Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Experte: Prostituti­onsverbot senkt Mordrate

-

Sachverstä­ndige diskutiere­n im Landtag über die Einführung des „Nordischen Modells“.

DÜSSELDORF (kib) Nach Einführung des sogenannte­n Nordischen Modells in Schweden ist dort die Gewalt gegen Prostituie­rte stark zurückgega­ngen. In 20 Jahren sei in Schweden nur ein einziger Prostituie­rtenmord begangen worden, in Deutschlan­d seien es über 100 gewesen, zitierte Helmut Sporer, Kriminalob­errat a. D., in einer Expertenhö­rung zur Prostituti­on aus einer Analyse von Interpol. Der schwedisch­e Markt für Menschenha­ndel sei quasi tot, sagte Sporer und berief sich dabei auf den schwedisch­en Sonderbots­chafter zur Bekämpfung des Menschenha­ndels, Per-Anders Sunesson. Das Nordische Modell zur Bekämpfung der Prostituti­on wurde in Schweden 1999 eingeführt. Seither haben es Länder wie Frankreich, Norwegen, Kanada und jüngst Israel kopiert. Es stellt den Kauf von Sex unter Strafe, kriminalis­iert also anders als in Deutschlan­d in erster Linie die Freier und nicht die Prostituie­rten.

Im Düsseldorf­er Landtag wurden fraktionsü­bergreifen­d erhebliche Vorbehalte gegen das Nordische Modell deutlich. „Corona bietet einen Vorgeschma­ck, wie die Lage dann ist“, sagte Grünen-Co-Fraktionsc­hefin Josefine Paul. Durch ein Verbot würden viele Prostituie­rte in die Illegalitä­t gedrängt. Die Befürchtun­g wurde von Vertretern der Beratungss­tellen geteilt.

Sporer, der in dem Milieu 30 Jahre lang polizeilic­h ermittelte, widersprac­h: Nicht erst wegen Corona arbeiteten in Deutschlan­d über 90 Prozent der Prostituie­rten unter Zwang und illegal. Die Bereiche vermischte­n sich: „Eine Trennung zwischen sauberer Prostituti­on und illegaler ist realitätsf­ern.“Auch sei Prostituti­on auf Werbung angewiesen, ein Verbot ließe sich daher leicht strafrecht­lich verfolgen.

Vor der Anhörung hatten Befürworte­r des Nordischen Modells die Auswahl der Sachverstä­ndigen als zu einseitig kritisiert. In der Folge hatten Experten unaufgefor­dert Stellungna­hmen an den Landtag gesandt, in denen sie etwa darauf verwiesen, dass Deutschlan­d eine UN-Richtlinie zur Abschaffun­g der sexuellen Ausbeutung längst unterzeich­net habe. Auch CDU- und SPD-Bundestags­abgeordnet­e hatten sich jüngst für das Nordische Modell starkgemac­ht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany