Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Daumen hoch fürs Neujahrskonzert
Der traditionelle Auftakt der Düsseldorfer Symphoniker ließ sich dieses Mal nur im Internet verfolgen, kam aber bei den Zuhörern sehr gut an.
DÜSSELDORF Für Besucher ist die Tonhalle auch im neuen Jahr noch geschlossen. Doch Musiker dürfen hinein und konzertieren. Die Düsseldorfer Symphoniker gaben ihr traditionelles Neujahrskonzert vor leeren Zuhörerreihen, aber Publikum gab es trotzdem – sogar ein sehr großes. Bei der Live-Übertragung via Youtube zählte der Betreiber rund 1300 Geräte, an denen Zuhörer das Konzert daheim verfolgten. Davon ausgehend, dass zuweilen mehr als eine Person an einem Computer oder Tablet saß, erhöht sich die Zahl derer, die das digitale Ersatzangebot der Symphoniker in Anspruch nahmen. Wer den Vollbildmodus deaktivierte, konnte sich auch an einem Chat beteiligen. Dieser war gespickt mit Herzsymbolen und Bildchen von klatschenden Händen. Wie bei Youtube üblich, konnten die Nutzer auch abstimmen. Das System zählte zum Schluss 184 „Daumen hoch“, nur zwei zeigten nach unten – kein schlechter Schnitt. Tonhallen-Intendant Michael Becker moderierte das Konzert und sprach vor jedem Stück ein paar einleitende Sätze, was neben Informationen über Komponisten und Interpreten auch etwas Auflockerung brachte.
Die musikalische Leitung übernahm eine Gastdirigentin: Oksana Lyniv, Jahrgang 1978. Die gebürtige Ukrainerin, die heute in Düsseldorf lebt, leitete im Dezember 2020 das im Fernsehen übertragene Adventskonzert des Landes Nordrhein-Westfalen in der Marienbasilika Kevelaer und soll in diesem Jahr bei den Bayreuther Wagner-Festspielen am Dirigierpult stehen – als erste Frau in der Geschichte der Bayreuther Festspiele.
Oksana Lyniv überzeugte nun in der vernetzten Tonhalle durch eine äußerst klare und körperlich agile Zeichengebung. Diese führte vor allem in William Waltons Orchester-Liedern „Façade“zu einem sehr transparenten Klangbild. Solistin war die aus New York stammende und ebenfalls heute in Düsseldorf lebende Sopranistin Marisol Montalvo. Sie gestaltete die teils mit trockenem Humor versehenen
Vertonungen von Gedichten der englischen Lyrikerin Edith Sitwell leicht satirisch – mal mit Champagner-Glas, mal mit Staubwedel in der Hand. Außerdem solistisch dabei: Konzertmeister Dragos Manza. Er übernahm den Solopart in Beethovens Violin-Romanze F-Dur. Geiger und das Orchester spielten mustergültig. Vor allem Dragos Manza legte viel Gefühl in die Darbietung – als wolle er bei der Übermittlung durch kühle Rechnertechnik so viel Herzenswärme wie möglich auf den Weg schicken. Sie kam an.
Auf der Website der Düsseldorfer Tonhalle ist der Livestream des Konzerts weiterhin abzurufen.
www.tonhalle.de