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Gutes tun und Freunde finden

Damit sich zugewander­te und internatio­nale Studierend­e schneller einleben und ihre Sprachkenn­tnisse verbessern, hilft ihnen die Uni Duisburg-Essen dabei, sich ehrenamtli­ch zu engagieren. Das Projekt „Studium hoch E“kommt an.

- VON ISABELLE DE BORTOLI FOTO: ZINKEVYCH/IMAGO IMAGES

ESSEN Als Lynn Klöcker im Juni nach Essen zog, befand sich der Campus der Universitä­t coronabedi­ngt im Dornrösche­n-Schlaf. „Ich hatte meinen Psychologi­e-Bachelor in Belgien abgeschlos­sen und war deshalb weit vor Start meines Grundschul-Lehramt-Studiums nach Essen gekommen, um mich einzuleben“, sagt die 22-Jährige, die aus dem deutschspr­achigen Teil Belgiens stammt und daher keine Sprachbarr­iere zu überwinden hatte. Dennoch: Stadt, Menschen und Kultur waren ihr fremd.

Umso dankbarer war Lynn Klöcker, als sie von der Summerscho­ol der Ehrenamt-Agentur Essen hörte: „Es ging darum, Grundschul­kindern nach den Wochen des Homeschool­ings Unterricht zu geben, so dass Kinder, die von ihren Eltern in der Lockdown-Phase schulisch nicht so stark unterstütz­t werden konnten, keinen Nachteil haben und Schulstoff aufarbeite­n konnten.“Das ideale Projekt für die angehende Grundschul­lehrerin. Und anschließe­nd wollte sich Lynn Klöcker direkt weiter engagieren: „Ich arbeite gerade wieder mit Kindern, ein Ehrenamtsp­rojekt an einer Grundschul­e.“Es würden Geschenke fürs Wichteln in Altenheime­n gebastelt, damkit die Bewohner eine kleine Überraschu­ng bekommen.

Dass sich vor allem ausländisc­he und zugewander­te Studierend­e ehrenamtli­ch engagieren, um Anschluss zu finden an das kulturelle und gesellscha­ftliche Leben vor Ort, um Kontakte zu knüpfen und ihre Sprachkenn­tnisse zu verbessern, ist die Idee hinter dem Projekt „Studium hoch E“der Universitä­t Duisburg-Essen gemeinsam mit der Ehrenamt-Agentur Essen. „Wir haben einen Anteil von 20 Prozent internatio­nalen Studierend­en“, sagt Friederike Compernaß von Uniaktiv, der universitä­ren Kontaktste­lle für das Thema Ehrenamt. „Damit ist die Uni Duisburg-Essen zu einem attraktive­n Standort für internatio­nale Studierend­e geworden. Gerade deshalb ist es wichtig, internatio­nalen Studierend­en einen niedrigsch­welligen Anschluss an das kulturelle und gesellscha­ftliche Leben zu ermögliche­n.“Damit binde man die ausländisc­hen Absolvente­n außerdem als Fachkräfte langfristi­g an die Region.

Die Corona-Pandemie hat das Projekt anders starten lassen als eigentlich geplant: „Auf dem Essener

Campus soll es langfristi­g eine Engagement-Beratung der Ehrenamt-Agentur geben, bei der Studierend­e spontan vorbeischa­uen und sich über mögliche ehrenamtli­che Einsätze informiere­n können“, sagt Friederike Compernaß. Derzeit habe man aber viele Studierend­e über die sozialen Medien erreicht, berate per Telefon und Chats. „In Live-Videos stellen sich außerdem verschiede­ne gemeinnütz­ige Institutio­nen vor, die freiwillig­e Helfer suchen.“

Die Corona-Pandemie mache es den internatio­nalen Studierend­en noch schwerer, überhaupt anzukommen. Der Austausch auf dem Campus, bei Veranstalt­ungen, fehle, so Compernaß. Und deshalb seien viele Studierend­e froh, sich engagieren zu können. Wie auch Adham Abdou: Der Syrer, der seit 2015 in Essen lebt, ist dank seiner Ehrenämter schnell in seiner neuen Heimat angekommen. Er studiert Energy Science. „Ein arabisches Sprichwort sagt: Wenn es meinem Nachbarn gut geht, dann geht es mir auch gut“, erklärt er. Deshalb packe er dort an, wo er gebraucht werde. Bei einer Kleiderkam­mer hat er bereits mitgeholfe­n, in einer Gruppe für Wohnungslo­se, bei der örtlichen Tafel.

Er dolmetscht zuweilen und gibt Freunden Nachhilfe. Adham sagt: „Ich habe mittlerwei­le mehr deutsche als syrische Freunde und fühle mich in Essen zu Hause.“

Auch Lynn Klöcker ist froh, dass sie sich für das „Studium hoch E“entschiede­n hat: „An der Uni läuft derzeit alles online. Selbst meine

Mathe-Übung, die für Erstsemest­er zunächst noch in Präsenz lief, sodass man wenigstens ein paar Kommiliton­en kennenlern­en konnte, ist nun digital. Über meine ehrenamtli­che Arbeit mit den Schülern habe ich aber schon einige Schulen in Essen und so auch einige Lehrer kennengele­rnt. Mit Ihnen konnte ich auch über ihre Erfahrunge­n im Beruf sprechen, was mich in meinem Studienwun­sch bestärkt hat. Außerdem habe ich viele verschiede­ne Stadtteile von Essen entdeckt.“

Übrigens: Obwohl sich „Studium hoch E“vor allem an internatio­nale Studierend­e und solche mit Migrations­hintergrun­d richtet, dürfen sich natürlich auch alle anderen engagieren. „Je mehr mitmachen, desto besser“, sagt Friederike Compernaß. Denn die Erfahrunge­n, die die Studierend­en bei ihren ehrenamtli­chen Einsätzen machen, bringen sie oft auch im Studium weiter.

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In der Corona- Pandemie ist der gemeinsame Austausch für die Studierend­en schwierig geworden.

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