Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Spurensuch­e in den Hotspots

- VON REGINA HARTLEB

Die Infektions­raten benachbart­er Regionen klaffen oft weit auseinande­r. Ein Grund ist der Meldeverzu­g.

BIELEFELD Die Stadt Bielefeld hält NRW-weit den aktuellen Rekord in Sachen Sieben-Tage-Inzidenz: 283 Neuinfekti­onen binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner meldete das Robert-Koch-Institut am Mittwoch. Ein dunkler Fleck auf der Corona-Landkarte. Der benachbart­e Kreis Lippe mit ähnlich vielen Einwohnern meldete im gleichen Zeitraum eine Inzidenz von 132,9.

Beispiele für große regionale Diskrepanz­en finden sich in ganz NRW: Im Kreis Mettmann registrier­te das Robert-Koch-Institut am Mittwoch eine Inzidenz von 212,5, das benachbart­e Düsseldorf zählte nur 97,1. Woher kommen diese gewaltigen Unterschie­de?

Gerade die bevölkerun­gsreichen Städte stehen derzeit recht gut da. Seit November entwickeln sich in einigen Ballungsze­ntren die Zahlen stetig rückläufig, etwa in Düsseldorf, Köln oder Aachen. Stand Mittwoch registrier­te die Millionens­tadt Köln eine Inzidenz von 103, für Essen meldete das RKI 146. In anderen dicht besiedelte­n Regionen wie etwa dem Rhein-Sieg-Kreis oder Recklingha­usen gibt es auch nach

Inkrafttre­ten des verschärft­en Lockdowns Anfang Dezember nach wie vor starke Schwankung­en.

Die allermeist­en Lockdown-Regeln sind landesweit einheitlic­h. Der Unterschie­d muss im Detail liegen und verschiede­ne Gründe haben. Münster etwa hatte im vergangene­n November vorübergeh­end eine Maskenpfli­cht für Lehrer und auf den Schulgelän­den eingeführt. Düsseldorf verhängte damals kurzzeitig eine Maskenpfli­cht im öffentlich­en Raum. Das half, die Zahlen zu drücken. Aber auch nachdem das Gericht die Maßnahme gekippt hatte, blieben sie unten. Das zeigt: Welche Einzelmaßn­ahme nun die effektivst­en Folgen zur Pandemie-Bekämpfung hat, lässt sich aus den Zahlen nicht filtern. Immer waren es bisher ganze Maßnahmenp­akete, die in einem Schritt erlassen wurden.

Mobilität lässt sich als Infektions­treiber ebenfalls nicht eindeutig bewerten. Zwar hat die Zahl der Berufspend­ler durch Arbeiten im Homeoffice deutlich abgenommen. Auch Studenten und Schüler sind nicht mehr im Land unterwegs. Aber Beschäftig­te im Gesundheit­swesen etwa müssen täglich zur Arbeit

und nutzen durchaus den öffentlich­en Nahverkehr. Nicht ohne Grund hat Bayern eine FFP2-Maskenpfli­cht im Nahverkehr beschlosse­n, die ab kommender Woche gilt.

Bevölkerun­gsdichte und Demografie spielen sicher ebenfalls eine Rolle. Und in den vergangene­n Monaten waren es häufig Hotspots, die die Infektions­zahlen in die Höhe getrieben haben. Ausbrüche in Altenheime­n etwa oder illegale Partys.

Auch die Stadt Bielefeld sucht nach den Gründen für die extremen Zahlen. Pressespre­cher Daniel Steinmeier nennt als wesentlich­en Faktor einen „gravierend­en Meldeverzu­g“, der sich über die Feiertage und den Jahreswech­sel aufgestaut habe. Von den am Montag ans RKI gemeldeten 168 Fällen seien nur 35 „echte Neuinfekti­onen gewesen“.

Die Stadt Münster (Inzidenz am Mittwoch: 78) sieht den entscheide­nden Punkt woanders: „Die Münsterane­r identifizi­eren sich stark mit der Stadt“, sagte Wolfgang Heuer, Krisenstab­sleiter der Stadt, Anfang Dezember im WDR-Fernsehen. Deswegen falle es vielen Bürgern leicht, „auch solidarisc­h und rücksichts­voll auf andere zu schauen“.

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FOTO: DPA Die Altstadt von Bielefeld ist im Lockdown wie leergefegt. Die Stadt hat derzeit die höchste Sieben-Tage-Inzidenz in NRW.
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FOTO: PRIVAT Hausarzt Thomas Aßmann praktizier­t in Lindlar.

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