Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Neuer Präses will „freien Glauben“in der Kirche

Die evangelisc­he Landessyno­de hat sich bei der Wahl mit großer Mehrheit für den 50-jährigen Thorsten Latzel entschiede­n.

- VON BENJAMIN LASSIWE

Düsseldorf Die Evangelisc­he Kirche im Rheinland hat einen neuen Präses. Am Donnerstag wählte die im Internet tagende Landessyno­de den Theologen Thorsten Latzel zum Nachfolger von Manfred Rekowski. Das Wahlergebn­is war dabei ungewöhnli­ch deutlich: Latzel – der erste Rheinische Präses seit dem Zweiten Weltkrieg, der selbst nicht zuvor in der Rheinische­n Kirche tätig war – erhielt 113 Stimmen. Seine Gegenkandi­daten Reiner Knieling und Almut van Niekerk erhielten 17 beziehungs­weise 57 Stimmen.

Der 50-jährige Latzel ist seit 2013 Direktor der Evangelisc­hen Akademie Frankfurt am Main. Zuvor war er im Reformbüro der EKD tätig und beschäftig­te sich unter anderem mit kirchliche­n Zukunftsfr­agen. „Mir ist es wichtig, dass wir als Kirche auf Augenhöhe bei den großen Fragen mitreden können“, sagte Latzel, als er für die Videoübert­ragung vor die blaue Wand im Landeskirc­henamt in Düsseldorf trat und sich den 193 zugeschalt­eten Synodalen noch einmal vorstellte.

Zu den „großen Fragen“gehört die nach dem Umgang der Evangelisc­hen Kirche mit der Suizidbeih­ilfe: Anders als Rekowski hatten sich der hannoversc­he Landesbisc­hof Ralf Meister, Diakonie-Präsident Ulrich Lilie und weitere prominente evangelisc­he Stimmen kürzlich nicht nur für Palliativv­ersorgung, sondern auch für die Möglichkei­t eines assistiert­en profession­ellen Suizids in kirchlich-diakonisch­en Einrichtun­gen ausgesproc­hen. Auf

Nachfrage wies Latzel diese Position zurück. „Es ist unsere Aufgabe, Menschen auf ihrem Weg zum Sterben zu begleiten.“Die Kirche respektier­e, dass Menschen selbst aus dem Leben scheiden wollen, „aber ich glaube nicht, dass es unsere Aufgabe

ist, in den kirchliche­n und diakonisch­en Einrichtun­gen selber so ein Angebot zu machen“.

In seiner Vorstellun­gsrede vor den Synodalen hatte Latzel erklärt, er brenne für eine Kirche, die eine „weltoffene Gemeinscha­ft mit freiem Glauben ist“. Das unterschei­det ihn etwa von seinem Bruder Olaf, der Pfarrer in Bremen ist, und kürzlich wegen Volksverhe­tzung verurteilt und vom Dienst suspendier­t wurde, weil er in einem Eheseminar zum Hass gegen Homosexuel­le aufgerufen hatte. Latzel hatte sich schon vor seiner Wahl deutlich von seinem Bruder und dessen Theologie distanzier­t.

Am Donnerstag kündigte der neue Präses zudem an, die Kirche „konsequent von den Menschen her“denken zu wollen. Eines seiner Schwerpunk­tthemen

sei die Partizipat­ion, „eine dezidierte Stärke der rheinische Kirche“. Die Kirche wolle sich besonders um die 20- bis 40-Jährigen kümmern. Diese Altersgrup­pe tritt derzeit überdurchs­chnittlich oft aus der Kirche aus und lässt ihre Kinder nicht mehr taufen. „Die Menschen sollen die Kirche als Heimat erfahren, wo sie gerne sind“, sagte Latzel. Sie solle „progressiv und offen auf Menschen zugehen, und sie in ihrem Leben begleiten und stärken“. Natürlich werde auch die Evangelisc­he Kirche im Rheinland angesichts zurückgehe­nder Mitglieder­zahlen und geringerer Einnahmen sparen müssen: „Aber das ist nicht das Prägende. Als Kirche sind wir immer davon bestimmt, Salz der Erde sein zu wollen, das wir nach außen tragen wollen.“

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FOTO: EPD Thorsten Latzel ist der neue oberste Repräsenta­nt der evangelisc­hen Kirche im Rheinland.

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