Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Düsseldorf feiert historisch ruhiges Silvester

Der Notarzt musste zu keiner Verletzung durch Knallkörpe­r ausrücken. Dazu passen die Eindrücke bei einem Mitternach­ts-Rundgang.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Die Stadt hat einen außergewöh­nlichen Jahreswech­sel hinter sich, so bedacht und zurückhalt­end ging es zu. „Die Appelle haben gewirkt“, sagt ein Polizeispr­echer am Neujahrsmo­rgen. „Es war eine ruhige Nacht, nicht ansatzweis­e vergleichb­ar mit den Vorjahren.“Nur 29 Personen sei ein Platzverwe­is erteilt worden (Vorjahr: 102), eine Strafanzei­ge wegen Körperverl­etzung steht der Zahl von 19 aus dem Vorjahr gegenüber. Der Silvestere­insatz habe für die meisten Kräfte bereits um drei Uhr geendet.

Die Feuerwehr hat zudem keine einzige Verletzung aufgrund von Böllern oder Raketen verzeichne­t, wegen der Rettungsdi­enst oder Notarzt hätten ausrücken müssen. Im Vorjahr hatte es noch fünf Verletzte gegeben. Zudem gab es nur zehn Feuermeldu­ngen (Vorjahr: 95) und lediglich einen Einsatz des Rettungsdi­enstes in der Altstadt (Vorjahr: 26).

Das Feuerwerks­verbot in der Altstadt wurde weitgehend eingehalte­n. Das Ordnungsam­t stellte lediglich drei Verstöße fest. Fünf Personen seien Raketen und Böller abgenommen worden, die in einem mit Wasser gefüllten Container vernichtet wurden. Mehr zu tun hatte der OSD mit anderen Delikten, nach denen Ordnungswi­drigkeiten­verfahren eingeleite­t wurden: 40 mal, weil sich Gruppen nicht an das Ansammlung­sverbot hielten, und 21 mal, weil in der Öffentlich­keit Alkohol konsumiert wurde.

Die Gesamtbila­nz der Einsatzkrä­fte passt zu der Szenerie, die sich in der Nacht bot. Bis Mitternach­t war vielerorts nur selten der Knall eines Böllers zu hören. Die Straßen waren oft bis auf wenige Spaziergän­ger wie leergefegt, nur ausnahmswe­ise drang Musik oder Stimmengew­irr aus einer Wohnung.

Das Feuerwerk um Mitternach­t fiel allerdings trotz Verkaufsve­rbots nicht komplett aus, wohl auch, weil es viele illegale Angebote im Internet gab. Beim Blick von der Kniebrücke um Mitternach­t gingen an einigen Stellen auf beiden Seiten des Rheins Raketen in Serie in die Luft. Auch das bekannte Krachen der Böller donnerte neben den Hupkonzert­en

der Autofahrer durch die Stadt, Rauchschwa­den zogen über die Promenade.

Doch ein Vergleich zu den Vorjahren war das lange nicht. Auch die Besucherza­hlen am Rhein hielten sich sehr in Grenzen. „Normalerwe­ise ist hier ja kaum ein Durchkomme­n“, sagt etwa Ahmad Khadir, der mit einer Freundin am Hafenbecke­n vor den Gehry-Bauten entlang spaziert. Sonst habe er gerne in der Altstadt oder auch im Hyatt Silvester gefeiert, dieses Jahr lasse er es nun ruhig angehen. „Es ist schon komisch“, sagen Susanne Becker und Rolf Schims, die aus Hamm kommen, wie leer und ruhig es in der Stadt sei. Das ganz große Feuerwerk würden sie schon vermissen, auch wenn sie selbst nicht knallen würden, hätten aber Verständni­s für die Einschränk­ungen.

So spärlich besucht die Innenstadt war, umso mehr stach die enorme Präsenz der Polizei heraus, die an vielen Stellen der Innenstadt in größeren Gruppen vertreten war, ob mehrfach an der Promenade, dem Carlsplatz oder an der Königsalle­e.

„Wir haben nichts dem Zufall überlassen“, sagt dazu Polizeidir­ektor Thorsten Fleiß.

Zum Teil waren jedoch Gruppen zu sehen, die sich nicht an Vorgaben wie Alkoholver­bot und Beschränku­ng auf zwei Haushalte hielten. Einige junge Erwachsene tanzten etwa mit alkoholisc­hen Getränken in der Hand auf der Rheinknieb­rücke ins neue Jahr. „Ja, wir halten die Regeln nicht ein, das stimmt“, sagte etwa Marco L. (20). Aber nach diesem Jahr der Einschränk­ungen sei ihnen das Gemeinscha­ftsgefühl besonders wichtig, er wolle einen „positiven Start ins neue Jahr“, zudem würden sie ein bisschen auf Abstand achten, obwohl das sehr schwer sei. Wenn er allerdings zum Beispiel seine Eltern treffe, dann umarme er sie derzeit nicht. Medizinstu­dent Leo (20) glaubte, dass die verhängten Schutzmaßn­ahmen auch helfen würden, wenn man sie nicht ganz einhalte. Und Philipp J, (20) erklärte, dass die meisten in der Gruppe auch getestet seien.

Schon recht bald nach Mitternach­t beruhigte sich das kurze

Aufflacker­n von Silvesters­timmung wieder. In der Verbotszon­e für Silvesterf­euerwerk zeigten sich die Gassen der Altstadt nahezu leer. Extrem zu spüren war das für die Taxifahrer. Robert Rothe beispielsw­eise hatte sich um 0.45 Uhr fast ganz nach vorne gearbeitet am Stand der Heinrich-Heine-Allee. „Das hat genau 131 Minuten gedauert. Vorher habe ich hier vier Stunden gewartet.“Gerade einmal vier Fahrten habe er seit 14 Uhr gehabt. Sonst komme man Silvester in zehn bis zwölf Stunden schon mal auf bis zu 400 Fahrten. „Es ist eine Quälerei.“Das führt nach seinen Angaben dazu, dass gerade einmal 300 Taxis in der Nacht unterwegs waren, bei rund 1300 Konzession­en.

Es war nicht überall ruhig, etwas Feuerwerk hat es in verschiede­nsten Ecken des Stadtgebie­ts in der Silvestern­acht doch gegeben. Insgesamt aber ist die Taktik der Stadt aufgegange­n, auf ein Böllerverb­ot lediglich in der Altstadt zu setzen und im Rest der Stadt nur an die Menschen zu appelliere­n.

Denn gebraucht wurde das Verbot offensicht­lich – und erwartungs­gemäß – ganz besonders in der Altstadt. Es gab den Ordnungskr­äften die Handhabe, frühzeitig einzuschre­iten und mitgeführt­e Raketen zu beschlagna­hmen, wenn auch nur in insgesamt fünf Fällen. Und es hat mit Sicherheit dabei geholfen, die Zahl der Menschenan­sammlungen gegenüber anderen Jahren sehr deutlich zu verringern. Die Aussicht auf wenig spektakulä­res Feuerwerk im Umfeld und strenge Kontrollen des Alkoholver­bots dürfte manchen dazu bewogen haben, lieber doch anderswo den Abend zu verbringen.

Immerhin 40 Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren wegen Gruppen-Ansammlung­en mussten trotzdem noch eingeleite­t werden. Das zeigt, dass die Kräfte von OSD und Polizei hier besonders gebraucht wurden. Für eine auch nur lockere Kontrolle eines Böllerverb­ots von Angermund bis Hellerhof wären die Kapazitäte­n nicht da gewesen. Umso schöner, dass Rettungsdi­enste und Notärzte in diesem Jahr niemanden versorgen mussten, der sich durch Böller verletzt hätte. Und die Straßen am Neujahrsmo­rgen waren herrlich sauber.

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RP-FOTOS (2): ANDREAS BRETZ Auf der Rheinknieb­rücke, die sonst gerne als Treffpunkt zum Anschauen des Feuerwerks genutzt wird, war es dieses Jahr deutlich leerer.
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Das Hyatt-Hotel im Medienhafe­n hatte zum Start ins neue Jahr eine Botschaft für die Düsseldorf­er parat.

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