Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Ich bringe etwas, auf das die Leute warten“
Rudi Van den Bossche fährt Pakete für DHL aus. Momentan hat er besonders viel zu tun – aber auch viel Spaß daran.
DÜSSELTAL In „seinem“Viertel, also in seinem Zustellbezirk, da ist Rudi Van den Bossche bekannt wie ein bunter Hund. Er kann keine zehn Meter gehen, ohne dass er von Passanten freundlich gegrüßt wird. Das liegt aber nicht an der zugegebenermaßen farblich auffälligen Berufsbekleidung des Paketboten – der gebürtige Belgier trägt die schwarzgelb-rote Arbeitskleidung von DHL –, sondern an seiner Art. Gerne hält er mal ein kleines Schwätzchen, fragt nach dem Befinden und was die Familie so macht. „Ich habe mindestens ein halbes Jahr gebraucht, um zu wissen, wer mit wem kann und mit wem nicht, wer mit wem verwandt und wer die Schwiegermutter ist“, sagt Van den Bossche. „Aber grundsätzlich gilt, wenn ich freundlich bin, sind es die anderen meistens auch.“
So auch an einem dieser für ihn arbeitsreichen Tage kurz vor Weihnachten. Bevor er das Paketlager in Flingern-Süd verlässt, hat er die Lieferdaten seiner Pakete schon gescannt und den E-Transporter so bestückt, dass er in seinem Zustellbezirk rund um die Brehmstraße alles sukzessive und ohne zu suchen ausliefern kann. Dabei hilft auch das mobile Navigationssystem „Mona“, gewissermaßen der Live-Internetauftritt jedes DHL-Fahrers. „Damit kann jeder Kunde nahezu in Echtzeit verfolgen, wann sein Paket geliefert wird – und ob er noch Brötchen holen kann“, erklärt er. Seine erste Anlaufstelle ist der Paketshop. Hier lädt er die Pakete ab, die die Kunden zur
Selbstabholung gekennzeichnet haben. Gut ein Viertel des E-Transporters ist dann leer.
Van den Bossche hat sein Fahrzeug an zentraler Position abgestellt. „Ich fahre nur knapp 15 Kilometer und da ist die Strecke vom Lager und zurück schon mit drin.“So kann er die Mülheimer Straße mit nur zwei Stopps komplett bedienen. Dann beginnt die Laufarbeit. Für die erste Zustellung muss er in die vierte Etage. Zum Glück gibt es einen Aufzug. Die Menschen mögen seine humorvoll-lockere Art, auch die erste Kundin des Tages. „Wenn alle eure Paketboten so wären wie du, stünde DHL in der Anerkennung ganz oben“, sagt sie. Van den Bossche freut sich. „Man bekommt so viel Anerkennung für das, was man tut. Ich beliefere fast nur Leute, die strahlen richtig, wenn sie mir die
Tür öffnen“, sagt er. „Ich bringe ja auch meistens etwas, auf das die Leute schon sehnsüchtig gewartet haben, gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit.“
Das zweite Päckchen stellt Van den Bossche auf dem Weg nach unten in der zweiten Etage zu. Glück gehabt, beide Besteller waren zu Hause. Anders sieht es auf der anderen Straßenseite aus. Vier Pakete hat er übereinandergestapelt, bei den drei Kunden rührt sich jedoch nichts. Also drückt Van den Bossche einen anderen Klingelknopf. Es wird aufgedrückt. „Hallo, wie geht es dir? Wärst Du bereit, für Deine Nachbarn ein paar Pakete anzunehmen?“, fragt er. „Selbstverständlich“, lautet die Antwort.
Für Van den Bossche geht es so oder so ähnlich bis zum Feierabend weiter. „Am Paket-Verteilzentrum an der Fichtenstraße, das quasi für die Hälfte von Düsseldorf zuständig ist, kommen normalerweise täglich 18.000 Pakete an. Jetzt sind es 31.000“, sagt DHL-Sprecher Rainer Ernzer. In der Vorweihnachtszeit arbeiteten dort 160 Angestellte – im Rest des Jahres seien es 100. „Sollte es in einem Zustellbezirk zu viele Lieferungen geben, setzen wir einen zweiten Boten ein.“Normalerweise gehen die Zusteller in zwei Schichten von Flingern aus auf Tour, aktuell sind es drei. „Wir haben in diesem Jahr ganz schön rein gekloppt. Dafür gab es aber auch 600 Euro extra“, erzählt Rudi Van den Bossche. „Aber Stress spüre ich nicht. Wer den verspürt, macht etwas verkehrt.“
Seit dreieinhalb Jahren ist der gelernte Hotelfachmann bei DHL.
„Ursprünglich war es nur als Übergangsjob geplant. Aber dann habe ich ganz schnell gemerkt, dass ich gar nicht mehr weg will“, sagt er. Über den Verdienst der Boten sagt DHL-Sprecher Ernzer: „Wir wissen, dass der Job einen fordert bei durchschnittlich 200 Paketen pro Tag. Wir bezahlen jedem Mitarbeiter, auch den Aushilfen, mindestens 13,80 Euro Stundenlohn.“Dazu gebe es etwa Schulungen zum richtigen Heben und Tragen. Bis zu 31,5 Kilogramm darf ein Paket wiegen. Das kommt zum Glück aber nur selten vor, obwohl es eigentlich nichts gibt, was nicht verschickt wird. „Wir hatten schon einen kompletten Wohnzimmerschrank, aufgeteilt auf sechs Pakete“, sagt Ernzer. Van den Bossches skurrilste Lieferung hingegen war riesengroß, aber federleicht. „Es hatte sich jemand von einem Bauern Heu für seine Kaninchen bestellt“, erinnert sich der Zusteller. „Danach konnte ich erstmal den kompletten Transporter saubermachen.“
Viele seiner Kollegen sind jünger – doch trotz seiner 60 Jahre hat Van den Bossche in dem körperlich anspruchsvollen Job keine Probleme. „Ich habe immer Sport gemacht, ich schwimme, laufe Schlittschuh und mache jeden Morgen 30 Minuten Übungen zur Rücken- und Bauch-Stabilisierung. Das spart mir ein Fitnessstudio“, erklärt er.
Dass er in der Vorweihnachtszeit deutlich mehr Pakete ausliefern muss, ärgert ihn überhaupt nicht, sagt er – im Gegenteil. „Dann komme ich doch mit noch mehr netten Menschen in Kontakt.“