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Das letzte Wort hat der Senat

Bei seinem ersten Amtsentheb­ungsverfah­ren kam US-Präsident Donald Trump glimpflich davon. Nun hat er eine zweite Anklage vor sich. Für die entscheide­nde Verhandlun­g setzt er auf Verteidige­r aus den eigenen Reihen.

- VON FRANK HERRMANN FOTO: BRENDAN SMIALOWSKI/AFP

WASHINGTON Das US-Repräsenta­ntenhaus hat zum zweiten Mal ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Präsident Donald Trump eingeleite­t. Der nächste Schritt des Kongresses könnte sein, ihn daran zu hindern, auf Bundeseben­e jemals wieder ein öffentlich­es Amt ausüben zu können.

Warum wurde das Impeachmen­t beschlosse­n?

Donald Trump wird „Anstiftung zum Aufruhr“vorgeworfe­n. Der Präsident, heißt es in der Impeachmen­t-Klage des Repräsenta­ntenhauses, habe zum Sturm auf das Kapitol aufgewiege­lt. Zitiert werden Passagen aus einer Rede, die er am 6. Januar hielt, kurz bevor beide Kammern des Parlaments tagten, um die Ergebnisse des Präsidents­chaftsvotu­ms zu beglaubige­n. „Wir haben diese Wahl gewonnen, und wir haben sie erdrutscha­rtig gewonnen“, wiederholt­e er seine Lüge vom massiven Wahlbetrug. „Wenn ihr nicht wie irre kämpft, werdet ihr kein Land mehr haben“, rief er seinen Anhängern zu.

Trump wird das Weiße Haus ohnehin am 20. Januar verlassen. Warum dann noch eine Amtsentheb­ung?

Die Demokraten wollen erreichen, dass er künftig nicht mehr für ein Wahlamt kandidiere­n kann, zumindest nicht mehr auf Bundeseben­e. Laut Anklage-Text müsse er „disqualifi­ziert“werden, um in den USA nie wieder „ein Amt der Ehre, des Vertrauens oder des Gewinns“ausüben zu können.

Neben 222 Demokraten haben auch zehn Republikan­er für das Impeachmen­t gestimmt. Wie ist das einzuordne­n?

Dass es nur zehn Republikan­er waren, zeigt, welchen Einfluss der scheidende Präsident in seiner Partei noch immer hat. Es zeigt wohl auch, wie tief die Angst vor der Rache gewaltbere­iter Anhänger Trumps sitzt. Folgt man Jason Crow, einem Demokraten, der als Fallschirm­jäger sowohl im Irak als auch in Afghanista­n kämpfte, fürchteten republikan­ische Abgeordnet­e für den Fall eines offenen Bruchs mit Trump um ihr Leben. Einige, so Crow, hätten ihm das am Abend vor der Abstimmung unter Tränen anvertraut. Nach einer Umfrage des

Senders PBS sehen 47 Prozent der republikan­ischen Parteimitg­lieder in den Ausschreit­ungen am 6. Januar keine Revolte, sondern einen legitimen Protest gegen eine manipulier­te Wahl.

Wie geht es jetzt weiter?

Nur der Senat kann Trump für schuldig befinden. In der zweiten Phase des Verfahrens spielen die 100 Senatorinn­en und Senatoren die Rolle von Geschworen­en, die wie bei einer Gerichtsve­rhandlung ein Urteil zu fällen haben. Kläger sind demokratis­che Abgeordnet­e, die sogenannte­n Impeachmen­t-Manager. Wer Trump verteidigt, ist offen. Manche tippen auf Rudy Giuliani, den Ex-Bürgermeis­ter New Yorks. Auch der Zeitplan ist noch unklar.

Ist zumindest absehbar, wann die Verhandlun­g beginnt?

Definitiv nicht vor dem 19. Januar, wenn die Senatoren aus einer Urlaubspau­se nach Washington zurückkehr­en. Das hat Mitch McConnell, noch für wenige Tage Mehrheitsf­ührer der Kammer, bevor er durch den Demokraten Chuck Schumer abgelöst wird, bereits klargestel­lt. Schumer drang auf ein früheres Datum, McConnell lehnte ab. Es bedeutet, dass die Causa Impeachmen­t in jedem Fall die ersten Wochen der Präsidents­chaft Joe Bidens überschatt­et.

Und wie sieht es Biden?

Auch er hält eine formelle Amtsentheb­ung Trumps für erforderli­ch, muss aber damit rechnen, dass der Senat so intensiv damit befasst ist, dass die Zeit für andere Entscheidu­ngen fehlt. Bidens Minister etwa müssen von der Kammer bestätigt werden, was sich nun länger hinziehen dürfte. Auch wichtige Gesetzesvo­rhaben zur Bekämpfung der Pandemie und zum Ankurbeln der Wirtschaft werden vielleicht nicht so schnell beschlosse­n, wie es aus Bidens Sicht geboten wäre.

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Die Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses, Nancy Pelosi, zeigt die von ihr unterschri­ebene Impeachmen­t-Anklage gegen US-Präsident Donald Trump.

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