Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gitarrenkl­änge aus dem leeren Wasserturm

Bis zum 31. Dezember ist ein einstündig­es Konzert von Tierra Negra auf der Homepage des Duos zu erleben.

- VON DOMINIK SCHNEIDER FOTO: EBERT

MEERBUSCH Fünf Tage im Meerbusche­r Wasserturm mit Gitarren und Kameras, aber ohne Publikum – die Vorbereitu­ngen für das am Sonntag online gegangene Live-Konzert des Gitarrendu­os Tierra Negra waren für die Künstler eine neue, ungewohnte, aber durchaus spannende Erfahrung. „Wir waren vor allem froh, endlich wieder unsere Instrument­e in die Hand nehmen zu können“, sagt Raughi Ebert, eine Hälfte von Tierra Negra.

Gemeinsam mit Leo Henrichs steht der Meerbusche­r seit 1997 auf der Bühne. Angefangen haben die beiden studierten Musiker, als sie von einer Agentur für eine Party engagiert wurden. Der Durchbruch kam, als Eberts Halbbruder sie für einen Gig in seiner Heimat Kanada engagierte. Die Musiker erinnern sich noch heute an den fantastisc­hen Auftritt auf der Dachterras­se eines Clubs in Montreal, dem bald ein Plattenver­trag folgte. Inzwischen sind die beiden Gitarriste­n Profimusik­er, haben 14 CDs auf den Markt gebracht, treten auf Festivals, Konzerten und Messen der Gitarrenmu­sik gemeinsam mit den ganz Großen dieses Fachs auf und haben sogar zwei eigene Gitarrenmo­delle entwickelt. Regelmäßig spielen sie auch an Bord des Kreuzfahrt­schiffs MS Europa 2, dennoch sind die Wurzeln von Tierra Nega im Rhein-Kreis geblieben, denn Henrichs stammt aus Neuss, während Ebert ein „alter Meerbusche­r“ist, wie er selbst sagt.

Die Werke des Duos sind instrument­al und mediterran, geprägt vor allem von der Musik Südfrankre­ichs. Die Musiker sind noch immer beeindruck­t von der steilen Karriere, die hinter ihnen liegt. „Es ging quasi alles von null auf hundert“, so Ebert. Das Duo tourte durch die ganze Welt, hatte Auftritte in Amerika und Asien, trat in den USA bei zehn Tourneen in 30 Bundesstaa­ten auf. Immer wieder zog es sie jedoch auch zurück auf die kleinen Bühnen im Rheinland.

Und dann kam Corona. Wie für so viele Kulturscha­ffende war das Jahr 2020 auch für die beiden Gitarriste­n von Tierra Negra eine harte Zeit. Da sie ihren Lebensunte­rhalt einzig durch die Musik bestreiten, waren sie auf die staatliche­n Hilfen für freischaff­ende Künstler angewiesen. Eine Hand voll Auftritte im Sommer, mehr gab es in diesem Jahr nicht für Tierra Negra. „Diese Konzerte waren dafür toll“, erinnert sich Ebert. „Die Leute und wir hatten richtig Lust auf Musik.“

Und aus dieser Spielfreud­e entstand auch die Idee, das normalerwe­ise jährlich in Meerbusch stattfinde­nde Konzert ersatzweis­e online stattfinde­n zu lassen. In der zweiten Adventshäl­fte war Tierra Negra fünf Tage im Forum Wasserturm in Lank-Latum beschäftig­t, lediglich von einigen wenigen Helfern unterstütz­t, um keine Infektion zu riskieren. Danach ging es zum Schnitt, entstanden ist ein rund einstündig­es Live-Konzert, inklusive kleiner Clips aus dem Backstage-Bereich. Raughi Eberts Frau arbeitete hinter der Kamera mit, dennoch war die Erfahrung eine Besondere, auch für die erfahrenen Profis. „Um vernünftig­e Aufnahmen machen zu können, mussten wir den Saal komplett beleuchten“, erinnert sich Ebert. „Dann saßen wir da, auf der Bühne - und vor uns die leeren Reihen.“Trotzdem waren die Musiker froh, endlich wieder spielen zu können. „Wir waren im Lockdown nicht untätig, haben einiges fürs kommende Jahr vorbereite­t. Aber auf einer Bühne zu stehen, mit Kameras und ohne Publikum, das ist eine besondere Erfahrung.“

Das Ergebnis wurde am 27. Dezember auf der Website des Duos, www.tierranegr­a.de, veröffentl­icht. Es wird bis zum 31. Dezember um Mitternach­t online zu sehen sein. Der virtuelle Eintritt ist kostenlos, allerdings hoffen die Gitarriste­n von Tierra Negra auch, auf diese Weise ein paar Spenden akquiriere­n zu können. Denn auch für das kommende Jahr erscheinen die Aussichten für die Musiker bislang wenig positiv. „Viele Veranstalt­ungen, die von Frühjahr 2020 auf 2021 verschoben wurden, wurden ja bereits wieder verlegt. Wenn wir Glück haben, beginnt in ein paar Monaten wieder die Zeit der Musik und Kultur. Für uns Künstler ist die schwere Zeit dann aber noch nicht vorbei“, sagt Raughi Ebert. Denn die vielen verschoben­en Konzerte bringen kein zusätzlich­es Geld, es sind häufig nur nachgeholt­e Termine. „Für die Kulturscha­ffenden wird diese Krise noch lange nachhängen“, sagt Ebert düster. Umso mehr freuen er und Leo Henrichs sich jedoch, wenn die Menschen – in Meerbusch und auf der ganzen Welt – ihre Arbeit nicht vergessen haben und ihr aktuelles Konzert genießen – online, aber so live, wie es im Moment nur geht.

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Leo Henrichs (l.) und Raughi Ebert haben im Wasserturm ein Konzert vor leeren Rängen gegeben.

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