Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Drei Männer im Clinch

Das letzte Wortgefech­t am runden Tisch vor der Wahl des neuen CDU-Vorsitzend­en war die Gelegenhei­t, Profil zu zeigen. Wie Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen zu punkten versuchen.

- VON GREGOR MAYNTZ UND KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Ein schwarz-grüner Friedrich Merz, ein schärferer Norbert Röttgen, ein angriffslu­stiger Armin Laschet – bei ihrem dritten Zusammentr­effen vor Mitglieder­n der Jungen Union und der CDU sind die drei Kandidaten um den CDU-Vorsitz erkennbar um Profilbild­ung bemüht. Es ist das letzte Kräftemess­en vor der Entscheidu­ng über den CDU-Vorsitz in einer Woche. Und es ist zu spüren, dass die Anspannung wächst. So, als Merz während einer Antwort von Laschet energisch mit den Fingern gegeneinan­der klopft, so als könnte er kaum erwarten, bis er an der Reihe ist.

In einem thematisch­en „Speed-Dating“sollen sich die Kandidaten eingangs ganz kurz zu aktuellen Stichworte­n positionie­ren. Steuern erhöhen für die Schuldenbr­emse? Nein, sagt Laschet, nach der Krise durch wirtschaft­liche Stärke an der schwarzen Null anknüpfen. Gesetzlich­er Anspruch auf Homeoffice? Nein, sagt Merz, das könnten die Betroffene­n besser selbst regeln. Datenschut­z in der Corona-App zugunsten effektiver­er Pandemiebe­kämpfung lockern? „Halte ich für falsch“, antwortet Röttgen, denn das Funktionie­ren der App setze Vertrauen voraus.

Eigentlich soll es dann mit etlichen anderen Problemlös­ungsaufris­sen weitergehe­n, doch Laschet intervenie­rt und widerspric­ht Röttgen. Es gehe doch um die Abwägung verschiede­ner Grundrecht­e, in die hier eingegriff­en werde, und wenn mit weniger Datenschut­z eher andere Freiheitsr­echte wiederherg­estellt werden könnten, gehe das in Ordnung. „Datenschut­z ist nicht wichtiger als Gesundheit­sschutz“, lautet die Positionie­rung des NRW-Ministerpr­äsidenten, und er berichtet davon, dass diese Debatte auch unter den anderen Länder-Regierungs­chefs laufe.

Röttgen nimmt den Fehde-Handschuh auf und bleibt dabei: Wer den Datenschut­z zurückführ­e, erreiche am Ende weniger Gesundheit­sschutz. Der erste deutliche Dissenz. Merz ist auf Laschets Seite. Eine halbe Stunde später ein ähnliches Bild beim Thema Abschiebun­gen: Röttgen zeigt sich nun nicht als Liberaler, sondern eher als harter Hund, der es begrüßt, dass es keinen Abschiebes­topp mehr für syrische Gefährder gebe. Laschet widerspric­ht und fordert ihn heraus: „Wie schiebst Du ihn ab?“Röttgen legt nach: Es gebe die „gute Möglichkei­t“,

Terrorverd­ächtige in den Norden Syriens zu bringen.

Hängt es mit den jüngsten Umfragen zusammen, dass sich vor allem Laschet und Röttgen beharken? Sie sind in der Gunst der CDU-Anhänger nun mit jeweils 25 Prozent auf einer Augenhöhe. Aber sie haben auch den Abstand zum führenden Merz geschrumpf­t. Er liegt nur noch drei Prozentpun­kte vor ihnen. Das lässt die Lager zunehmend nervös werden. Sie lassen die Gerüchtekü­che brodeln. Da wird die frühere Tätigkeit von Merz und ein Treffen mit dem weißrussis­chen Diktator Alexander Lukaschenk­o im Jahr 2014 plötzlich thematisie­rt. Da versichern Landesverb­ände, Laschet könne durchaus Ministerpr­äsident werden, auch wenn er das Rennen um den CDU-Vorsitz verliere – als hätte das jemals in Frage gestanden. Aber es ist geeignet, Laschet mit einem Verlierer-Image zu verbinden. Auf der anderen Seite wird kolportier­t, die Nummer zwei im Team Laschet, Gesundheit­sminister Jens Spahn, habe der Nummer eins vorgeschla­gen, die Plätze zu tauschen. Zudem sondiere er seine Chancen, als Kanzlerkan­didat anzutreten.

Das soll Dissenz ins Lager Laschets bringen. Derweil hat die Erstürmung des Kapitols durch Anhänger Trumps die Erinnerung an die Aussage von Merz wiederbele­bt, er könne gut mit Trump. Und dass in der Folge der Eskalation in Washington Röttgen mit überzeugen­den Einschätzu­ngen Dauerpräse­nz auf den Bildschirm­en bekam, könnte auch noch einmal die Umfrageund Sympathiew­erte in Bewegung bringen.

So sieht sich denn Merz als vermeintli­ch Führender im Rennen gemüßigt, wieder für Abstand zu sorgen. Er zeigt sich begeistert von der Datensamml­ung durch Körperkame­ras an Polizei-Uniformen, die mithilfe Künstliche­r Intelligen­z künftig sogar Vermummte anhand ihrer Bewegungen identifizi­eren könnten. Und er zeigt sich erfreut davon, dass Baden-Württember­g dies vormache – und lobt nachdrückl­ich, was also bei Schwarz-Grün möglich sei. Das sagt ausgerechn­et der Held aller konservati­ven Grünen-Hasser in der CDU. Auch ein Manöver für die letzten Meter zur Mehrheit.

Vielsagend die letzten Statements kurz vor Schluss: Röttgen beschwört, was er alles gelernt habe in den zehn Monaten Wahlkampf in der CDU und will für die „moderne Mitte“stehen, eine CDU, die weiblicher, jünger, digitaler sei. Laschet stößt sofort rein und sagt, er habe keine Zeit für zehn Monate

Wahlkampf gehabt, weil er sich um die Pandemie-Bekämpfung habe kümmern müssen. Er beschwört das Vertrauen der Menschen in die Kanzlerin, die Minister und die Ministerpr­äsidenten, das Land aus der Krise zu führen. Gerade im Superwahlj­ahr könne es auch nicht schaden, einen CDU-Vorsitzend­en zu haben, der schon einmal eine Wahl gewonnen habe.

Abschließe­nd Merz, der sich siegesgewi­ss präsentier­t. Er wechselt von der Will- in die Werde-Form, fühlt sich schon als CDU-Chef, spricht die Mitarbeite­r in der Parteizent­rale direkt an, erinnert an sein Angebot der ökologisch­en Erneuerung der Marktwirts­chaft, des neuen Generation­envertrage­s und der CDU als Europartei. Und dann strahlt er: „Wir werden einen richtig guten Parteitag haben.“Am nächsten Samstag wissen dann alle drei mehr.

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Norbert Röttgen
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Armin Laschet
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Friedrich Merz

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