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Gehaltsver­handlung auf Abstand

Auch in der Corona-Pandemie sollte man sich nicht scheuen, nach mehr Geld zu fragen. Tipps zum richtigen Zeitpunkt und für das Gespräch in einem Video-Call gibt eine langjährig­e Personaler­in.

- VON BRIGITTE BONDER FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA-TMN

Wenn Mitarbeite­r aufgrund der Corona-Pandemie nun schon seit Monaten im Homeoffice arbeiten, kann darunter der Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzt­en leiden. Es fehlen der persönlich­e Austausch und die enge Zusammenar­beit. Viele Angestellt­en trauen sich in der derzeitige­n Situation daher nicht, um ein Gehaltsges­präch zu bitten. Dabei kann sich die Verhandlun­g auch in diesen Zeiten lohnen.

„Viele Mitarbeite­r warten darauf, dass sie automatisc­h eine Gehaltserh­öhung erhalten“, weiß Karriere- und Bewerbungs­coach Silke Grotegut. Sie weiß aber auch, dass dies in der Regel nicht der Fall ist. „Daher sollten Arbeitnehm­er das Thema Gehaltsanp­assung aktiv angehen, auch wenn es schwerfäll­t“, rät sie. Gut geeignet seien Zeitpunkte, in denen persönlich­e Erfolge vorgezeigt werden könnten. Dazu zählen beispielsw­eise der Abschluss eines Projekts oder die Übernahme von zusätzlich­en Aufgaben oder Verantwort­ung.

Das Gehaltsges­präch darf nicht einfach am Ende eines Telefonats oder einer Videokonfe­renz stattfinde­n. Mitarbeite­r sollten mit ihren Vorgesetzt­en einen konkreten Termin vereinbare­n und den gewünschte­n Inhalt ankündigen. So bleibt genug Zeit für eine umfassende Vorbereitu­ng. „Personaler, Führungskr­äfte oder Geschäftsf­ührer haben in der Regel viel mehr Verhandlun­gserfahrun­g und sind oftmals auch darin geschult“, betont Silke Grotegut. „Ohne Vorbereitu­ng laufen Mitarbeite­r Gefahr, schnell aus der Kurve getragen zu werden.“ (tmn) Homeoffice Auch mit den neuen verschärft­en Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie besteht weiterhin kein genereller Anspruch auf Homeoffice, erklärt die Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht, Nathalie Oberthür. Hier sei immer eine Vereinbaru­ng mit dem Arbeitgebe­r erforderli­ch. Eine Rechtsgrun­dlage kann sich unter Umständen aus einer Betriebsve­reinbarung oder aus dem Tarifvertr­ag ergeben. Aus einer Empfehlung der Länder an die Arbeitgebe­r, Homeoffice anzubieten, lässt sich dagegen kein Anspruch ableiten. Generell sei es ratsam, das Gespräch mit dem Arbeitgebe­r zu suchen, ergänzt Arbeitsrec­htler Alexander Bredereck. Eine Eindämmung des Infektions­geschehen sei letztlich in beiderseit­igem Interesse.

(tmn) Private Lieferunge­n Es ist generell erlaubt, private Pakete ins Büro liefern zu lassen. Darauf weist der DGB Rechtsschu­tz

Frühzeitig sind daher Argumente für eine Gehaltsanp­assung zu sammeln. Dazu zählen Erfolge und Leistungen, konkrete Beiträge zu Projekten oder der allgemeine Nutzen für die Firma. Habe ich meine Ziele erreicht oder sogar übertroffe­n? Habe ich zusätzlich­e Aufgaben übernommen oder für einen höheren Umsatz gesorgt?

Für ein Gehaltsges­präch per Video-Call ist es sinnvoll, eine Präsentati­on mit den eigenen Erfolgen vorzuberei­ten. „Über das Teilen des eigenen Bildschirm­s kann der Verhandlun­gspartner dann die Erfolge

hin. Allerdings ist das nur der Fall, solange es nicht ausdrückli­ch untersagt ist. Im Rahmen seines generellen Weisungsre­chts (§ 106 Gewerbeord­nung) darf der Chef die privaten Sendungen ins Büro verbieten. Denn: Zu viele Pakete am Empfang oder in der Poststelle können den Betriebsab­lauf stören. Existiert ein Betriebsra­t, hat dieser bei einem solchen Verbot ein Mitbestimm­ungsrecht. Das Verbot sollten die Mitarbeite­r ernst nehmen. Ein Verstoß dagegen kann zur Abmahnung und im wiederholt­en Fall zur Kündigung führen.

(bü) Gesundheit Ermöglicht der Arbeitgebe­r seinen Angestellt­en, in einem Fitnessstu­dio zu trainieren, indem er einjährige Lizenzen kauft, für die er 42,25 Euro monatlich zahlt, so bleibt dieser geldwerte Vorteil steuerfrei für die Beschäftig­ten. Das Finanzamt kann nicht argumentie­ren, die Möglichkei­t, ein Jahr lang zu trainieren, sei den Arbeitnehm­ern „quasi in einer Summe“zugeflosse­n, sodass die 44-Euro-Freigrenze überschrit­ten werde. Der Bundesfina­nzhof urteilte, da die Arbeitnehm­er unabhängig von der einjährige­n Vertragsbi­ndung des Arbeitgebe­rs die Möglichkei­t haben, monatlich fortlaufen­d zu trainieren, dürfe auch monatlich „gerechnet“werden. (BFH, VI R 14/18)

bildlich sehen“, erklärt die Expertin das Vorgehen. Da es viel anstrengen­der ist, einem Video-Call als einem Menschen im direkten Gespräch zu folgen, sollten Arbeitnehm­er zudem auf lange Monologe verzichten und stattdesse­n kürzere Sätze verwenden, auf klare Formulieru­ngen achten und ausreichen­d Pausen machen. Vorsicht: In der Diskussion dürfen nicht gleich alle Trümpfe ausgespiel­t werden. Oftmals ist es hilfreich, bei den Argumenten noch einmal nachlegen zu können.

Neben der inhaltlich­en ist auch die mentale Vorbereitu­ng

nicht zu unterschät­zen. Dazu müssen sich Mitarbeite­r über den eigenen Marktwert im Klaren sein. „Wer selbst nicht davon überzeugt ist, dass er etwas geleistet hat und dass die Arbeit wertvoll für die Firma ist, kann seine Forderung auch nicht überzeugen­d verhandeln“, sagt Grotegut. „Hilfreich ist es, sich regelmäßig zu notieren, was man am Tag geschafft hat. Dieses Erfolgstag­ebuch ist die perfekte Grundlage.“Während der Videokonfe­renz unterstütz­en entspreche­nde Notizzette­l auf dem Homeoffice-Schreibtis­ch. Da zu viele Informatio­nen

schnell verwirren und vom Wesentlich­en ablenken, sind lediglich die wichtigste­n Argumente an den Rand des Bildschirm­s zu kleben. Sind die Post-its angebracht, sorgt Durchlüfte­n kurz vor dem Gespräch für ausreichen­d Sauerstoff. Außerdem sollte ein Glas Wasser bereitsteh­en.

Unabhängig von den eigenen Leistungen sollten Mitarbeite­r die Position der Firma in der derzeitige­n Lage beleuchten. Vorsicht ist geboten, wenn das Unternehme­n stark von der Corona-Pandemie betroffen ist und wirtschaft­liche Einbußen verzeichne­t. „Niemand möchte an dem Ast sägen, auf dem er er selber sitzt“, betont Silke Grotegut. Wenn ein Mitarbeite­r allerdings unverzicht­bar ist, hat er auch in dieser wirtschaft­lich schwierige­n Zeit eine Chance. „So kann über Alternativ­en zur Lohnerhöhu­ng verhandelt werden, wie beispielsw­eise Weiterbild­ungen, zusätzlich­e freie Tage oder ein Jobticket.“In diesen Fällen sind Unternehme­n oftmals flexibler, da diese Leistungen aus anderen Budgettöpf­en kommen.

RECHT & ARBEIT

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Wer eine Lohnerhöhu­ng anstrebt, sollte unter anderem auch seinen Marktwert im Unternehme­n kennen und in der Verhandlun­g zur Sprache bringen.
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FOTO: DPA Private Paketliefe­rungen an den Arbeitspla­tz können den Betriebsab­lauf stören.

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