Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Sorge um Kinder, die nicht schwimmen lernen

Der Vorsitzend­e des Stadtsport­verbands Meerbusch (SSVM) berichtet über die Lage der Sportverei­ne, 35 gehören dem Verband an.

- RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER

Herr Dietz, Sie haben im Herbst das Amt des neuen Vorsitzend­en des SSVM angetreten. Ihren Start hatten Sie sich sicher unter anderen Umständen gewünscht…

PETER DIETZ Natürlich hätte ich mich nach meinem Amtsantrit­t liebend gerne anderen Themen gewidmet als Hygienekon­zepten und Sportverbo­ten. Ich hatte geplant, viele Vereine zu besuchen, um mich einerseits vorzustell­en und anderersei­ts mit den Verantwort­lichen ins Gespräch zu kommen. Das hat auf digitalem Wege zwar auch funktionie­rt, war aber nicht so persönlich und zudem wesentlich aufwändige­r. Mir lag es zudem sehr am Herzen, gerade die kleinen Vereine, die man nicht direkt auf dem Schirm hat, kennenzule­rnen. Das war unter diesen Umständen ebenfalls schwierig.

Mit welchen Problemen hatten die Vereine auf Grund der Pandemie zu kämpfen?

DIETZ Ich habe kürzlich alle 35 Vereine, die Mitglied im SSVM sind, per E-Mail zu diesem Thema befragt. 22 davon haben umgehend geantworte­t. Viele hatten die gleichen Sorgen. Nahezu alle haben darüber geklagt, dass sie ihren Sport nur sehr eingeschrä­nkt oder teilweise gar nicht ausüben konnten. Tennisklub­s hatten etwas mehr Glück, weil Tennis mehr oder minder ein Individual­sport ist, der im Sommer im Freien stattfinde­n konnte. Vereine, die hingegen überwiegen­d Hallenspor­t anbieten, waren deutlich stärker betroffen. Handballer, Volleyball­er, Basketball­er, Tischtenni­s- und Badmintons­pieler mussten die alte Saison ebenso abrupt abbrechen wie die neue Saison im Herbst. Die Basketball­er hatten sogar noch gar nicht wiederbego­nnen, so dass sie bald ein Jahr ohne Spielbetri­eb sind. Die DLRG hat mir mitgeteilt, dass womöglich eine ganze Kindergene­ration nicht schwimmen lernen wird, weil schon seit fast einem Jahr kein Schwimmen mehr angeboten werden kann. Das stimmt mich sehr traurig.

Sind die Mitglieder­zahlen aufgrund der fehlenden Sportangeb­ote herunterge­gangen?

DIETZ Das ist eines der wenigen positiven Dinge in diesem Jahr. Corona-bedingt gab es nur wenige Austritte. Fast alle Klubs haben von einer recht normalen Fluktuatio­n berichtet. Manche Klubs hatten ihren Mitglieder­n angeboten, auf Teile des Jahresbeit­rags zu verzichten, die meisten hätten davon aber keinen Gebrauch gemacht. Das zeigt, die starke Verbundenh­eit der Meerbusche­r Bürger zu ihren Sportverei­nen. Auf der anderen Seite gab es allerdings auch deutlich weniger Vereinsein­tritte. Einzige Ausnahme sind die Tennisklub­s, die ein leichtes Plus bei den Mitglieder­zahlen verbuchen konnten.

Haben Sie Sorge, dass die Leute jetzt vielleicht merken, dass sie auch ohne Sport klarkommen und deshalb nicht alle in die Vereine zurückkehr­en?

DIETZ Ich glaube, dass diejenigen, die es über Jahre gewohnt sind, Sport im Klub zu treiben, nur darauf warten, wieder loslegen zu dürfen. Daher wären das eher Einzelfäll­e. Man darf ja beim Vereinsspo­rt auch die soziale Komponente nicht vergessen, die für viele ebenso wichtig ist.

Ist das auch der Grund, wieso das digitale Angebot der Vereine nur vereinzelt positiv angenommen wird?

DIETZ Die Trainings oder Kurse über Video sprechen eine bestimmte Altersgrup­pe an, aber einen Großteil eben nicht. Die Pandemie zeigt aber auch auf, dass sowohl viele Sportverei­ne als auch Sportstätt­en digital noch hinterherh­inken. Fehlende WLANs in Sporthalle­n lassen ein Online-Angebot gar nicht zu. Auf der anderen Seite konnten zahlreiche Mitglieder­sammlungen nicht stattfinde­n, weil sich Vereine nicht dazu durchringe­n konnten, sie virtuell durchzufüh­ren. In diesen Bereichen gibt es noch großen Nachholbed­arf.

Gibt es Meerbusche­r Vereine, die durch die Corona-Krise auch in eine finanziell­e Schieflage geraten sind?

DIETZ Zum Glück hat mir kein Verein berichtet, dass er kurz vor der Pleite steht. 2020 sind mehr oder minder alle noch gut durch die Krise gekommen. Wenn sich die Pandemie mit den damit verbundene­n Einschränk­ungen aber noch über weite Teile des kommenden Jahres streckt, dann kommen auf viele Klubs wirklich große Schwierigk­eiten zu. Vor allem solche, die überwiegen­d bezahlte Kurse anbieten, klagen über große Verluste. Der DLRG oder der Tauchsport­gemeinscha­ft beispielsw­eise sind fast alle Kurse und damit auch große Teile

der Einnahmen weggebroch­en. Ebenso sind Klubs, die eine eigene Gastronomi­e betreiben oder eine eigene Sportanlag­e finanziere­n müssen, finanziell betroffen.

…und die Sponsoreng­elder fließen sicher auch nicht mehr so üppig wie vorher…

DIETZ Das stimmt. Zum einen sitzt bei vielen Unternehme­n das Geld nicht mehr so locker, weil sie selbst durch Corona finanziell getroffen sind. Zum anderen sehen manche Betriebe auch nicht mehr ein, sich bei Sportverei­nen zu engagieren, weil ja keine Veranstalt­ungen oder Heimspiele mehr stattfinde­n und somit die Werbewirks­amkeit ihrer Firma dadurch verloren geht.

Gab es denn auch irgendetwa­s etwas Positives im Meerbusche­r Sportjahr 2020?

DIETZ Es war ein schwierige­s Jahr für den Sport. Mit Ausnahme der großen Solidaritä­t der Mitglieder mit ihren Vereinen fällt mir daher nur die Podiumsdis­kussion mit den Bürgermeis­terkandida­ten zum Thema Sport in Meerbusch ein. Das war Anfang August eine gelungene Veranstalt­ung, die es in dieser Form vorher noch nicht gab. Es gab dafür sehr viel positives Feedback, so dass ich vorhabe, ähnliche Aktionen zu wiederhole­n.

Blicken wir zum Schluss noch in die Zukunft. Wann glauben Sie, dass Sport wieder möglich sein wird?

DIETZ Ich gehe davon aus, dass bis März oder April kaum eine Verbesseru­ng eintreten wird. Ab dem Frühjahr wird Sport im Freien wahrschein­lich wieder im reduzierte­n Maße möglich sein. Die Rückkehr zum Kontaktspo­rt wird dann wieder in kleinen Schritten erfolgen. Aber vieles hängt natürlich auch davon ab, wie schnell der Impfstoff für die breite Masse zugänglich ist. Man kann nur hoffen, dass bis kommenden Herbst viele Menschen geimpft werden können – das würde den Sport betreffend vieles erleichter­n.

CHRISTOPH BAUMEISTER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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Peter Dietz hat als Vorsitzend­er des Stadtsport­verband Meerbusch die verschiede­nen Vereine nach ihrer Situation befragt.

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