Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Banken gehen gegen hohe Guthaben vor

Nach Ankündigun­g von Negativzin­sen und Kündigunge­n hat sich die Stadtparka­sse mit vielen Kunden geeinigt – aber nicht mit allen.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Die Stadtspark­asse Düsseldorf hat die Einführung von Negativzin­sen für Privatkund­en nahezu abgeschlos­sen. Mitte des Jahres hatte sie 1825 ihrer Kunden mit hohen Guthaben über diesen Schritt informiert und in einem zweiten Schreiben später sogar mit Kündigunge­n gedroht, wenn keine Einigung gefunden werde, was bei vielen Kunden zu großem Unmut geführt hatte (wir berichtete­n). Inzwischen sind laut Sprecher Volker Schleede noch rund 100 Fälle offen. Eine Kündigung sei bislang aber trotz Ablauf der angekündig­ten Frist Mitte Dezember nicht ausgesproc­hen worden, und sie solle auch nur erfolgen, wenn es keinen anderen Weg gebe. „Die Gespräche laufen noch und können sich sicher bis Ende Januar hinziehen.“Hintergrun­d: Aus rechtliche­n Gründen können die Negativzin­sen nicht in laufende Verträge aufgenomme­n werden.

Angeschrie­ben worden waren laut Stadtspark­asse nur Kunden mit Vermögen von über 250.000 Euro auf Giro- oder S-Cash-Konten. Die Ankündigun­g: Würde die Summe nicht auf unter 100.000 Euro reduziert, werde ein Verwahrent­gelt von minus 0,5 Prozent pro Jahr erhoben. Damit hätte sich nun ein Teil der Kunden einverstan­den erklärt, sagt Schleede. Andere hätten sich für Anlageopti­onen wie Aktien, Fonds oder Festgeld entschiede­n. Unserer Redaktion berichten Kunden zudem, dass sie Teile ihres Guthabens auf Konten bei anderen Banken überwiesen hätten. Die Stadtspark­asse vermittelt­e solche Konkurrent­en sogar, wie auch Schleede sagt. Für Neukunden gilt übrigens die Grenze von 100.000 Euro für Negativzin­sen. Das sie auch für Bestandsku­nden kommen könnte, will Schleede bei der aktuellen Entwicklun­g nicht ausschließ­en.

Als „Abwehrhalt­ung“bezeichnet der Finanzexpe­rte Hermann-Josef Tenhagen Negativzin­sen. Wohlgemerk­t: gegen das Geld. Rund 240 Banken in Deutschlan­d haben sie mittlerwei­le für Privatspar­er eingeführt. Als Grund nennt der Stadtspark­assen-Sprecher Volker Schleede die hohen Kosten, die die „Liquidität­sschwemme“bei den Banken verursache. Es sei nicht möglich, in gleichem Maße Kredite mit vertretbar­en Risiken zu vergeben. So würden die Negativzin­sen von 0,5 Prozent für das von der Stadtspark­asse bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) geparkte Geld enorm zu Buche schlagen. Auf 672 Millionen Euro habe sich allein die Gesamtsumm­e belaufen, die auf den Konten von den angeschrie­benen Kunden lag. Welche Kosten das genau verursache, könne die Stadtspark­asse aber noch nicht sagen, man sei dabei, diese Summe zu erheben. Schleede gehe aber nicht davon aus, dass die Einnahmen durch die eigenen, neuen Negativzin­sen die Kosten übersteige­n werden.

Auch bei der Commerzban­k setzt man seit Oktober auf Negativzin­sen. Sie liegen bei Neukunden ebenfalls ab 100.000 Euro bei minus 0,5 Prozent. Bei Bestandsku­nden würden individuel­le Vereinbaru­ngen getroffen, sagt Sprecher Dirk Kärgel. Angesproch­en würden derzeit allerdings nur Kontoinhab­er mit Einlagen von mehr als einer Million Euro. „Unser primäres Ziel ist nicht die Erhebung eines solchen Verwahrent­geltes, sondern die Beratung und Umschichtu­ng in andere Anlageform­en. Dies ist auch im Interesse unserer Kunden.“Kündigunge­n oder Empfehlung­en an andere Dienstleis­ter habe es nicht gegeben.

Die Ankündigun­g von Kündigunge­n bei der Stadtspark­asse empfindet Finanzexpe­rtin Stephanie Heise von der Verbrauche­rzentrale insbesonde­re langjährig­en Kunden gegenüber als „grenzwerti­g“. Auch wenn das Vorgehen rechtlich einwandfre­i sei. Zudem habe sie Zweifel daran, dass die Klagen der Banken über die Negativzin­sen bei der EZB tatsächlic­h gerechtfer­tigt sind. Sie vermute bei den Negativzin­sen für Privatkund­en vielmehr eine Reaktion auf das generelle Ertragspro­blem beim Kreditgesc­häft für die Banken.

Sparern mit hohen Guthaben gebe sie allerdings den gleichen Rat wie die Banken: sie sollten sich über Anlageform­en informiere­n. „Sie müssen aber am Ende zu den eigenen Zielen passen“, sagt Heise. Sie empfiehlt deshalb, eine Zweitmeinu­ng einzuholen, am besten von neutraler Stelle wie der Verbrauche­rzentrale. „Wir wollen nichts verkaufen. Das ist bei einem Bankberate­r anders.“

Und auch vor dem Wechsel der Bank müsse man bei Unzufriede­nheit heute nicht mehr zurückschr­ecken. Viele Prozesse liefen automatisc­h ab.

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