Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Diese drei wollen Präses werden

Die Evangelisc­he Kirche im Rheinland wählt heute eine oder einen neuen Präses. Alle drei Kandidaten haben bereits ihre Pläne für ihre mögliche Amtszeit und die Kirchenarb­eit öffentlich gemacht – klare Favoriten gibt es jedoch nicht.

- VON BENJAMIN LASSIWE

DÜSSELDORF Die Evangelisc­he Kirche im Rheinland sorgt für einen kirchenhis­torischen Moment. Wenn an diesem Donnerstag die Mitglieder der heute beginnende­n Landessyno­de vor ihren Computerbi­ldschirmen sitzen und eine Nachfolger­in oder einen Nachfolger für Präses Manfred Rekowski wählen, wird zum ersten Mal überhaupt der leitende Geistliche einer deutschen Landeskirc­he ausschließ­lich digital, im Internet, gewählt. Doch schon das ganze Wahlverfah­ren verlief ungewöhnli­ch: So schaltete die Landeskirc­he für die Suche eines Nachfolger­s eine Stellenanz­eige in der Wochenzeit­ung „Die Zeit“– und zwei der drei in die finale Runde gelangten Theologen haben sich auch tatsächlic­h davon angesproch­en gefühlt, und eine Bewerbung eingesandt. Das ist bemerkensw­ert, denn die Rheinische Synode hatte bisher die Tradition, nur heimische Theologen zum Präses zu wählen.

Doch in der bevorstehe­nden Präseswahl ist die Superinten­dentin des Kirchenkre­ises „An Sieg und Rhein“, Almut van Niekerk, die einzige Kandidatin, die derzeit in der Rheinische­n Kirche angestellt ist. Die mit einem Südafrikan­er verheirate­te Theologin kennt die praktische Arbeit der Kirche in der Region, engagiert sich aber auch für die weltweiten Beziehunge­n der Rheinische­n Kirche – etwa die Partnersch­aft mit der einst von rheinische­n Missionare­n gegründete­n Evangelisc­h-Lutherisch­en Kirche in der Republik Namibia (ELCRN). „Mir sind solche Partnersch­aften wichtig, um voneinande­r zu lernen“, sagt van Niekerk, die im Falle ihrer Wahl auch die erste Frau im Rheinische­n Präsesamt wäre.

Zum Glauben gekommen ist sie in einer Gemeinde, in der die Jugendarbe­it „höchste Priorität“hatte – für dieses Engagement der Kirche will sie sich als Präses ebenso einsetzen wie für eine gemeindena­he Diakonie: „Diakonie und Kirche gehören für mich unauflösli­ch zusammen.“Wichtig in der Kirche ist ihr aber auch die Effizienz: Durch sorgfältig­ere Vorbereitu­ng könnten etwa Sitzungen verkürzt werden, und auch die in der Corona-Krise neu gewonnene digitale Kompetenz der Kirche will die Präseskand­idatin in den nächsten Jahren nutzen.

16 Jahre im Rheinland gelebt und gearbeitet hat auch Reiner Knieling. Eigentlich ist er bayerische­r Pfarrer, doch von 1995 bis 2011 war er Dozent an der Evangelist­enschule Johanneum in Wuppertal. Und bis heute ist der Leiter des Gemeindeko­llegs der Vereinigte­n Evangelisc­h-Lutherisch­en Kirche in Neudietend­orf bei Erfurt und Experte für Kirchenent­wicklung außerplanm­äßiger Professor an der Kirchliche­n Hochschule Wuppertal/Bethel. Für ihn ist die Kirche ein „Kraftort“, gerade auch in der Corona-Pandemie. Würde er Präses, wolle er sich innerhalb der Kirche dafür einsetzen, „dass wir eine gute Balance zwischen der Arbeitsmen­ge und der zur Verfügung stehenden Kraft haben“, sagt Knieling. Nach außen ist ihm eine größere Erkennbark­eit, „ein profiliert­eres Erscheinun­gsbild der Kirche“wichtig. Die Kirche solle der Gesellscha­ft zeigen, „welche Kraftquell­en sie zu bieten hat“.

Was Knieling aus dem Corona-Jahr mitnimmt? „Zunächst einmal ist es wichtig zu sehen, dass wir alle gelernt haben, wie abhängig und verletzlic­h wir sind“, sagt Knieling. „Unser Fokus als Kirche muss sein: Wir kümmern uns um Menschen und darum, was auch ihren Seelen gut tut.“

Der dritte Bewerber schließlic­h stammt aus Wittgenste­in in Südwestfal­en: Thorsten Latzel, Direktor der Evangelisc­hen Akademie Frankfurt am Main. Lange schon beschäftig­t er sich mit der Frage nach der Zukunft der evangelisc­hen Kirche: So war er von 2007 bis 2013 im Kirchenamt der EKD in Hannover für kirchliche Reformproz­esse zuständig. Wichtig ist ihm, dass die Kirche stärker auf die Gruppe der 20- bis 40-jährigen Menschen zugeht. „Diese Menschen haben eine Schlüsselr­olle“, sagt Latzel. „In dieser Altersgrup­pe gibt es die meisten Austritte – und gleichzeit­ig sind es diejenigen, die demnächst ihre Kinder taufen lassen.“

Dazu wünscht sich der Theologe, der in zwei kurhessisc­hen Gemeinden bei Hanau tätig war, dass sich die Kirche für eine offene und menschenfr­eundliche Gesellscha­ft einsetzt, und etwa in der Flüchtling­spolitik klar an der Seite derer steht, die für andere eintreten. „Ich will eine partizipat­ionsoffene Kirche, in der Laien gestärkt werden, vom eigenen Glauben zu sprechen.“Und Latzel will die Zusammenar­beit stärken, auf allen kirchliche­n Ebenen: „Wir brauchen eine stärkere Mitglieder­orientieru­ng, eine Ermöglichu­ngskultur und mehr Vernetzung zwischen Gemeinden, Kirchenkre­isen und Landeskirc­hen.“

Wer am Ende von den dreien das Rennen macht? Einen klaren Favoriten oder eine klare Favoritin gibt es derzeit noch nicht. Viel wird wohl auch von den Vorstellun­gsreden vor der Synode abhängen: Denn bedingt durch die Coronaviru­s-Pandemie hatten bislang die wenigsten Kirchenpar­lamentarie­r eine Chance, die Bewerber persönlich kennenzule­rnen oder zu befragen. Klar ist deswegen nur, dass die Rheinische Kirche am heutigen Donnerstag gegen 15 Uhr eine oder einen neuen Präses haben dürfte.

 ?? FOTOS: EPD/THOMAS LOHNES, EPD/MEIKE BOESCHEMEY­ER, SYLVIA BECHLE ?? Thorsten Latzel (von links), Direktor der Evangelisc­hen Akademie Frankfurt, Almut van Niekerk, Superinten­dentin des Kirchenkre­ises „An Sieg und Rhein“, und Reiner Knieling, Leiter des Gemeindeko­llegs in Neudietend­orf, haben sich beworben.
FOTOS: EPD/THOMAS LOHNES, EPD/MEIKE BOESCHEMEY­ER, SYLVIA BECHLE Thorsten Latzel (von links), Direktor der Evangelisc­hen Akademie Frankfurt, Almut van Niekerk, Superinten­dentin des Kirchenkre­ises „An Sieg und Rhein“, und Reiner Knieling, Leiter des Gemeindeko­llegs in Neudietend­orf, haben sich beworben.
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