden.
Auch bei der Commerzbank setzt man seit Oktober auf Negativzinsen. Sie liegen bei Neukunden ebenfalls ab 100.000 Euro bei minus 0,5 Prozent. Bei Bestandskunden würden individuelle Vereinbarungen getroffen, sagt Sprecher Dirk Kärgel. Angesprochen würden derzeit allerdings nur Kontoinhaber mit Einlagen von mehr als einer Million Euro. „Unser primäres Ziel ist nicht die Erhebung eines solchen Verwahrentgeltes, sondern die Beratung und Umschichtung in andere Anlageformen. Dies ist auch im Interesse unserer Kunden.“Kündigungen oder Empfehlungen an andere Dienstleister habe es nicht gegeben.
Die Ankündigung von Kündigungen bei der Stadtsparkasse empfindet Finanzexpertin Stephanie Heise von der Verbraucherzentrale insbesondere langjährigen Kunden gegenüber als „grenzwertig“. Auch wenn das Vorgehen rechtlich einwandfrei sei. Zudem habe sie Zweifel daran, dass die Klagen der Banken über die Negativzinsen bei der EZB tatsächlich gerechtfertigt sind. Sie vermute bei den Negativzinsen für Privatkunden vielmehr eine Reaktion auf das generelle Ertragsproblem beim Kreditgeschäft für die Banken.
Sparern mit hohen Guthaben gebe sie allerdings den gleichen Rat wie die Banken: sie sollten sich über Anlageformen informieren. „Sie müssen aber am Ende zu den eigenen Zielen passen“, sagt Heise. Sie empfiehlt deshalb, eine Zweitmeinung einzuholen, am besten von neutraler Stelle wie der Verbraucherzentrale. „Wir wollen nichts verkaufen. Das ist bei einem Bankberater anders.“
Und auch vor dem Wechsel der Bank müsse man bei Unzufriedenheit heute nicht mehr zurückschrecken. Viele Prozesse liefen automatisch ab.