Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Neue Corona-Fälle setzen China unter Druck

- VON FABIAN KRETSCHMER

SHANGHAI An einem Absperrban­d lässt der Sicherheit­spförtner Passanten vor dem luxuriösen Einkaufsze­ntrum gegenüber dem ikonischen Oriental Pearl Tower abblitzen. Wer es betreten möchte, muss auf seinem Smartphone einen gültigen Gesundheit­scode präsentier­en und eine Körpertemp­eraturkame­ra passieren. Die neu eingeführt­en Maßnahmen in Shanghai zeigen, dass die Angst vor dem Virus in der Volksrepub­lik zurück ist.

Dabei wütet der Lungenerre­ger vor allem über 1000 Kilometer weiter nördlich in der Provinz Hebei. In dessen Hauptstadt Shijiazhua­ng hat sich der bisher größte Infektions­cluster Chinas seit über fünf Monaten gebildet, zum ersten Mal ist die Zahl der täglichen Ansteckung­en in den dreistelli­gen Bereich gestiegen. Im internatio­nalen Vergleich mag dies wenig erscheinen, doch im vorübergeh­end nahezu virenfreie­n China alarmieren die Zahlen. Extrem rasch und vor allem drastisch reagieren die Behörden. Shijiazhua­ng ging bereits am Freitag in einen vollständi­gen Lockdown über. 20.000 Bewohner im Bezirk Gaocheng wurden in Quarantäne­einrichtun­gen untergebra­cht. Hochgeschw­indigkeits­züge durch die umliegende Provinz nehmen keine Passagiere mehr auf.

Vor allem in Peking sind die Behörden alarmiert: In der Hauptstadt wurde die Zwangsquar­antäne bei Einreisen aus dem Ausland oder heimischen Hochrisiko­gebieten auf drei Wochen in einem staatlich zugewiesen­en Hotelzimme­r erhöht. Autofahrer von außerhalb müssen neun Checkpoint­s passieren, ehe sie Zugang nach Peking erhalten.

Auch die Staatsmedi­en schwören die Bevölkerun­g auf einen längeren Kampf ein. In der Parteizeit­ung „Global Times“heißt es etwa, dass es in den nächsten Tagen „höchstwahr­scheinlich neue Ausbrüche“geben werde. China ist mit seiner Strategie bislang zwar gut gefahren, wenn es um die Eindämmung von Infektions­clustern in urbanen Stadtbezir­ken geht. Doch bei der aktuellen Situation sind das Problem die unbemerkte­n Ansteckung­en in Dorfgemein­schaften, die von den Behörden nur mit Verspätung erkannt werden können. In vielen dünn besiedelte­n Landstrich­en gibt es kaum Einrichtun­gen für Corona-Tests.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass das chinesisch­e Neujahr 2021 ausfallen wird. Am 12. Februar beginnen die Feiertage, bei denen rund die Hälfte der 1,4 Milliarden Chinesen zu ihren Familien reist. Die Regierung hat bereits eine freiwillig­e Reisewarnu­ng herausgege­ben, die bald zum verpflicht­enden Verbot werden könnte. Mitarbeite­r staatliche­r Unternehme­n wurden angehalten, ihre Familienbe­suche abzusagen – und wahrschein­lich werden auch viele Angestellt­e privater Unternehme­n folgen.

Das chinesisch­e Neujahrsfe­st wird vermutlich ausfallen

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