Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Wirtschaftsexperten schlagen neue Strategie bei Corona-Tests vor
NEUSS Bis zum 30. Januar befindet sich Deutschland mindestens noch im Lockdown. Trotzdem bleiben die Corona-Zahlen weiterhin alarmierend. Am Dienstag meldete das RKI 12.802 Neuinfektionen und fast 900 Tote. In einer nun veröffentlichten Studie zeigen der Neusser Wirtschaftsprofessor Paul Welfens (Universität Wuppertal) und Professor Thomas Gries (Universität Paderborn) eine veränderte Corona-Test-Strategie auf, mit der weitere Lockdown-Maßnahmen überflüssig werden und Deutschland die Krise in den Griffe bekommen kann.
In der Studie fordern die Experten eine massive Erhöhung der Testkapazitäten. „Auf Basis ausreichender regelmäßiger wöchentlicher Testung aller Altersgruppen – einschließend Personen mit und ohne Symptomen – lässt sich die Corona-Epidemie wirksam kontrollieren. Weitere Lockdown-Maßnahmen können durch ein neues Konzept vermieden werden“, heißt es in der Studie. In der Woche vor Weihnachten seien 1,6 Millionen
Menschen in Deutschland getestet worden, im gesamten Jahr 2020 waren es 34 Millionen. Zu wenig, erklären die Wissenschaftler, um einen Lockdown zu verhindern.
Mit der „bisher fehlerhaften Politik“, wie Welfens und Gries in der Studie kritisieren, drohe zudem ein weiterer Shutdown des alltäglichen Lebens in diesem Jahr. „Ein dritter Lockdown nach Ostern ist bei der bisherigen Corona-Strategie denkbar, (...) mit großen Schäden für die ökonomische und schulische Entwicklung. Hinzu kommen die massiven Einschränkungen von Grundrechten.“
Mit einer bundesweiten, flächendeckenden und regelmäßigen Testung
könnte der R-Wert laut Studie in weniger als vier Wochen in unkritische Bereiche reduziert werden. So könne statt eines nationalen Lockdowns eine gezielte Quarantäne für Corona-Erkrankte und ihre Kontaktpersonen verhängt werden. „Die neue Politik ist global anwendbar, rettet Menschenleben und trägt zu einem weltweiten Wirtschaftsaufschwung bei“, heißt es.
Laut ihren Berechnungen lägen die Kosten einer nationalen Test-Infrastruktur bei etwa 0,5 Prozent des Nationaleinkommens in der ersten Jahreshälfte 2021. Danach würden sich die Kosten halbieren. Drei Handlungsempfehlungen an die Politik geben die Experten: Labor-Kapazitäten müssen durch staatliche Finanzierung massiv erhöht, mehr Testzentren errichtet – in allen Städten, Schulen und größeren Betriebe des Landes – und die neue Test-Strategie und ihre Umsetzung umfangreich für die Bürger erläutert werden. Davon versprechen sich die Experten weniger Infizierte, weniger Sterbefälle und eine deutliche Beschleunigung des wirtschaftlichen Aufschwungs.