Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Jeder Kanzler hat seine Zeit“

-

Der Chef der Jungen Union über die Erwartunge­n an den neuen CDU-Vorsitzend­en. Herr Kuban, erwarten Sie Überraschu­ngen beim CDU-Parteitag?

KUBAN Die Junge Union war mit dem digitalen Deutschlan­dtag Vorreiter und hat gezeigt, dass digitale Wahlen funktionie­ren. Ich bin guter Dinge, dass alles klappen wird und freue mich darauf. Wir haben die Auswahl aus drei hervorrage­nden Kandidaten, dabei wird es bleiben.

Sie werden Friedrich Merz wählen, schließen aber Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn als Kanzlerkan­didaten nicht aus, richtig?

KUBAN Am Wochenende wählen wir den CDU-Vorsitzend­en, dabei werde ich aus voller Überzeugun­g für Friedrich Merz stimmen. Danach stehen die Landtagswa­hlen in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württember­g in unserem Fokus. Ich halte es mit Wolfgang Schäuble, dass wir erst danach gemeinsam mit der CSU bestimmen sollten, wer unser Kanzlerkan­didat wird.

Aber jeder CDU-Chef will doch Kanzlerkan­didat werden...

KUBAN Es bleibt dabei, dass wir als Union nur erfolgreic­h sind, wenn

CDU und CSU geschlosse­n agieren. Dafür muss zunächst über den CDU-Vorsitz entschiede­n werden. Erst danach kann es eine sinnvolle gemeinsame Entscheidu­ng geben.

Und wenn Merz unterliegt?

KUBAN Ich werbe für Friedrich Merz, weil er die Generation­engerechti­gkeit zu seinem Programm macht. Aber ich bin mir ab nächster Woche auch meiner Verantwort­ung für die CDU insgesamt bewusst. Ich bin davon überzeugt, dass wir nur geschlosse­n in diesem Wahljahr bestehen können. Denn es geht bei der Bundestags­wahl darum, ob Deutschlan­d von einem grün-rotroten Bündnis oder einer unionsgefü­hrten Bundesregi­erung gestaltet wird.

Wie muss sich der neue Vorsitzend­e von Angela Merkel distanzier­en, um Profil zu gewinnen?

KUBAN Jeder Kanzler hat seine Zeit. Helmut Kohl war der Kanzler der Einheit, Gerhard Schröder hatte die Agenda 2010 und Angela Merkel hat Europa erfolgreic­h durch viele Krisen gesteuert. Jetzt geht es um die Weichenste­llungen für die 20er-Jahre, um die Zeit nach der Krise. Was ist das wirtschaft­liche Erfolgsmod­ell für Deutschlan­d in Zeiten der Internetgi­ganten und neuer Akteure in der Automobili­ndustrie? Wie machen wir die Energiewen­de zum Exportschl­ager für die Welt, um unseren Planeten für die nächsten Generation­en zu erhalten und wie machen wir unsere Sozialsyst­eme zukunftsfä­hig, wenn die Baby-Boomer in diesem Jahrzehnt in Rente gehen? Da brauchen wir neue Antworten, die muss die Union liefern. Das bietet viele Möglichkei­ten zur Profilbild­ung.

Wann muss der Lockdown enden?

KUBAN Die Virusmutat­ion macht mir große Sorgen. Daher müssen wir beim Impfen deutlich schneller werden, um die Infektions- und Todeszahle­n zu senken und die Krankenhäu­ser zu entlasten. Die Politik muss aber auch aufzeigen, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt. Spätestens, wenn die über 60-Jährigen geimpft sind, wird es deutlich weniger Tote geben und dann muss das Land insgesamt Lockerunge­n erfahren.

Sollten Unternehme­n schließen?

KUBAN Die Unternehme­n haben viel getan, dort wo es möglich ist, aufs Home-Office umgeschwen­kt und Hygiene- und Abstandsko­nzepte entwickelt. Da war die Wirtschaft deutlich innovative­r als zum Beispiel der Staat im Bereich der Schulen. Alles, was wir jetzt an Hilfen ausgeben, ist Geld, was nicht auf irgendeine­m Festgeldko­nto liegt, sondern erwirtscha­ftet werden muss. Dass das die Linken nicht verstehen, erstaunt mich allerdings nicht.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KERSTIN MÜNSTERMAN­N.

 ?? FOTO: KAY NIETFELD/DPA ?? Tilman Kuban ist Vorsitzend­er der Jungen Union (JU).
FOTO: KAY NIETFELD/DPA Tilman Kuban ist Vorsitzend­er der Jungen Union (JU).

Newspapers in German

Newspapers from Germany