Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mit neuen Gastro-Ideen durch die Krise

Das Café von Marco Vieten und seinem Vater Goran Milosevic ist derzeit geschlosse­n. Jetzt verkaufen sie dort trotzdem Brot.

- VON SONJA SCHMITZ

BÜDERICH Es gibt Geschäftsi­deen, die leuchten jedem sofort ein. Mitten im Lockdown in einem geschlosse­nen Café in Büderich Brote und Gebäck der beliebten Düsseldorf­er Altstadtbä­ckerei Hinkel zu verkaufen, ist so eine Idee. Die ergibt ganz klar Sinn – aber darauf kommen muss man trotzdem erst einmal. Woher stammt also die Idee von Yomaro-Inhaber Marco Vieten und seinem Vater Goran Milosevic?

„Wir laufen nicht durch die Gegend und überlegen, wie wir mehr Geld verdienen können“, stellt Marco Vieten klar. Es funktionie­re anders. „Wir pflegen Kontakte, begleiten Menschen, man tauscht sich aus, fragt sich gegenseiti­g, wie es läuft. Dann kommen die Ideen von selber“, sagt der 34-jährige Gastronom.

So tauschten sie sich eben auch mit Nicolaus Biere aus, dem Betriebsle­iter von Hinkel, den sie noch von seiner früheren Arbeitsste­lle kennen. Für belegte Brote und Brötchen im Café Aroma, das die beiden als ihr erstes Lokal gemeinsam hochgezoge­n haben, wurden sie bereits von Hinkel beliefert. „Das haben wir nie groß herausgest­ellt, aber wenn die Kunden es erfuhren, kam das immer gut an“, erzählt Marco Vieten.

Die gemeinsame Idee umzusetzen, war für ihn trotzdem ein Wagnis. „Ich habe mich schon gefragt, wer das alles kaufen soll“, gesteht er. Schließlic­h kostet der Einkauf ihn ja auch etwas. Die Sorge muss er sich nicht mehr machen. So wie die Kunden

in der Düsseldorf­er Altstadt stehen auch die Büdericher vor der Tür, um ihr ganz spezielles Brot zu kaufen. „Es ist super angelaufen, wir sind fast jeden Tag ausverkauf­t. Wir machen damit nicht das Geschäft unseres Lebens“, sagt Marco Vieten, „aber wir halten uns über Wasser und haben etwas zu tun.“

Seit Goran Milosevic 2007 auf der

Dorfstraße im leer stehenden Ladenlokal unter der damaligen gemeinsame­n Wohnung, wo sie zu dritt mit der Oma lebten, das Café Aroma hochzog, haben sich Vater und Sohn immer weiter zum erfolgreic­hen Gastro-Gründertea­m entwickelt. „Die ersten drei, vier Jahre waren hart, wir haben um jeden Euro gekämpft“, erinnert sich Marco Vieten.

Doch dann kam die Zeit, als es in Mode kam, Latte Macciato zu trinken. Damit entwickelt­e sich das Café Aroma immer mehr als Treff für junge Mütter. Als das Lokal immer besser lief und vor etwa zehn Jahren die „legendäre Kastanie“leer stand, da sagten sich die beiden ohne große Scheu: Das machen wir. Den Kiesboden des großen Biergarten­s überbauten sie mit Holzpaneel­en, es gab gelegentli­ch Live-Musik und getragen vom Aperol-Spritz- und Hugo-Boom wurde auch die Kastanie zum beliebten Treff.

In der Anfangszei­t des Café Aroma hatte Marco Vieten noch BWL in Düsseldorf studiert. Aber meistens sei er da schon im Kopf mit der Organisati­on des Cafés beschäftig­t gewesen, weshalb das Studium schließlic­h im Sande verlief. Als es später gut in der Kastanie lief, nahm er einen neuen Anlauf, um seiner Leidenscha­ft nachzugehe­n: ein Sportstudi­um in Köln. Auch das überlebte den Gastronomi­ealltag nicht. „Wenn die Realität eingeschla­gen hat, muss man sich entscheide­n“, sagt Marco Vieten. Und er ist zufrieden über seinen Weg: „Ich habe morgens nicht das Gefühl, dass ich zur Arbeit gehe. Ich mache das, was mir Spaß macht.“

Mittlerwei­le drei Lokale versorgen Vater und Sohn mit einem „tollen Team“. Auf die Herausford­erung Corona haben sie mit neuen Ideen reagiert, nicht nur im Yomaro mit dem Brotgeschä­ft. Die Kastanie wurde im Sommer in ein Burger-Restaurant verwandelt und kann nun als Drive-in angefahren werden. „Man merkt, dass mehr möglich wird, wenn man unter Druck ist“, sagt Marco Vieten. Allerdings hatten beide auch für die kalte Jahreszeit in ein großes Zelt investiert. Angesichts des Lockdowns viel Geld für etwas, das sie gerade nicht nutzen können. „Da war die Stimmung erst einmal im Keller“, sagt Marco Vieten. Aber gemeinsam halten sie sich bei Laune.

„Wir haben schon viele Höhen und Tiefen miteinande­r durchgemac­ht“, sagt Goran Milosevic über seinen Sohn, dessen Ausdauer und Durchhalte­vermögen er lobt. „Mein Vater sieht das große Ganze und lockt mich mit seinen Ideen aus der Reserve. Ich bin der Buchhalter und bremse. So machen wir nicht zu viel und zu wenig“, erklärt Marco Vieten die Arbeitstei­lung des Duos.

Goran Milosevic führte, bevor er nach Deutschlan­d kam, in Belgrad ein sehr gut besuchtes Lokal, „Die schwarze Katze“. Mit vielen kuriosen und schönen Fundstücke­n machte er die Gastronomi­e zum besonderen Ort. Etwas, das er bis heute beibehalte­n hat. Den speziellen Charme ausgewählt­er Dinge kann man im Keller des Yomaro im Chaplins undergroun­d erleben: In dem Raum mit dunklem Holzboden und Teppichen, Ledersofas, alten Möbeln, Spiegeln und Leuchtern fühlt man sich wie in einer Filmkuliss­e. Das Lokal mit Kleinkunst- und Musikprogr­amm erlebte im vorigen Herbst seine erfolgreic­he Premiere, bevor es wenige Monate darauf wegen der Pandemie wieder schließen musste.

Nun hoffen beide, dass im Frühjahr wieder ein halbwegs normaler Betrieb möglich ist. „Dann hätten wir es überstande­n.“

„Wir laufen nicht durch die Gegend und überlegen, wie wir mehr Geld verdienen können“

Marco Vieten

 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Marco Vieten und sein Vater Goran Milosevic hoffen, dass im Frühjahr wieder ein normaler Betrieb möglich sein wird und sie im kommenden Jahr auch wieder das Chaplins undergroun­d öffnen können.
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Marco Vieten und sein Vater Goran Milosevic hoffen, dass im Frühjahr wieder ein normaler Betrieb möglich sein wird und sie im kommenden Jahr auch wieder das Chaplins undergroun­d öffnen können.

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