Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Pirouetten auf verlassenem Eis
Öffentliches Laufen ist im traditionsreichen DEG-Eisstadion an der Brehmstraße aktuell nicht möglich. Trainiert wird aber weiterhin.
DÜSSELTAL Ibi Rospert ist wohl die Art von Trainerin, die man als hart, aber herzlich bezeichnet. Nur wenige Worte sind nötig, damit ihre Schülerinnen, die in einer Reihe am Rand der Eisfläche stehen, über das Eis gleiten und Pirouetten drehen. Ibi Rospert, selbst auf Kufen unterwegs, trainiert eine Leistungsgruppe des Vereins DEG Eiskunstlauf. Sie gehören zu den wenigen Gruppen, die derzeit noch auf die Eisfläche dürfen. Und obwohl ihre etwa zehn Schülerinnen an diesem Tag über das Eis schweben und nicht ganz zuhause bleiben müssen, ist das Stadion an der Brehmstraße derzeit verwaist. „Normalerweise ist hier alles voll“, sagt sie und schaut zu der leeren Tribüne hoch.
Die nächste Gruppe, die sich auf das Training vorbereitet, Eltern, die ihre Kindern absetzen und wieder abholen, zwischendurch ein wenig zuschauen, später dann Kinder, die eislaufen wollen – normalerweise ist in dem Stadion an der Brehmstraße beinahe rund um die Uhr etwas los. Vormittags Schulsport, nachmittags Training, abends und am Wochenende öffentlicher Lauf. Vor allem in den Weihnachtsferien tummeln sich sonst Dutzende Kinder auf dem Eis. Jugendliche zahlen hier nur 1,30 Euro für den Eintritt.
Jetzt sind es nur die wenigen Eiskunstläuferinnen, die mit Abstand ihre Pirouetten drehen. Eiskunstlauf ist, zumindest beim Einzellaufen, kein Kontaktsport, das Infektionsrisiko also gering. Kurz vor den Feiertagen konnten darum sogar die Deutschen Meisterschaften im Eiskunstlauf stattfinden – mit einem speziellen Hygienekonzept im Eissportzentrum Westfalen in Dortmund. Noch bis Weihnachten durfte die Leistungsgruppe der DEG an der Brehmstraße trainieren.
„Eisfreie Zeit“heißt hier eigentlich nur der Sommer. In den warmen Monaten kann in der Halle stattdessen Inline-Hockey gespielt werden. Eine eisfreie Zeit ist in diesem Jahr aber auch zum ersten Mal der Winter, so wenig ist wegen der Corona-Pandemie in der Eissporthalle los. Eiskunstlauf-Trainerin Ibi Rospert hofft, dass ihre Schülerinnen trotz der Vorsichtsmaßnahmen auch im weiteren Lockdown auf Abstand
trainieren können. Sicher ist das aber noch nicht. Auch sie wissen immer nur in kurzen Abständen, wie es weitergeht, erzählt Rospert, selbst übrigens dreifache ungarische Paarlaufmeisterin.
Dass das Leben im Stadion nicht ganz still steht, dürfte vielen Düsseldorfern Freude bereiten. Denn die Halle an der Brehmstraße hat für viele einen besonders emotionalen Wert. Unmittelbar am Zoopark steht die traditionsreiche Eissporthalle, die der DEG von 1935 bis 2006 als Heimspielstätte diente. Gebaut wurde das Stadion – damals noch ohne Dach – unter Leitung des Architekten Peter Dierichsweiler und mit finanzieller Unterstützung des Düsseldorfer Stahlindustriellen und Sportmäzens Ernst Poensgen. Poensgen war auch an der Gründung der Düsseldorfer Eislauf-Gemeinschaft in demselben Jahr beteiligt. Das Eisstadion hat eine lange und bewegte Geschichte. „Man kann wohl sagen, dass es das berühmteste Eishockey-Stadion Europas
ist“, sagt Frieder Feldmann, der nicht nur DEG-Sprecher ist, sondern auch ein Buch über das Stadion an der Brehmstraße geschrieben hat. „Das hier ist das Epizentrum der Kreativität.“Eine Vielzahl der Fangesänge,
die heute in Sportstadien zu hören sind, seien hier erfunden worden, sagt Feldmann, auf den legendären Holzbänken mit den blauen Eisenstangen, die die Zuschauer immer im Rücken hatten.
Acht deutsche Meistertitel und einen deutschen Pokalsieg feierte die DEG im Stadion an der Brehmstraße. Der erste Meistertitel 1967 wurde noch mit einem Feuerwerk gefeiert, das im Stadion abgefeuert
wurde. Nach 1969 war das wegen der Überdachung nicht mehr möglich. 2006 verlegte die Profimannschaft ihren Spielbetrieb dann in den ISS Dome. Hier sei der Komfort für Spieler und Zuschauer deutlich höher, sagt Frieder Feldmann. Ihr Training absolviert die Eishockeymannschaft jedoch weiterhin im Zooviertel. Auch der Trainings- und Spielbetrieb sämtlicher DEG-Nachwuchsteams wird weiterhin an der Brehmstraße durchgeführt. Darüber hinaus wird in dem Stadion Eistanz, Curling und öffentlicher Eislauf angeboten. Und irgendwann wird die eisfreie Zeit auch an der Brehmstraße vorbei sein und wieder Leben in der Eissporthalle einkehren.