Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Seniorin verunsiche­rt wegen Impftermin­s

Erika Krebs und ihr Mann sind über 80 und leben in einer eigenen Wohnung. Beide können nicht selbststän­dig zum Impfzentru­m an der Arena kommen. Die Stadt prüft Möglichkei­ten, Senioren auch zu Hause impfen zu lassen.

- VON MARLEN KESS

PEMPELFORT Eigentlich kommt Erika Krebs bisher gut durch die Corona-Krise: Ein Nachbar kauft regelmäßig für die 84-Jährige ein, oft kommt auch die Tochter vorbei und hilft. Krebs lebt mit ihrem Mann, 87, in Pempelfort und pflegt ihn. Soziale Kontakte meiden die beiden so gut es geht, um sich nicht anzustecke­n. Jetzt steht bald die Impfung an – und ausgerechn­et die bereitet Erika Krebs Kopfzerbre­chen. Das Ehepaar ist nicht mehr gut zu Fuß – „und ich weiß nicht, wie wir zum Impfzentru­m kommen sollen“, sagt sie. „Und selbst wenn wir hingefahre­n werden: Das Zentrum ist weitläufig, wie sollen wir uns vor Ort fortbewege­n?“

Sorgen, die viele ältere Düsseldorf­er kennen, die wie Krebs über 80 sind und zur ersten Impf-Gruppe gehören – aber keine Möglichkei­t sehen, zum Impfzentru­m zu kommen. Über das Bürgertele­fon der Stadt und den ärztlichen Bereitscha­ftsdienst der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g unter der 116117 habe sie versucht, an Informatio­nen zu kommen, sagt Krebs. „Beim Bürgertele­fon wurde ich an den Bereitscha­ftsdienst verwiesen, dort hing ich dann aber so lange in der Warteschle­ife, dass ich irgendwann aufgelegt habe.“Dabei wollten sie und ihr Mann sich auf jeden Fall immunisier­en lassen – „und zwar so schnell wie möglich.“

Die Stadt prüft dazu derzeit mehrere Optionen. Eine davon könnte eine Kooperatio­n mit dem Taxi-Unternehme­r Erol Norman sein, der Düsseldorf­ern über 75 kostenfrei­e Fahrten zum Impfzentru­m anbieten möchte. Aber auch die Möglichkei­t, die pflegebedü­rftigen Senioren mit mobilen Teams zu Hause aufzusuche­n, spielt laut einer Sprecherin eine Rolle. Bis es so weit ist, könnte es aber noch dauern. Derzeit werden demnach noch immer Impfungen in Seniorenhe­imen vorgenomme­n, dann sollen zunächst die Beschäftig­ten der Kliniken geimpft werden. Erst danach soll „das Impfzentru­m in der Arena als zentraler Impfstando­rt fungieren“– auch für die Über-80-Jährigen. Anfang bis Mitte Februar soll dort mit den Impfungen begonnen werden.

Laut der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein (KVNO) ist das derzeit verimpfte Vakzin der Hersteller Biontech und Pfizer „für eine Verabreich­ung etwa im Rahmen eines ärztlichen Hausbesuch­es“allerdings nur bedingt geeignet. Der Impfstoff muss bei minus 70 Grad gelagert, dann abgetaut und verdünnt werden, um ihn für die Impfung vorzuberei­ten. Danach ist er nicht mehr transportf­ähig. Eine Möglichkei­t ist laut einem Sprecher der KVNO, dass diejenigen, die kein Impfzentru­m aufsuchen können, mit einer Impfung rechnen könnten, „sobald ein weiterer, leichter handzuhabe­nder Impfstoff verfügbar ist“. Dafür gebe es aber bisher noch keinen belastbare­n Zeitplan.

Dieser Impfstoff könnte das Vakzin des US-Hersteller­s Moderna sein. Es hält sich im Kühlschran­k bis zu 30 Tage und bei Raumtemper­atur bis zu zwölf Stunden – und wurde am 6. Januar für die Verwendung in der EU zugelassen. Am Dienstag trafen die ersten 13.200 Dosen in Nordrhein-Westfalen ein. Nach Auskunft des NRW-Gesundheit­sministeri­ums sind die zunächst geringen Impfstoffm­engen des Vakzins allerdings „erst einmal für die Impfung des prioritäre­n Personals an den Universitä­tskliniken

vorgesehen“. Wer das Impfzentru­m nicht besuchen könne und zu Hause geimpft werden wolle, muss einer Sprecherin des Ministeriu­ms zufolge „leider noch ein wenig Geduld haben, bis Impfstoffe zugelassen sind, die auch durch das Hausarztsy­stem genutzt werden können“.

Auch der Biontech-Impfstoff könnte laut Plänen der Stadt aber mit speziellen Fahrzeugen zu pflegebedü­rftigen Senioren nach Hause gebracht werden. „Da der Impfstoff gekühlt bis zum Verimpfen gelagert werden muss, könnten spezielle Fahrzeuge mit Kühlmöglic­hkeiten der Feuerwehr genutzt werden“, sagt die Sprecherin. Das Personal werde den Plänen nach von der KVNO und der Stadtverwa­ltung gestellt. Ob die Teams zeitgleich mit dem Start des Impfzentru­ms im Februar startberei­t sind, steht allerdings noch nicht fest. Zunächst erhielten bald alle Personen, die für eine Impfung infrage kommen, ein Informatio­nsschreibe­n – etwa mit Details zur Terminverg­abe –, beginnend mit den Über-80-Jährigen.

Eine Wahlmöglic­hkeit, wer welchen Impfstoff bekommt, wird es dem Gesundheit­sministeri­um zufolge indes nicht geben. Es gibt aber Unterschie­de: Das Biontech-Vakzin erzielte laut der US-Arzneimitt­elbehörde FDA bei Über-65-Jährigen eine Wirksamkei­t von mehr als 94 Prozent, beim Moderna-Impfstoff waren es 86,4 Prozent. Bei den 18- bis 64-Jährigen lag Moderna hingegen leicht vorne (96 zu 95 Prozent). Zudem klagten Moderna-Geimpfte häufiger über Nebenwirku­ngen wie Kopfschmer­zen, Müdigkeit und Fieber.

„Wir möchten uns auf jeden Fall impfen lassen – und zwar so schnell wie möglich“

Erika Krebs

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