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Wehrhahn: Freispruch rechtskräftig
Der Sprengstoffanschlag am Düsseldorfer S-Bahnhof bleibt ungeklärt. Der Bundesgerichtshof fand im Freispruch für den einzigen Tatverdächtigen keine Fehler.
DÜSSELDORF/KARLSRUHE Der Ex-Soldat und selbsternannte Sicherheitsberater, den die Staatsanwaltschaft Düsseldorf 2017 als den Sprengstoffattentäter vom Wehrhahn verhaftet hatte, ist frei. Der Dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe hat am Donnerstagvormittag die Revision der Anklage verworfen und den Freispruch des Düsseldorfer Landgerichts bestätigt.
Im Sommer 2000 war der heute 54-Jährige, der in unmittelbarer Nähe des S-Bahnhofs wohnte und dort auch einen Militarialaden betrieb, wegen seiner rassistischen Gesinnung und seiner Nähe zur damaligen Neonaziszene durchaus bekannt. Er gerierte sich gern als „Sheriff von Flingern“, hatte seinen
Hund auf das Kommando „Asylant“abgerichtet, und die Sprachschule gegenüber von seinem Laden, in der Zuwanderer Deutsch lernten, war ihm ein Dorn im Auge.
Das Düsseldorfer Landgericht hatte daran auch keinen Zweifel, konstatierte in der Begründung seines Freispruchs sogar, dass der Angeklagte „unentwegt gelogen“habe. Auch, dass der Mann, der sich unmittelbar nach der Explosion am 27. Juli 2000 vom Tatort entfernt hatte, dem Angeklagten ähnlich gesehen habe, sahen die Richter. Aber letztlich hatten sie zu viele Zweifel an der Indizienkette der Anklage. Das sei vom Revisionsgericht hinzunehmen, hieß es nun vom BGH.
14 Jahre nach der Tat hatte der nun rechtskräftig Freigesprochene eine Haftstrafe verbüßt, soll in der JVA bei einem Mitgefangenen mit dem Sprengstoffanschlag geprahlt haben. Der hatte sich bei der Polizei gemeldet und so die Ermittlungen neu in Gang gebracht. Diesem Zeugen aber glaubte das Gericht nicht, auch nicht, als er auf die Belohnung, die für die Klärung des Verbrechens ausgelobt ist, ausdrücklich verzichtete.
Einer der Nebenklage-Vertreter hatte den Freispruch als schwersten Fehler der Düsseldorfer Nachkriegsjustiz bezeichnet. Für die Opfer, die bis heute unter den Folgen des Verbrechens leiden, ist seine Bestätigung schwer zu ertragen. „Sie werden ihr Leben lang mit der Ungewissheit leben müssen. Das ist eine Wunde, die sich niemals schließen wird“, sagt Michael Rubinstein, Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, der die meisten der Opfer angehören.
Während die Nebenkläger die Behörden auffordern, weiter nach den Verantwortlichen für den Anschlag zu suchen, rechnet Rubinstein nach so langer Zeit nicht mit einem neuen Ermittlungserfolg. Zumal er wie auch die Nebenklage überzeugt ist, dass „die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft gute Gründe für ihre Anklage“hatte. Die Entscheidung des BGH stehe am Ende einer langen Kette von Fehleinschätzungen. „Das ist kein Ruhmesblatt für die Justiz und die Polizei“, sagt Rubinstein. „Am Ende lässt uns das fassungslos und traurig zurück.“