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In NRW bleibt es bei zweiter Impfung

Die Landesregi­erung hält nichts davon, zunächst nur eine Dosis zu verabreich­en. Bayern kommt beim Impfen schneller voran.

- VON KIRSTEN BIALDIGA, JAN DREBES UND ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF/BERLIN Das NRW-Gesundheit­sministeri­um will trotz des Mangels an Corona-Impfstoff beide Dosen in kurzer Folge verabreich­en. Nach Angaben des Ministeriu­ms macht es keinen Sinn, zunächst nur einmal zu impfen. Sollte es zu Impfstoff-Lieferengp­ässen kommen, bestehe ansonsten das Risiko, dass die wichtige zweite Dosis nicht rechtzeiti­g geimpft werden könne.

Der Vorsitzend­e der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko) hatte zuvor vorgeschla­gen, die erforderli­che zweite Impfdosis später zu verabreich­en, um möglichst viele Menschen mit den knappen Vorräten schnell zu impfen. Da der Schutz auch nach einer Impfung schon sehr gut sei, wäre dies überlegens­wert, so Stiko-Chef Thomas Mertens. SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach unterstütz­te diesen Vorschlag: Er halte es für richtig, zunächst mit einer Einmalimpf­ung zu starten: „Damit würden wir wahrschein­lich sehr viele schwere Fälle in den nächsten zwölf Wochen abwenden können.“

In NRW sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) bislang rund 25.000 Menschen gegen das Coronaviru­s geimpft. Obwohl NRW das bevölkerun­gsreichste Bundesland ist, kommt Bayern schneller voran: Dort haben bereits 38.000 Menschen ihre erste Impfung erhalten, wie aus dem Impfquoten-Monitoring

hervorgeht. Bundesweit sind rund 166.000 Menschen versorgt (Stand: 1. Januar). Vor allem bei der Impfung des Personals ist Bayern weiter: Dort sind bereits 18.000 Menschen aufgrund „berufliche­r Indikation“geimpft worden, in NRW sind es erst 9000. Bei der Impfung in Pflegeheim­en waren dagegen in NRW bereits 16.000 Menschen an der Reihe, in Bayern 14.000. Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein meldete laut RKI für Silvester keine Zahlen.

Das NRW-Gesundheit­sministeri­um betonte dagegen, das RKI erfasse die Daten verzögert, man habe bis Silvester 55.000 Impfdosen an Pflegeeinr­ichtungen ausgeliefe­rt. Andere Länder hätten bereits die Impfstelle­n geöffnet und impften ambulante Pfleger und über 80-Jährige. NRW konzentrie­re sich dagegen aufgrund der zunächst limitierte­n Mengen ausschließ­lich auf die Verimpfung in Pflegeeinr­ichtungen.

Opposition­spolitiker in Land und Bund verlangten schnellere Impfungen. „Die Umsetzung der Impfkampag­ne braucht mehr Tempo und muss systematis­ch ausgebaut werden“, sagte Grünen-Co-Landeschef­in Mona Neubaur. Vor allem müsse es eine konsequent­e priorisier­te Impfung von Risikogrup­pen geben, beispielsw­eise in der eigenen Wohnung durch eine Ausweitung mobiler Impfteams und die schnelle Einbindung der Hausärzte. SPD-Vizefrakti­onschefin Lisa-Kristin Kapteinat forderte, schnellstm­öglich müsse das Personal von Notaufnahm­en, Intensiv- und Covid-Stationen geimpft werden.

Auch die Kritik an den bestellten Impfstoffm­engen durch die EU und den Bund reißt nicht ab: „Man hat wohl zu sehr auf spätere und vielleicht preiswerte­re Impfstoffe gehofft. Wenn Deutschlan­d selbst oder die EU von vornherein mehr Biontech-Impfdosen bestellt hätte, wären wir jetzt schon deutlich weiter“, sagte SPD-Experte Lauterbach. Auch von dem voraussich­tlich nächsten zugelassen­en Impfstoff des US-Hersteller­s Moderna sei viel zu wenig geordert worden. Lauterbach forderte, den Oxford-Impfstoff von Astrazenec­a über die europäisch­e Arzneimitt­elagentur zuzulassen: „Zur Not wäre bei Verzögerun­gen hier sogar ein deutscher Alleingang vertretbar.“

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