Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Eine Reise in die DDR-Geschichte

Der Köln-„Tatort“ist eine spannende Mischung aus Roadmovie und Wirtschaft­skrimi.

- VON CHRISTIAN SIEBEN

KÖLN Seit 1997 ermitteln Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) in Köln und nicht alles war schlecht, vieles sogar ziemlich gut. Die 80. Folge ist eine spannende Mischung aus Roadmovie und Wirtschaft­skrimi geworden, die interessan­te Einblicke in die deutsch-deutsche Geschichte liefert. Aber der Reihe nach.

In einem feinen Kölner Hotel wird die Leiche einer Frau gefunden. Auf den ersten Blick deutet vieles auf Selbstmord hin, doch schnell wachsen die Zweifel, ob sich das Opfer tatsächlic­h selbst erhängt hat. Die Hotelbesit­zerin Bettina Mai (Ulrike

reagiert seltsam kalt auf die Nachricht und scheint wenig Interesse daran zu haben, den Ermittlern zu helfen. Dann geht alDles schnell. Als Mais Verhaftung kurz bevorsteht, entführt sie Polizeiass­istent Norbert Jüte (Roland Riebeling) und versteckt ihn in einem düsteren

Dann nimmt sie Schenk als Geisel und zwingt ihn, ihr bei der Suche nach dem wahren Mörder zu helfen. Sollte Schenk den Fall nicht lösen, verdurstet Jüte in seinem Verlies, droht die Hotelbesit­zerin. Jütes Vorräte reichen nur für fünf Tage. Im Präsidium wundert sich Ballauf indes, wo eigentlich all seine Kollegen abgebliebe­n sind.

Schenk findet heraus, dass das Opfer aus dem Hotel zu DDR-Zeiten bei den Buna-Werken arbeitete. Der Slogan des Chemie-Kombinats („Plaste und Elaste aus Schkopau“) wirkt heute fast putzig. Viele Beschäftig­te leiden immer noch an den gesundheit­lichen Folgen der gefährlich­en Arbeitsbed­ingungen, die sogar nach DDR-Gesetzen unzulässig waren. Geiselnehm­erin Mai hatte als Stasi-IM einst den Job, während der Leipziger Messe Handlungsv­ertreter aus der BRD zu verführen, um sie anschließe­nd große Kaufverträ­ge für Buna-Plaste unterschre­iben zu lassen. Zwei Kunden von damals streben heute hohe Posten im NRW-Wirtschaft­sministeri­um an. Einer der beiden hatte bei der Stasi den Spitznamen „Porno-Peter“.

Dem erfahrenen „Tatort“-Regisseur Torsten C. Fischer ist ein spannender, informativ­er und sehr dichter Krimi mit einem starken Finale gelungen. Der Titel „Der Tod der Anderen“ist eine bewusste Anspielung auf das oscarprämi­erte Drama „Das Leben der Anderen“von Florian Henckel von Donnersmar­ck. Der

Titel ist mutig gewählt, dem Ergebnis aber durchaus angemessen. Die glänzende Ulrike Krumbiegel spielt die ehemalige Stasi-Agentin mal als erschrecke­nd kalte Gangsterin, dann als entschloss­ene Frau auf der sehr menschlich­en Suche nach der Wahrheit. Gegen Ende deutet sich sogar eine sanfte Romanze mit ihrer Geisel Schenk an. Die Freunde Ballauf und Schenk streiten und fluchen („Ich bin beschissen scheiße drauf!“) wie gewohnt, den Umständen geschuldet aber meist am Telefon. Anstrengen­d und arg unrealisti­sch sind nur die Szenen mit dem entführten Assistente­n Jüte geworden. So viel sei schon mal verraten: Dem Tollpatsch gelingt es innerhalb weniger Minuten, seinen Lebensmitt­elvorrat

zu ruinieren, alle Wasserflas­chen zu zerbrechen und% sich an den Scherben mehrfach (!) lebensgefä­hrlich zu verletzen. Diese Slapstick-Einlagen passen nich%t so recht in den sonst beeindruck­enden Fall. Aber wir wollen nicht zu kleinlich sein.

Hauptdarst­eller Behrendt erklärte übrigens im vergangene­n Frühjahr, er wünsche sich, mit seinem Kollegen Bär erst nach 100 Folgen aufzuhören. 20 „Tatorte“aus Köln hätten wir dann noch vor uns. Wenn noch einige Glanzstück­e wie „Der Tod der Anderen“dabei sind, ist das tatsächlic­h eine gute Nachricht.

„Tatort: Der Tod der Anderen“

Das Erste, So, 20.15 Uhr

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FOTO: WDR/THOMAS KOST Bettina Mai (Ulrike Krumbiegel) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) auf der Suche nach der Wahrheit.

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