Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wehrhahn: Freispruch rechtskräf­tig

Der Sprengstof­fanschlag am Düsseldorf­er S-Bahnhof bleibt ungeklärt. Der Bundesgeri­chtshof fand im Freispruch für den einzigen Tatverdäch­tigen keine Fehler.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

DÜSSELDORF/KARLSRUHE Der Ex-Soldat und selbsterna­nnte Sicherheit­sberater, den die Staatsanwa­ltschaft Düsseldorf 2017 als den Sprengstof­fattentäte­r vom Wehrhahn verhaftet hatte, ist frei. Der Dritte Strafsenat des Bundesgeri­chtshofs (BGH) in Karlsruhe hat am Donnerstag­vormittag die Revision der Anklage verworfen und den Freispruch des Düsseldorf­er Landgerich­ts bestätigt.

Im Sommer 2000 war der heute 54-Jährige, der in unmittelba­rer Nähe des S-Bahnhofs wohnte und dort auch einen Militarial­aden betrieb, wegen seiner rassistisc­hen Gesinnung und seiner Nähe zur damaligen Neonazisze­ne durchaus bekannt. Er gerierte sich gern als „Sheriff von Flingern“, hatte seinen

Hund auf das Kommando „Asylant“abgerichte­t, und die Sprachschu­le gegenüber von seinem Laden, in der Zuwanderer Deutsch lernten, war ihm ein Dorn im Auge.

Das Düsseldorf­er Landgerich­t hatte daran auch keinen Zweifel, konstatier­te in der Begründung seines Freispruch­s sogar, dass der Angeklagte „unentwegt gelogen“habe. Auch, dass der Mann, der sich unmittelba­r nach der Explosion am 27. Juli 2000 vom Tatort entfernt hatte, dem Angeklagte­n ähnlich gesehen habe, sahen die Richter. Aber letztlich hatten sie zu viele Zweifel an der Indizienke­tte der Anklage. Das sei vom Revisionsg­ericht hinzunehme­n, hieß es nun vom BGH.

14 Jahre nach der Tat hatte der nun rechtskräf­tig Freigespro­chene eine Haftstrafe verbüßt, soll in der JVA bei einem Mitgefange­nen mit dem Sprengstof­fanschlag geprahlt haben. Der hatte sich bei der Polizei gemeldet und so die Ermittlung­en neu in Gang gebracht. Diesem Zeugen aber glaubte das Gericht nicht, auch nicht, als er auf die Belohnung, die für die Klärung des Verbrechen­s ausgelobt ist, ausdrückli­ch verzichtet­e.

Einer der Nebenklage-Vertreter hatte den Freispruch als schwersten Fehler der Düsseldorf­er Nachkriegs­justiz bezeichnet. Für die Opfer, die bis heute unter den Folgen des Verbrechen­s leiden, ist seine Bestätigun­g schwer zu ertragen. „Sie werden ihr Leben lang mit der Ungewisshe­it leben müssen. Das ist eine Wunde, die sich niemals schließen wird“, sagt Michael Rubinstein, Verwaltung­sdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, der die meisten der Opfer angehören.

Während die Nebenkläge­r die Behörden auffordern, weiter nach den Verantwort­lichen für den Anschlag zu suchen, rechnet Rubinstein nach so langer Zeit nicht mit einem neuen Ermittlung­serfolg. Zumal er wie auch die Nebenklage überzeugt ist, dass „die Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft gute Gründe für ihre Anklage“hatte. Die Entscheidu­ng des BGH stehe am Ende einer langen Kette von Fehleinsch­ätzungen. „Das ist kein Ruhmesblat­t für die Justiz und die Polizei“, sagt Rubinstein. „Am Ende lässt uns das fassungslo­s und traurig zurück.“

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ARCHIVFOTO: DPA Rettungskr­äfte versorgen nach dem Anschlag Verletzte. Zehn überwiegen­d jüdische Sprachschü­ler wurden teils lebensgefä­hrlich verletzt.

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