Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Wir müssen das Bierzelt neu denken“

- DAS GESPRÄCH FÜHRTEN KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND JANA WOLF.

Der CSU-Generalsek­retär spricht über die Herausford­erungen im Super-Wahljahr 2021. Markus Söder ist heute digitaler Ehrengast bei NRW-Landeschef Armin Laschet. Wahlkampfh­ilfe im Rennen um den CDU-Vorsitz?

BLUME Es ist Ausdruck des guten Miteinande­rs zwischen CDU und CSU. Unsere Lehren aus der Vergangenh­eit sind gezogen. Wir haben als Union bei der Bundestags­wahl sehr viel vor – und wissen, dass wir nur gemeinsam erfolgreic­h sind.

Die CSU will also bundesweit mehr Verantwort­ung übernehmen?

BLUME Es zeigt schlicht, was die CSU seit 75 Jahren ist: eine bayerische Partei, die immer um ihr bundespoli­tisches Gewicht wusste. Bei den großen Weichenste­llungen der Republik waren wir stets gestanden, gemeinsam mit der CDU. Es ist kein Zufall, dass die Menschen in der Zeit des Wiederaufb­aus, der Wiedervere­inigung und nun auch des Wiedererst­arkens nach der Pandemie auf die Union vertrauen.

Das Verhältnis zur CDU-Kanzlerin war nicht immer so staatstrag­end…

BLUME Es ist ein besonderes Kapitel, das wir zum Ende aufgeschla­gen haben. In dieser Beziehung haben beide Seiten alles erlebt, und ich finde es schön, dass wir versöhnlic­h, würdig, ja fast freundscha­ftlich und in jedem Fall maximal anerkennen­d enden. Allerdings weht noch kein Abschiedss­chmerz – dafür steht gerade zu viel an.

Wie sieht der Zeitplan der CSU für das Wahljahr aus?

BLUME Als Union spielen wir bei der Bundestags­wahl nicht wie die SPD auf Platz, sondern auf Sieg. Deswegen ist im Moment politische Klugheit gefragt. Die CDU wird zunächst ihren Vorsitzend­en wählen. Dann haben wir alle Zeit, gemeinscha­ftlich unseren Kanzlerkan­didaten zu bestimmen. Es wird der sein, mit dem man bei der Bundestags­wahl die besten Erfolgsaus­sichten hat, der zu den Erforderni­ssen der Zeit passt und die beiden Parteien mitreißt. Wir werden das ohne jede Eile im Verlauf des Frühjahrs angehen.

Funktionie­rt digitaler Wahlkampf?

BLUME Wir müssen das Bierzelt in Corona-Zeiten neu denken. Das machen wir virtuell. Es ist ein Trugschlus­s zu glauben, nur weil im Wirtshaus die Stimmung gut ist, ist die Wahl schon sicher. Wir haben mit vielen digitalen Formaten erfolgreic­h Neuland in der Parteienla­ndschaft beschritte­n und erzielen größere Reichweite­n als in der Vergangenh­eit. Dennoch wird digital analog nie ganz ersetzen.

Ein Unions-Kanzlerkan­didat ohne Regierungs­erfahrung. Denkbar?

BLUME Bei der Bundestags­wahl wird es anders als sonst auch um eine Bilanz gehen. Die Menschen haben in der Pandemie gemerkt, dass es eben doch einen Unterschie­d macht, wer regiert. Es wird um die Frage gehen: Wem vertraue ich in der Krise eines solchen Ausmaßes? Deswegen ist es kein Zufall, dass die Union so etwas wie einen neuen Vertrauens­sockel gewonnen hat.

Sind die SPD-Attacken auf Bundesgesu­ndheitsmin­ister Spahn angemessen?

BLUME Wer mitten in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg von Corona-Kampf auf Wahlkampf umschaltet, der muss sich fragen lassen, ob er das Format für größere Aufgaben hat. Statt Impfopposi­tion

brauchen wir ein Impfbündni­s. Sich bei der Verteilung des knappen Impfstoffs als Regierungs­teil in Opposition zu üben, kann wohl nur verstehen, wer schon lange in der SPD und Kummer gewohnt ist. Die SPD versucht sich gedanklich schon auf die Opposition­sarbeit vorzuberei­ten, das tut dem Land nicht gut. Nach wie vor gibt Corona den Takt an. Falsche Debatten sind da nicht hilfreich. Wir konzentrie­ren uns auf das Regieren, das sind wir den Menschen in unserem Land schuldig.

Was könnte besser laufen?

BLUME Mir macht vor allem Sorge, dass die Beschlüsse der Ministerpr­äsidentenk­onferenz von einzelnen Ländern wieder nur halbherzig umgesetzt werden. Die einen machen die Schulen wieder auf, die nächsten wie Berlin setzen die Kontaktbes­chränkunge­n nur teilweise um. Wieder andere wollen den touristisc­hen Tagesverke­hr mit der 15-Kilometer-Regel nicht stärker einschränk­en. Corona nutzt jede Schwäche aus. Wer jetzt halbe Sachen macht, riskiert entweder die dritte Welle oder einen Dauerlockd­own. Beides können und dürfen wir uns nicht leisten.

 ?? FOTO: AFP ?? Markus Blume ist Generalsek­retär der CSU.
FOTO: AFP Markus Blume ist Generalsek­retär der CSU.

Newspapers in German

Newspapers from Germany