Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Düsseldorf wird ökologisch saniert

Die Grünen prägen das neue Ratsbündni­s. Städtebaul­iche Visionen spielen keine Rolle. Von der Verlängeru­ng der Rheinuferp­romenade bleibt bloß ein breiterer Radweg.

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Düsseldorf wird grüner, das war im September zunächst einmal ein faktisches Wahlergebn­is. Die Grünen kletterten auf 24 Prozent, die CDU schrumpfte weiter und landete bei 33,4 Prozent. Was dies für die weitere Entwicklun­g der Stadt bedeutet, wird nun deutlich.

Die Kooperatio­nsvereinba­rung von CDU und Grünen liegt seit Freitag auf dem Tisch, darüber stimmt nun die Basis beider Parteien ab. Besonders gut dürfte am kommenden Montag die Stimmung bei den Grünen werden. Ihre Verhandler haben das Verspreche­n umgesetzt, nur ein Ratsbündni­s anzustrebe­n, das sich auf möglichst viele grüne Inhalte verständig­t. Die Christdemo­kraten, angetriebe­n vom neuen Oberbürger­meister Stephan Keller, nutzten die Gelegenhei­t zur eigenen Modernisie­rung und stimmten vielem zu – nur so konnten sie nach sechs Jahren Opposition wieder Gestaltung­smacht gewinnen. Anders als die Grünen, die auch die Ampelkoope­ration hätten fortsetzen können, hatten sie keine andere Machtoptio­n. Wer jetzt lieber von einer grün-schwarzen Ratsmehrhe­it spricht, liegt inhaltlich sicher nicht falsch.

Düsseldorf soll in den kommenden fünf Jahren ökologisch saniert werden. Der 90-seitige Kooperatio­nsvertrag hat einen Kernsatz, er steht auf Seite 15: „Wir wollen unsere Stadt zur Klima-Hauptstadt machen.“60 Millionen Euro sollen dafür zusätzlich jährlich investiert werden. Die Verkehrswe­nde wird ebenso vorangetri­eben wie die energetisc­he Sanierung von Gebäuden, es gibt Offensiven für mehr Ökostrom und Solartherm­ie. Fassaden und Dächer sollen grüner werden, der Radwegebau soll endlich richtig in Gang kommen. Hier hatte die Ampel wenig geschafft, nicht mal zehn Prozent des mehr als 300 Kilometer langen Radhauptne­tzes waren verwirklic­ht worden. Schwarz-Grün will nach diesem Versagen wohl kein Risiko eingehen und nennt keine konkrete Zahl neuer Radwegkilo­meter.

Gegen all diese Ziele ist wenig zu sagen, bessere Lebensqual­ität und bessere Luft wollen wohl alle. Auffällig aber ist der fehlende Mut zur Fortschrei­bung der erfolgreic­hen Geschichte Düsseldorf­er Städtebaus. Die CDU begann ihr Wahlprogra­mm so: „Düsseldorf ist eine Stadt, die sich in den letzten Jahrzehnte­n stark entwickelt hat. Viele Menschen in der ganzen Republik schauen auf Düsseldorf und sind angetan vom einzigarti­gen Düsseldorf­er Weg.“Und: „Diese Entwicklun­g, zu der in jedem Jahrzehnt eine große städtebaul­iche Weiterentw­icklung stattgefun­den hat, ist auch Ergebnis der Politik der CDU.“

Schwarz-Grün beschreite­t diesen Weg nicht weiter, auch wenn hier und da von toller Architektu­r geschwärmt wird. Die Rheinuferp­romenade, U-Bahnbau sowie Kö-Bogen I und II haben die Landeshaup­tstadt in den vergangene­n 25 Jahren in eine andere Liga befördert, ihren Metropolen­charakter gestärkt und gleichzeit­ig die Lebensqual­iät erhöht. Der Zuzug von Firmen und Menschen hat auch mit dieser Entwicklun­g zu tun. Die neue Ratsmehrhe­it einigt sich im Vertrag nun auf das Foto-Institut, ein Haus der Kulturen, ein Umwelthaus und eine Umweltakad­emie. Der blaugrüne Ring wird nicht erwähnt. Ein Neubau der Oper, den die CDU vor der Wahl mit deutlichen Worten forderte, findet sich ebensoweni­g in der Vereinbaru­ng wie die Verlängeru­ng der Rheinuferp­romenade zur Rheinterra­sse, welche die CDU zu einem wichtigen Ziel erhoben hatte. Davon bleibt nur ein Radweg.

Düsseldorf wird also gesünder, politisch bunter und digitaler, aber eben auch nüchterner. Wer ein neues Leuchtturm­projekt sucht, wird enttäuscht sein. Offenbar sehen sich die neuen politische­n Machthaber an anderer Stelle in der Stadtevolu­tion: 1995 wurde die Rheinuferp­romenade eröffnet, es folgten nach Steuereinb­rüchen fünf magere Sparjahre. Dann wurde geklotzt: Der Stadtwerke­verkauf spülte Geld in die Kasse, Düsseldorf baute unter anderem Arena, Dome, U-Bahn und neue Museen. Jetzt, da die neue Innenstadt fertig wird, häuft Düsseldorf neue Schulden an. Wegen Corona, aber auch, weil man sonst Angebote zusammenst­reichen müsste.

Das will Schwarz-Grün nicht, auch nicht mittelfris­tig. Die Schuldenfr­eiheit ist dahin, irgendwann wird dafür jemand bezahlen müssen. Viel Tafelsilbe­r zum Verscherbe­ln ist allerdings nicht mehr da.

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