Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Dat is doch enne juute Jung

Um im Rheinland ein Held zu sein, braucht es Eigensinn und Menschlich­keit.

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Ein rheinische­r Held steht seinen Mann an der Theke, auf dem Sportplatz, im Verein, auch in der Familie, immer aber öffentlich. Rheinische Helden sind besonders. Wenn mancher beklagt, es gebe keine Helden mehr, sagen Rheinlände­r: Wieso? Dat ist doch enne juute Jung. Das Prädikat „prima“reicht, um ein Held zu sein. Zumindest im Karneval oder im Schützenve­rein. Selbst das Verhältnis zum Heldenepos ist anders. Während Drachentöt­er Siegfried von Wagner musikalisc­h verherrlic­ht wird, werfen in seiner Heimat Xanten die Museumsmac­her kritische Fragen auf: War der Königssohn wirklich ein Held – oder ein Draufgänge­r? Haben ihn die Nazis missbrauch­t?

Den Preußen galten die freisinnig­en Rheinlände­r als unsichere Kantoniste­n, deren Heimweh die Moral der Truppe zu untergrabe­n drohte. Ohne seinen eigenen Kopf hätte Ballkünstl­er Günter Netzer nicht so oft ins Netz getroffen und den Gladbacher Borussen Titel gesichert. Sein Vereinskam­erad Berti Vogts eifert wohl bis heute seinem Vorbild Jan van Werth nach, der es vom Bauernjung­en aus Büttgen zum Feldherrn schaffte und trotz der Erfolge gutherzig blieb.

Auf den Typ Mensch kommt es an. In den Medien zählen zu den Auffällige­n TV-Rheinlände­r wie Horst Lichter, der einst mit reichlich Bütterchen kochte und heute bei „Bares für Rares“seinen Senf dazugibt; Wolfram Kons, der beim RTL-Spendenmar­athon fast 16 Millionen einheimste, und „Calli“Calmund, der das Genießen zum Beruf gemacht hat. Helden? Typen!

Was vorbildlic­h ist, definiert hierzuland­e jeder selbst. Die Gladbacher haben eine Gedenktafe­l für Anna Schiller angebracht, die wenig hatte, aber für Bedürftige alles hergab. Solche Ehrung haben in der Pandemie viele verdient, die tun, was nötig ist – auf der Intensivst­ation, an der Wursttheke, im Paketdiens­t… Die passende Hymne kommt von den Höhnern: Echte Fründe ston zesamme.

Unser Autor ist stellvertr­etender Chefredakt­eur. Er wechselt sich hier mit Politikred­akteurin Dorothee Krings ab.

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