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In NRW bleibt es bei zweiter Impfung
Die Landesregierung hält nichts davon, zunächst nur eine Dosis zu verabreichen. Bayern kommt beim Impfen schneller voran.
DÜSSELDORF/BERLIN Das NRW-Gesundheitsministerium will trotz des Mangels an Corona-Impfstoff beide Dosen in kurzer Folge verabreichen. Nach Angaben des Ministeriums macht es keinen Sinn, zunächst nur einmal zu impfen. Sollte es zu Impfstoff-Lieferengpässen kommen, bestehe ansonsten das Risiko, dass die wichtige zweite Dosis nicht rechtzeitig geimpft werden könne.
Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko) hatte zuvor vorgeschlagen, die erforderliche zweite Impfdosis später zu verabreichen, um möglichst viele Menschen mit den knappen Vorräten schnell zu impfen. Da der Schutz auch nach einer Impfung schon sehr gut sei, wäre dies überlegenswert, so Stiko-Chef Thomas Mertens. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unterstützte diesen Vorschlag: Er halte es für richtig, zunächst mit einer Einmalimpfung zu starten: „Damit würden wir wahrscheinlich sehr viele schwere Fälle in den nächsten zwölf Wochen abwenden können.“
In NRW sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) bislang rund 25.000 Menschen gegen das Coronavirus geimpft. Obwohl NRW das bevölkerungsreichste Bundesland ist, kommt Bayern schneller voran: Dort haben bereits 38.000 Menschen ihre erste Impfung erhalten, wie aus dem Impfquoten-Monitoring
hervorgeht. Bundesweit sind rund 166.000 Menschen versorgt (Stand: 1. Januar). Vor allem bei der Impfung des Personals ist Bayern weiter: Dort sind bereits 18.000 Menschen aufgrund „beruflicher Indikation“geimpft worden, in NRW sind es erst 9000. Bei der Impfung in Pflegeheimen waren dagegen in NRW bereits 16.000 Menschen an der Reihe, in Bayern 14.000. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein meldete laut RKI für Silvester keine Zahlen.
Das NRW-Gesundheitsministerium betonte dagegen, das RKI erfasse die Daten verzögert, man habe bis Silvester 55.000 Impfdosen an Pflegeeinrichtungen ausgeliefert. Andere Länder hätten bereits die Impfstellen geöffnet und impften ambulante Pfleger und über 80-Jährige. NRW konzentriere sich dagegen aufgrund der zunächst limitierten Mengen ausschließlich auf die Verimpfung in Pflegeeinrichtungen.
Oppositionspolitiker in Land und Bund verlangten schnellere Impfungen. „Die Umsetzung der Impfkampagne braucht mehr Tempo und muss systematisch ausgebaut werden“, sagte Grünen-Co-Landeschefin Mona Neubaur. Vor allem müsse es eine konsequente priorisierte Impfung von Risikogruppen geben, beispielsweise in der eigenen Wohnung durch eine Ausweitung mobiler Impfteams und die schnelle Einbindung der Hausärzte. SPD-Vizefraktionschefin Lisa-Kristin Kapteinat forderte, schnellstmöglich müsse das Personal von Notaufnahmen, Intensiv- und Covid-Stationen geimpft werden.
Auch die Kritik an den bestellten Impfstoffmengen durch die EU und den Bund reißt nicht ab: „Man hat wohl zu sehr auf spätere und vielleicht preiswertere Impfstoffe gehofft. Wenn Deutschland selbst oder die EU von vornherein mehr Biontech-Impfdosen bestellt hätte, wären wir jetzt schon deutlich weiter“, sagte SPD-Experte Lauterbach. Auch von dem voraussichtlich nächsten zugelassenen Impfstoff des US-Herstellers Moderna sei viel zu wenig geordert worden. Lauterbach forderte, den Oxford-Impfstoff von Astrazeneca über die europäische Arzneimittelagentur zuzulassen: „Zur Not wäre bei Verzögerungen hier sogar ein deutscher Alleingang vertretbar.“
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