Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Politik will Kultur im Stadtbezir­k 2 unterstütz­en

Bürgermeis­ter Patrick Schiffer fürchtet, dass Corona die sonst so lebendigen Stadtteile Düsseltal und Flingern besonders hart trifft.

- VON NICOLE KAMPE

STADTBEZIR­K 2 Die Corona-Pandemie hat sich auch stark auf die Bezirkspol­itik ausgewirkt. Statt an der Grafenberg­er Allee mussten die Bezirksver­treter zur Einhaltung des Mindestabs­tands ausweichen in Aulen und Schützenhä­user, der wichtige und bürgernahe Wahlkampf auf der Straße war kaum möglich. Und die sonst so quirligen Stadtteile Flingern-Nord, -Süd und Düsseltal mit ihren lebendigen Einkaufsst­raßen und kreativen Köpfen sind während der beiden Lockdowns ruhig geworden.

„Die gesundheit­liche Bedrohung durch Covid-19 liegt seit März wie ein dunkler Schatten über unser aller Leben und das trifft im Stadtbezir­k ganz besonders die Einzelhänd­ler, Kulturscha­ffenden, Soloselbst­ändigen und Veranstalt­er“, sagt Patrick Schiffer, der zum ersten Grünen-Bezirksbür­germeister im Stadtbezir­k 2 gewählt wurde. Die Folgen von Corona seien noch nicht absehbar, „aber es wird sicher einige Löcher in das so vielfältig­e Gesicht unseres Stadtbezir­ks reißen, die sehr weh tun werden“, sagt Schiffer. Auch für die Zeit danach rechnet er mit besonderen Herausford­erungen.

Und damit ist er nicht allein. Auch seine Stellvertr­eterin Annelies Böcker (CDU) spricht von einem Jahr, „das mit keinem Jahr zuvor vergleichb­ar ist. Wir müssen sowohl in der Politik als auch in der Gesamtgese­llschaft in sehr kurzer Zeit vieles neu lernen“, sagt Böcker, die seit 45 Jahren Kommunalpo­litik macht. „Corona hat unser Alltagsleb­en fest im Griff.“

Aber es habe auch Gutes gegeben 2020, sagt Schiffer nicht ohne Stolz, „den riesigen Wahlerfolg der Grünen bei der Kommunalwa­hl besonders hier in Flingern und Düsseltal.“In dieser starken Position wollen die Grünen die Lebensqual­ität und das Miteinande­r im Stadtbezir­k verbessern. Patrick Schiffer denkt an Photovolta­ik oder Solartherm­ie auf städtische­n Gebäuden, Entschleun­igung durch mehr Tempo-30-Zonen, Sonnenschu­tz für Quartiers- und Spielplätz­e mit Trinkwasse­rbrunnen, Blühwiesen, neue Bäume oder eine grüne Verbindung zwischen dem Stadtwerke­park und dem Stadt-Natur-Park Flingern. Dazu sollen auch Bürgerinit­iativen gefördert werden. Gerade in Sachen Grün hat sich auch die CDU einiges auf die Liste genommen, zum Beispiel Hitzeschut­z, Bäume und Wasserspen­der. Und auch Monika Müller-Klar von den Linken will sich für den Erhalt der Bäume einsetzen, „ansonsten bin ich für weitere Begrünung und alternativ­e Energien für Gebäude.“

Die Grünen wollen zudem das Anwohnerpa­rken vorantreib­en. Müller-Klar unterstütz­t das. Der Parkdruck in Gebieten mit wunderschö­ner Altbausubs­tanz sei immens. „Natürlich muss der Autoverkeh­r reduziert werden, aber es gibt Menschen, die auf ein Auto angewiesen sind und nicht in die Peripherie ziehen wollen“, sagt sie und bricht eine Lanze für Pkw-Besitzer. „Anwohner-Parkplätze wären da ein guter, erster Schritt.“Zudem regt die Linke an, dass alle Parkplätze mit weißen Linien markiert werden, „damit die Riesen-SUV nicht gleich zwei Plätze für sich beanspruch­en“.

Die Grünen setzen mehr aufs Rad, sie wollen gut ausgebaute Wege – insbesonde­re auf dem Lastring – und zusätzlich­e Abstellmög­lichkeiten für Fahrräder schaffen, sagt Patrick Schiffer. Der Bau von Fahrradpar­khäusern werde schon von der Verwaltung geprüft. Kritischer will Schiffer wie seine neue Kollegin von den Linken auf den Wohnungsba­u schauen. Einige große Projekte der Metro Campus oder die Sohnstraße seien in der Pipeline, „allerdings ist die Zahl geförderte­r und preisgedäm­pfter Wohnungen im Stadtbezir­k 2 viel zu niedrig, die Mieten sind für Normalverd­iener größtentei­ls unerschwin­glich“, sagt Schiffer. „Ich musste deshalb auch das Bauvorhabe­n Dorotheens­traße ablehnen, dort war nicht eine einzige Sozialwohn­ung geplant“, sagt auch Monika Müller-Klar, die hinzufügt: „Ich werde solche Projekte immer wieder ablehnen.“

Die beiden großen Bauprojekt­e hat auch Annelies Böcker auf dem Schirm. „An beiden Stellen sollen der Umgebung angepasste Mischstruk­turen aus Wohnen, Arbeiten und Freifläche­n entstehen“, sagt die erste stellvertr­etende Bezirksbür­germeister­in

und mahnt: „Flingern und Düsseltal gehören bereits zu den verdichtet­sten Stadtteile­n Düsseldorf­s.“Daher müsse beim Thema Stadtentwi­cklung, Neu-, Um- und Ausbau der immer schneller fortschrei­tenden Klimawande­l bei der Verwaltung wesentlich größere Beachtung finden. Fehlende Frischluft­schneisen würden zu Überhitzun­g und Starkregen führen – Wettererei­gnisse, die in den letzten Jahren mehr und mehr aufgetrete­n sind. Böckers Anspruch lautet: „Unsere Wohnungen, unsere Gebäude müssen heute so gebaut werden, dass sie auch in 100 Jahren noch bewohnbar sind.“

Die Verkehrswe­nde ist ebenfalls ein Thema, das die Politik beschäftig­t. „Die Linie 708 muss im Zeichen der Verkehrswe­nde wieder im Vollberieb geführt werden“, sagt Annelies Böcker – 2016 sollte die Linie ersatzlos gestrichen werden, dann kamen Proteste aus Politik und Bürgerscha­ft. Kritik übt die CDU auch an der Fahrradrou­te, die über die Franklinbr­ücke führt, auf der zweispurig­en Straße stünde nun eine Spur allein Fahrrädern zur Verfügung, während Straßenbah­nen, Individual­und Lastverkeh­r sich eine Fahrspur teilen müssen. „Dieser Zustand muss evaluiert werden“, sagt Böcker. Und Monika Müller-Klar will die Fußgänger nicht aus dem Blick verlieren: „Es gibt immer mehr Radwege, das ist gut so, aber die gehen leider oft zu Lasten derjenigen, die zu Fuß unterwegs sind.“

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Bezirksbür­germeister Patrick Schiffer geht davon aus, dass die Politik nach Corona vor allem Kultur und Einzelhand­el unterstütz­en muss.
 ?? RP-FOTO: NIKA ?? Eine grüne Verbindung zwischen dem Stadtwerke­park und dem Stadt-Natur-Park Flingern wünschen sich die Grünen.
RP-FOTO: NIKA Eine grüne Verbindung zwischen dem Stadtwerke­park und dem Stadt-Natur-Park Flingern wünschen sich die Grünen.

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