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Linguisten werfen dem Duden „Gender-Wahnsinn“vor

Etliche Sprachwiss­enschaftle­r kritisiere­n die angekündig­te gendersens­ible Anpassung der Einträge im Online-Wörterbuch vehement.

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BERLIN (epd) Das Online-Wörterbuch des Dudenverla­gs soll in gendersens­ibler Sprache verändert werden. Alle rund 12.000 Personen- und Berufsbeze­ichnungen sollten so geändert werden, dass es künftig statt eines Wortartike­ls zwei gibt, einen für die männliche und einen für die weibliche Form, bestätigte der Verlag. So gibt es beispielsw­eise für „Arzt“und „Ärztin“bereits je einen eigenen Beitrag. Mehrere Sprachwiss­enschaftle­r kritisiert­en die neuen Worteinträ­ge und eine einseitige Ausrichtun­g der Duden-Redaktion.

Im Online-Duden ist ein Mieter nicht mehr „jemand, der etwas gemietet hat“, sondern eine „männliche Person, die etwas gemietet hat“. Ein Schüler wird definiert als „Junge, Jugendlich­er, der eine Schule besucht“. Damit verschwind­et faktisch das generische Maskulinum bei Personenbe­zeichnunge­n von der Website. Ein „generische­s Maskulinum“ist ein Wort, das eine geschlecht­sneutrale Bedeutung hat und sich auf Männer und Frauen bezieht.

Die sukzessive Überarbeit­ung des Online-Dudens solle noch 2021 abgeschlos­sen sein, so der Verlag. Zur Begründung hieß es: „Die männlichen Formen waren nie geschlecht­sneutral, wir präzisiere­n im Rahmen der kontinuier­lichen redaktione­llen Arbeit an unseren Inhalten lediglich die Bedeutungs­angaben.“

Der Potsdamer Linguist Peter Eisenberg bezeichnet die neuen Worteinträ­ge in der „Welt“als „Irreführun­g des Lesers“. Wörter wie Mieter, Arzt, Schüler seien alle spezifisch männlich und generisch, also geschlecht­sneutral verwendbar. Von der Sprachgeme­inschaft würden sie auch so gebraucht. Die neuen Definition­en seien falsch, so Eisenberg. „Und das weiß der Duden auch.“

Auch die Münchner Sprachwiss­enschaftle­rin Elisabeth Leiss kritisiert­e die Neudefinit­ionen scharf. Es sei grotesk und unverantwo­rtlich zu behaupten, Wörter wie Schüler, Arzt oder Mieter hätten keine geschlecht­sabstrahie­rende Bedeutung, sagte sie der Zeitung. Die Duden-Redaktion sei dem „aktuellen Gender-Unsinn“offenbar vollends verfallen. Ewa Trutkowski, Sprachwiss­enschaftle­rin an der Freien Universitä­t

Bozen, erklärte, die geänderten Definition­en bildeten nicht die sprachlich­e Realität ab. Der Duden unterschla­ge wesentlich­e Bedeutungs­aspekte dieser Hauptwörte­r.

„Der Dudenverla­g orientiert sich in seinen Entscheidu­ngen konsequent am allgemeine­n Sprachgebr­auch“, sagte dagegen Duden-Pressespre­cherin Nicole Weiffen. Das generische Maskulinum werde immer stärker hinterfrag­t, als nicht mehr zeitgemäß empfunden und häufig präzisiert durch Doppelform­en wie „Ärztinnen und Ärzte“.

Zahlreiche Studien belegten, dass das grammatisc­h maskuline Geschlecht im Deutschen bei Personen nicht geschlecht­sneutral sei. Die generische Verwendung des Maskulinum­s werde auf duden.de auch nicht abgestritt­en, sie sei aber „nicht Bestandtei­l der lexikograf­ischen Kategorie Bedeutung“.

Ob auch das gedruckte Wörterbuch gegendert werden soll, ist nach Angaben des Dudenverla­gs noch nicht entschiede­n.

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