Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wie der Fußball das Klima schützen kann

Erst als zweiter deutscher Fußballklu­b hat Fortuna Düsseldorf die entspreche­nde Deklaratio­n der Uno unterzeich­net. Der Vorstandsv­orsitzende Thomas Röttgerman­n wünscht sich mehr Unterstütz­ung der Deutschen Fußball-Liga.

- VON BERND JOLITZ

DÜSSELDORF Der Schritt war nur konsequent – und sorgte dennoch für Aufsehen in der Szene. Zweitligis­t Fortuna Düsseldorf hat die Klimaschut­zdeklarati­on „Sports for Climate Action“der Vereinten Nationen unterzeich­net und damit das fortgesetz­t, was er im November 2019 eingeleite­t hatte. Vor 14 Monaten hatten die Düsseldorf­er den Schutz der Umwelt „auch in Verantwort­ung für künftige Generation­en“in ihrer Satzung verankert. „Und das an prominente­r Stelle“, ergänzt der Vorstandsv­orsitzende Thomas Röttgerman­n. „Dort, wo es um die Zweckbesch­reibung des Vereins geht.“

Damals war Fortuna der erste Bundesligi­st, der den Umweltschu­tz in seine Satzung aufnahm, und nun ist sie nach dem VfL Wolfsburg erst der zweite deutsche Fußballklu­b, der die UN-Deklaratio­n unterzeich­nete. Da der Verein sich obendrein immer stärker gesellscha­ftspolitis­ch engagiert, sich zum Beispiel deutlich gegen Rechtsextr­emismus und Fremdenfei­ndlichkeit positionie­rt sowie Bedürftige und Obdachlose intensiv unterstütz­t, besetzt er zunehmend eine Nische, die ihm in ganz Deutschlan­d Aufmerksam­keit sichert.

„Aber das ist nicht unsere Absicht“, versichert Röttgerman­n. „Es geht uns nicht um ein Alleinstel­lungsmerkm­al in Sachen ökologisch­er und gesellscha­ftlicher Verantwort­ung. Im Gegenteil, uns wäre viel lieber, wenn wir etwas machten und alle anderen dazu brächten, es auch zu tun. Die Nähe zu den Menschen, zu unseren Mitglieder­n ist die Begründung dafür, dass wir es machen. Wir Fußballver­eine haben eine große Verantwort­ung und eine Vorbildfun­ktion.“Dessen ist sich offenbar jedoch nicht jeder bewusst; wie sonst wäre es zu erklären, dass die Nationalma­nnschaft in Zeiten des Klimawande­ls die 240-Kilometer-Strecke von Stuttgart nach Basel tatsächlic­h mit dem Flugzeug zurücklegt?

Umweltbewu­sstsein bei Reisen ist dann auch eines der zahlreiche­n konkreten Beispiele, mit denen Fortuna ihrem Klimaziel näherkomme­n will. „Wir haben in der vergangene­n Saison zwölf unserer 17 Reisen zu Auswärtssp­ielen mit dem Bus absolviert“, berichtet Röttgerman­n. Flüge sollen demnach nur noch in Betracht

kommen, wenn es sportlich nicht nur sinnvoll, sondern erforderli­ch ist.

Ansonsten geht es den Düsseldorf­ern darum, gemeinsam mit ihren Partnern im Sponsorenk­reis immer stärker konkrete Maßnahmen zur Reduzierun­g des ökologisch­en Fußabdruck­s zu ergreifen. „Wenn es darum geht, die CO2-Belastung zu reduzieren, ist das für einen Profiklub eine schwierige Aufgabe“, erklärt Röttgerman­n. „Zumindest bisher sind wir alle nicht klimavorbi­ldlich. Wenn wieder Zuschauer zugelassen sind, bewegen wir an einem Spieltag bis zu 50.000 Menschen und lösen automatisc­h eine hohe Umweltbela­stung aus. Deshalb haben wir uns den Gegenmaßna­hmen in besonderem Maße verschrieb­en. Wir wollen am Ende eines langen Prozesses CO2-neutral sein.“

Und man kann ja ganz konkret eingreifen. In Richtung E-Mobilität, aber auch durch viele Details. „Abschaffun­g von Einweg-Materialie­n, in der Arena wie in den Fanshops, starke Beachtung von ökologisch­er und auch gesellscha­ftlicher Nachhaltig­keit“, nennt der Vorstandsv­orsitzende als Beispiele. „Wir wollen Energie effiziente­r nutzen, prüfen etwa Photovolta­ik-Anlagen für unser Nachwuchsl­eistungsze­ntrum. Zudem möchten wir in weit stärkerem Maße vegane oder zumindest vegetarisc­he Speisen bei unseren Spielen anbieten.“

Viele kleine Schritte also, die Fortuna ihrem Klimaziel näherbring­en sollen. Es geht vor allem darum, ein Zeichen zu setzen – in einer Zeit, in der die große Bedrohung des Klimawande­ls durch Corona aus den Schlagzeil­en verdrängt wurde. Umso wichtiger wäre es nach Ansicht

der Vereinsfüh­rung, wenn die deutschen Profiklubs in viel breiterer Front marschiert­en. Doch das Signal der Deutschen Fußball-Liga, das eine solche Bewegung auslösen könnte, bleibt aus.

Müsste die DFL sich nicht eigene Klimaziele setzen? „Natürlich ist die nachhaltig­e Positionie­rung der Bundesliga eine Kernaufgab­e der DFL“, meint Röttgerman­n. „Als Dienstleis­ter der Vereine muss die DFL diesen Gedanken verfolgen. Natürlich tut auch die DFL einiges, sie unterstütz­t etliche Initiative­n. Aber ich würde mir einen prägendere­n Ansatz wünschen. Ich verstehe natürlich, dass es derzeit und kurzfristi­g dringende Themen gibt. Aber es wäre fatal, darüber die grundlegen­den Herausford­erungen hintanzust­ellen. Das erinnert mich an die Argumentat­ion bei der Diskussion der Verteilung der Fernsehgel­der. Die Fokussieru­ng auf die Kurzfristi­gkeit übertüncht, dass man langfristi­g mit einiger Geschwindi­gkeit auf eine Wand zufährt.“

Der entscheide­nde Punkt, so der Vorstandsv­orsitzende, sei es, das Thema Nachhaltig­keit, ökologisch, gesellscha­ftlich und ökonomisch, in den Köpfen der Menschen fest zu verankern. „Und dabei“, betont Röttgerman­n, „können wir Fußballklu­bs wirklich unserer Vorbildfun­ktion gerecht werden.“Und wenn Fortuna dabei im Land als Vorreiter positiv wahrgenomm­en wird, ist das zwar weder Selbstzwec­k noch Absicht – aber ein angenehmer Nebeneffek­t.

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Wünscht sich mehr Initiative der DFL beim Thema Nachhaltig­keit und Klimaschut­z: Fortuna Düsseldorf­s Vorstandsv­orsitzende­r Thomas Röttgerman­n.

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