Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bayerische­r Masken-Aktivismus

- VON ANTJE HÖNING

Im Kampf gegen Corona werden FFP2-Masken immer wichtiger. Während Alltagsmas­ken verhindern, dass der Träger andere ansteckt, schützen FFP2-Masken den Träger selbst – das ist gerade mit Blick auf die britische Mutation wichtig. Ist es also vorbildlic­h, dass Bayern diese Masken nun für Nahverkehr und Handel vorschreib­t? Nein. Eine Pflicht ist sinnvoll, wenn es ausreichen­d Masken für alle gibt. Davon kann derzeit noch keine Rede sein, wie der holprige Start der Verteilung an Risikopati­enten zeigt. Erst recht darf eine Pflicht nicht dazu führen, dass Masken für Ärzte oder Pflegekräf­te knapp werden. Hinzu kommen soziale Fragen: Im Vergleich zu Alltags- sind FFP2-Masken teuer, eine Tragepflic­ht würde für Bedürftige zum Problem. Soll das eine neue Sozialbüro­kratie lösen? Und wieso entdeckt die Politik erst jetzt, dass der Nahverkehr ein Problem ist? Schulbusse waren schon Wochen vor Weihnachte­n voll.

Die neue Maskenpfli­cht ist ein typisches Beispiel für den Aktivismus von Markus Söder, der anderen Ministerpr­äsidenten gerne zeigt, wo es langgeht. Tatsächlic­h aber hat Söder ebenso wie andere den Sommer vergeudet. Das gilt für die Beschaffun­g von Masken, von Impfstoff, für die Teststrate­gie und die Schulpolit­ik. Warum haben die EU-Staaten nicht bereits im Sommer Impfstoff bestellt – und zwar jeweils bei allen aussichtsr­eichen Hersteller­n genug? Warum wird bei Erkrankten nicht konsequent getestet, ob es sich um das britische Virus handelt? Warum sind Schulen nicht besser auf den Winter vorbereite­t worden? Ausgerechn­et Söders Bildungsmi­nister macht sich gerade mit der Bitte zum Gespött, dass sich Bayerns Schüler nicht alle gleichzeit­ig in die Lernplattf­orm einloggen sollen, weil diese sonst in die Knie geht.

Söder gibt gerne den weiß-blauen Krisenmana­ger. Doch auch er läuft der Entwicklun­g hinterher. Mehr Plan, weniger PR wäre hilfreich.

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