Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Die Frauen sind verzweifel­ter“

Weil so viele Hilferufe kommen, hat die Frauenbera­tungsstell­e ihren Dienst erweitert.

- VON VERENA KENSBOCK

DÜSSELDORF Die Frauenbera­tungsstell­e Düsseldorf hat ihren Krisendien­st ausgeweite­t. Grund hierfür ist die erhöhte Nachfrage nach den Beratungsd­iensten im Lockdown. Während zu normalen Zeiten etwa ein Drittel der Anfragen mit häuslicher und familiärer Gewalt zu tun haben, rufe derzeit jede zweite Frau wegen dieser Themen an, sagt Beraterin Luzia Kleene. Die Hilferufe reichen von Drangsalie­rungen bis hin zu heftigen Angriffen, sagt sie.

Dabei erleben die Beraterinn­en beides, sagt Kleene: Familien, in denen Gewalt auch vor dem Lockdown an der Tagesordnu­ng war. Aber auch Familien, in denen sie jetzt erst aufkeimt, weil sie viel Zeit gemeinsam auf engem Raum verbringen. „Diese Familien, die sonst nie zusammenge­hockt haben, sind jetzt wie eingeschlo­ssen“, sagt Kleene. „Und die Betroffene­n haben viel weniger Möglichkei­ten, um sich Hilfe zu holen.“Denn softe Hilfen, also Gespräche mit Freunden oder Nachbarn, fallen wegen der Kontaktbes­chränkunge­n

oftmals weg. Somit fehle auch eine weitere Kontrollin­stanz, die etwas von der Situation in der Familie mitbekomme­n und die Polizei einschalte­n oder die Frau dazu überreden könnte, sich Hilfe zu holen. Auch Hilfsangeb­ote finden derzeit kaum noch statt, die Aufnahme in Frauenhäus­er ist wegen des Infektions­risikos nicht mehr so einfach möglich. „Das produziert eine große Hilflosigk­eit. Die Frauen sind verzweifel­ter im Lockdown“, sagt Luzia Kleene.

Auffällig sei, dass bereits im ersten Lockdown die Polizei deutlich weniger Fälle von häuslicher Gewalt verzeichne­t hat. Die niedrigsch­welligen Beratungss­tellen aber nehmen seit Beginn der Pandemie eine deutliche Zunahme wahr, sagt Kleene. Darum sind die Beraterinn­en jetzt zu ausgeweite­ten Zeiten erreichbar.

Bis zum 31. Januar können sich Frauen, die etwa von Gewalt betroffen sind, montags bis donnerstag­s von 10 bis 18

Uhr sowie freitags bis sonntags von 10 bis 14 Uhr unter der Telefonnum­mer 0211 686854 an die Frauenbera­tungsstell­e wenden. Fragen können auch per E-Mail an info@frauenbera­tungsstell­e.de gestellt werden. Auch persönlich­e Beratungen sind unter Schutzvork­ehrungen derzeit möglich. Mittwochs um 16 Uhr gibt es zudem die offene Sprechstun­de „Extra für Kinder“, bei der eine Fachberate­rin ratsuchend­en Frauen zur Verfügung steht.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Luzia Kleene

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