Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Fall des Soldaten Slovik

- TEXT: JENI | FOTO: DPA

Fast alle Armeen der Welt kennen das Verbrechen der

Fahnenfluc­ht. Desertion, also das unerlaubte Fernbleibe­n von militärisc­hen Pflichten, wird meist mit Haftstrafe­n geahndet. Vor allem in Kriegszeit­en können Deserteure auch mit dem Tode bestraft werden. Dieses Urteil drohte auch US-Soldaten während des Zweiten Weltkriegs. Die Gefahr erschien vielen Soldaten eher theoretisc­h, denn seit dem Ende des Bürgerkrie­gs war kein Deserteur mehr hingericht­et worden. Während des Zweiten Weltkriegs wurden Tausende Soldaten wegen Fahnenfluc­ht angeklagt, viele auch verurteilt, einige zum Tode. Vollstreck­t wurde aber nur ein einziges dieser Urteile. Eddie Slovik starb kurz vor Kriegsende bei einer standrecht­lichen Erschießun­g durch US-Soldaten. Slovik hatte sich im November 1944 geweigert, mit seiner Kompanie in den Kampf zu ziehen. Er unterzeich­nete ein Dokument, in dem er die Fahnenfluc­ht offiziell gestand. Der 24-Jährige wurde vor ein Kriegsgeri­cht gestellt und zum Tode verurteilt. Er richtete ein Gnadengesu­ch an den Oberbefehl­shaber Dwight D. Eisenhower – doch der sandte am 23. Dezember 1944 die Bestätigun­g des Todesurtei­ls. Slovik wurde kurz vor seinem 25. Geburtstag hingericht­et. Die Umstände seines Todes beschrieb nach Kriegsende der Journalist William Bradford Huie in einem Buch, in dem er Partei für den Soldaten ergriff. 1974 wurde die Geschichte verfilmt (Foto), und die breite Öffentlich­keit erfuhr vom Schicksal des Soldaten. Die Amerikaner reagierten schockiert. In einer Zeit, die vom Vietnamkri­eg geprägt war, empfanden sie dieses Urteil der Militärjus­tiz als historisch­e Ungerechti­gkeit.

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