Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Abriss von Organisten­haus erregt die Gemüter

Die Bewohnerin des Hauses startete eine Petition, der sich viele Lanker angeschlos­sen haben. Die Pfarre plant ein größeres Wohnhaus.

- VON ANGELIKA KIRCHHOLTE­S RP-FOTO: ANNE ORTHEN

LANK-LATUM Es rumort in Lank-Latum und der Pfarre St. Stephanus, die zur Gemeinscha­ft der Gemeinden (GdG) Hildegundi­s von Meer gehört. „Was wir lange befürchtet haben, soll jetzt traurige Realität werden: das historisch­e Organisten­haus direkt an der Kirchwiese soll nach den Wünschen des Kirchenvor­standes abgerissen werden, um Platz für einen Neubau zu schaffen“, berichtet Silvia Schönfeld, die mit ihrer Familie in dem Gebäude wohnt. Die Kündigung erreichte sie zum April 2020. Sie habe daraufhin widersproc­hen und einen Anwalt eingeschal­tet.

Das Haus mit den dunklen Klinkern wird bereits in dritter Generation von ihrer Familie bewohnt. Ihr Vater Klaus war von 1971 bis 2006 Organist in St. Stephanus. „In jeder Ecke stecken Erinnerung­en und viel Persönlich­es“, ergänzt sie. Und nicht nur für sie. Viele Bürger aus Lank und deren Kinder haben bei Schönfeld Musikunter­richt gehabt. Er gehörte einfach zur Pfarre dazu und hat sich für sie engagiert. „Als mein Vater und kurz darauf meine Mutter starben, hatte ich gerade ein drei Monate altes Baby und war froh, dass ich einen neuen Mietvertra­g unterschre­iben konnte“, so Schönfeld.

Das Haus liegt ihr auch am Herzen, weil sie in St. Stephanus verwurzelt ist. Sie wurde in der großen Dorfkirche getauft, ging hier zur Kommunion und ihre Kinder waren als Sternsinge­r aktiv. Schönfeld hat eine Petition auf „openpetiti­on.de“gestartet, um den Abriss noch zu verhindern. Viele Bürger haben dort ihre Meinung kundgetan. Neben persönlich­en Gründen wird besonders der Erhalt des alten

Stadtbilde­s als Argument gegen den Abriss genannt. „Je mehr alte typische Gebäude aus unserem Ort verloren gehen, um geschmackl­osen, renditeori­entiert gebauten Immobilien Platz zu machen, desto mehr geht auch das Gesicht unseres Dorfes verloren“, schreibt etwa Thomas van Kaldenkerk­en. Viele ärgert auch, dass es gerade die Kirche ist, die eine Familie vor die Tür setzen will: „Das ist weit entfernt von dem, was Kirche für mich bedeutet“, meint Manuela

Engel. Die Petition hat weiter Fahrt aufgenomme­n, seit sie von Joachim Beeck vom Heimatkrei­s Lank verbreitet wurde. Allerdings war dies eine rein persönlich­e Aktion. Der Heimatkrei­s Lank hat bisher noch nicht über die Sachlage diskutiert und keine offizielle Stellungna­hme verabschie­det. Die Namen mehrerer Mitglieder wie etwa der des ehemaligen Vorsitzend­en Franz-Josef Radmacher finden sich jedoch bereits auf der Unterschri­ftenliste. Silvia

Schönfeld vermisst ein Entgegenko­mmen der Pfarre und ein faires Gespräch. Sie habe den Kauf, die Pacht in gleicher Höhe wie der Investor sowie die Sanierung auf eigene Kosten angeboten, um bleiben zu können und das Haus zu erhalten. „Doch alle Bemühungen waren umsonst“, bedauert sie. Der Kirchenvor­stand sieht die Sachlage jedoch anders und erläutert diese in einer Stellungna­hme.

„Der schlechte bauliche Zustand des Hauses Hauptstraß­e 6, das nicht unter Denkmalsch­utz steht, ist seit längerer Zeit bekannt und seither steht der Kirchenvor­stand in Kontakt mit den Mietern, um zu einer einvernehm­lichen Lösung zu gelangen“, heißt es darin. Bisher sei dies vergeblich gewesen, da diese darauf bestanden hätten, im Haus zu verbleiben. Bereits im Jahr 2015 habe eine Begehung des Hauses stattgefun­den, die einen dringenden Bedarf nach Sanierung aufzeigte. Ein

Verbleiben der Mieter im Objekt während der Sanierung sei in Anbetracht der umfangreic­hen erforderli­chen Arbeiten schon damals nicht in Betracht gekommen. Hierüber seien die Mieter informiert worden und es wurde ihnen empfohlen, sich nach einem anderen Wohnobjekt umzusehen. Dies auch vor dem Hintergrun­d, dass nach erfolgter Sanierung der Mietzins hätte angepasst werden müssen. „Da die Mieter nach eigenen Angaben überlegten, ein Objekt käuflich zu erwerben, unterbreit­ete der Kirchenvor­stand den Mietern mehrere alternativ­e Angebote zum Kauf eines Wohnhauses in Lank sowie ein Angebot zur Miete eines Wohnhauses in rund 300 Metern Entfernung“, erläutert der Kirchenvor­stand.

Ein im Jahr 2019 in Auftrag gegebenes Gutachten zu den aktuell zu erwartende­n Kosten der Sanierung habe deutlich gemacht, dass die notwendige Kernsanier­ung im Ergebnis für die Kirchengem­einde wirtschaft­lich nicht sinnvoll sei und einem Abriss mit anschließe­ndem Neubau klar der Vorzug zu geben sei. Ähnlich wie in Strümp, wo das Pfarrheim unter Protest vieler Gemeindemi­tglieder verkauft wurde, und in Bösinghove­n, wo ein Teil des Kirchengru­ndstücks veräußert und bebaut wurde, scheint der finanziell­e Aspekt auch in Lank für die GdG ausschlagg­ebend zu sein. Allerdings gibt es bisher kein gültiges Baurecht für ein größeres Gebäude mit mehreren Wohneinhei­ten in dieser sensiblen zentrumsna­hen Ortslage. Die Pläne wurden mehrmals geändert und sollen im nächsten Planungsau­sschuss erneut diskutiert und zur Abstimmung gestellt werden. Dieser wurde jedoch wegen der Corona-Pandemie vom Januar auf den 10. Februar verschoben.

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Silvia Schönfeld setzt sich für den Erhalt des Organisten­hauses ein.

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