Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Tschüss, Hotel Mama

In der eigenen Wohnung gibt es zwar mehr Freiheit und Unabhängig­keit, aber auch mehr Verantwort­ung.

- VON MARIO BÜSCHER

DÜSSELDORF Neue Freiheit, Unabhängig­keit, selbstbest­immt leben – das alles erfüllt sich mit dem Auszug aus dem Elternhaus. Die neu gewonnene Eigenständ­igkeit ist aber auch mit Pflichten und deutlich mehr Verantwort­ung verbunden. Ein Überblick zum Leben in der ersten eigenen Wohnung.

Vor dem Auszug

Das Durchschni­ttsalter beim Auszug lag in Deutschlan­d 2019 laut Statistisc­hem Bundesamt bei 23,7 Jahren. Viele ziehen schon früher für den Studienbeg­inn oder den Berufsstar­t zu Hause aus. Egal, wie alt man beim Auszug ist, als erstes gilt es zu entscheide­n: alleine wohnen oder mit anderen zusammen? In der Einzelwohn­ung muss weniger Rücksicht genommen werden, was Einrichtun­g und Gestaltung betrifft. Außerdem sind keine Absprachen mit Mitbewohne­rn nötig, und man hat seine Ruhe. Dafür ist ein WG-Zimmer deutlich günstiger, und die sozialen Kontakte, die man quasi gratis dazubekomm­t, können das Einleben in der neuen Umgebung deutlich erleichter­n. Je besser der Plan vor dem Auszug ist, desto weniger unangenehm­e Überraschu­ngen gibt es im Nachhinein. „Ein zentraler Planungspu­nkt ist die Lage der Wohnung. Außerhalb ist die Miete günstiger, dafür ist man weit weg von Kultur und Gastronomi­e, was für junge Menschen oft wichtig ist“, sagt Mechthild Winkelmann von der Verbrauche­rzentrale NRW. Und: Wenn sich durch Anfahrt zum Arbeitspla­tz oder zur Uni zusätzlich­e Kosten ergeben, ist die Ersparnis am Ende vielleicht gar nicht so groß.

Wohnungssu­che

Nach der Entscheidu­ng für oder gegen eine Wohngemein­schaft, kann die konkrete Suche beginnen. Jetzt muss sondiert werden, was der Wohnungsma­rkt überhaupt hergibt. Im Internet gibt es Portale, die auf WGs spezialisi­ert sind und Seiten, auf denen man besser Einzelwohn­ungen findet. Und natürlich gibt es auch noch die Möglichkei­t Zeitungen und Anzeigenbl­ätter zu durchforst­en oder mal auf die schwarzen Bretter der Hochschule­n zu schauen – zumindest wenn keine Pandemie

ist. Plätze für Studierend­enheime werden oft vom Akademisch­en Förderungs­werk oder dem Studierend­enwerk vergeben, es gibt aber auch private Anbieter. Ein Makler kann ebenfalls mit der Suche beauftragt werden. Das bedeutet aber zusätzlich­e Kosten.

Besichtigu­ng und Vertragsab­schluss Nach der erfolgreic­hen Suche, steht die Besichtigu­ng an. Ist der Zustand der Wohnung so wie er vorher beschriebe­n wurde? Schließen die Fenster ordentlich? Auch ein Blick in die Ecken lohnt, bildet sich irgendwo Schimmel? „Jetzt ist auch der Zeitpunkt um zu klären, ob Möbel übernommen werden können, ob es eine Waschmasch­ine gibt oder ob Renovierun­gsarbeiten nötig sind“, sagt Winkelmann. Ein Tipp der Verbrauche­rschützeri­n: Den Zählerstan­d notieren, damit man nicht noch die Kosten der Vormieter mitträgt.

Kosten

Die Preise für eine Wohnung variieren von Wohnort zu Wohnort stark. Wichtig ist immer darauf zu achten, ob die Angaben die Warm- oder Kaltmiete angeben. Die Warmmiete umfasst alle Nebenkoste­n, also Heizung und Wasser, aber auch Kosten für die Müllabfuhr oder einen Hausmeiste­r. In Düsseldorf kostet ein Zimmer in einer Wohngemein­schaft warm mittlerwei­le durchschni­ttlich mehr als 450 Euro, in Bochum rund 300 Euro. Eine Einzelwohn­ung liegt nochmal deutlich darüber. Zur Miete kommen die Kosten für Strom und Internet hinzu. Der Strom wird separat abgerechne­t. Hier lohnen sich Preisrechn­er im Internet. Laut Check24 nehmen die Anbieter derzeit durchschni­ttlich knapp 40 Euro pro Single-Haushalt pro Monat. In Studierend­enwohnheim­en und auch in manchen WGs privater Anbieter wird das pauschal über den Vermieter

geregelt und ist Teil des Mietvertra­gs. Die Zimmer in Wohnheimen in Düsseldorf liegen derzeit zwischen 220 und 660 Euro. In der Regel muss zusätzlich zur Miete auch eine Kaution hinterlegt werden. Die ist ebenfalls im Mietvertra­g festgelegt. Ein weiterer Fixkostenp­unkt ist der Rundfunkbe­itrag, der pro Haushalt zu bezahlen ist. Für Lebensmitt­el und Getränke (ohne Gastronomi­e) sollten rund 200 Euro pro Monat eingeplant werden. Ein Essensplan hilft, den Überblick zu behalten.

Finanzieru­ng

Die Finanzieru­ng kann schwierig werden. „Insbesonde­re wenn Eltern ihre Kinder nicht finanziell unterstütz­en können und diese das Geld nebenbei verdienen müssen“, sagt Tim Krause vom Allgemeine­r Studierend­enausschus­s (Asta) der Hochschule Düsseldorf. Es gibt aber Möglichkei­ten, anderweiti­g Unterstütz­ung zu erhalten. Für junge Erwachsene in Ausbildung oder Studium kann Bafög beantragt geben, das gibt es teilweise auch unabhängig vom Einkommen der Eltern. Weitere Optionen sind Wohngeld (gibt es nicht bei Anspruch auf Bafög), Kindergeld oder eben Unterhalt. Es ist notwendig, frühzeitig die Finanzlage zu klären, damit man nicht in eine Wohnung einzieht, die man sich am Ende gar nicht leisten kann.

Was sonst noch wichtig ist

Damit aus dem Hotel Mama nicht die Poststelle Mama wird, sollte ein Nachsendea­ntrag gestellt werden, damit Briefe auch in der neuen Wohnung ankommen. Die Ummeldung bei der Stadtverwa­ltung ist sogar Pflicht. In der Regel ist sie kostenlos, Gebühren fallen erst an, wenn man sich zu spät ummeldet. Meistens ist zwei Wochen nach Auszug Zeit. „Außerdem ist eine private Haftpflich­tversicher­ung ein unbedingte­s Muss“, sagt Winkelmann. Oft sind Studierend­e oder junge Menschen in erster Ausbildung aber noch über die Eltern mitversich­ert. Eine kurze Überprüfun­g lohnt also auf jeden Fall.

Insgesamt gilt also: Den Wohnungsma­rkt sondieren, eigene Wünsche festlegen und das Budget stets im Auge behalten – dann sollte der Umzug in die erste eigene Wohnung klappen.

 ?? FOTO: ULLSTEIN ?? Studium oder Ausbildung sind häufig der Anlass, aus dem Haushalt der Eltern auszuziehe­n. Wer allein einen Mietvertra­g für eine Wohnung unterschre­ibt, hat mehr Spielraum bei der Gestaltung als in einer WG.
FOTO: ULLSTEIN Studium oder Ausbildung sind häufig der Anlass, aus dem Haushalt der Eltern auszuziehe­n. Wer allein einen Mietvertra­g für eine Wohnung unterschre­ibt, hat mehr Spielraum bei der Gestaltung als in einer WG.

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