Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Digitale Sitzungen als Alternative
STADTTEILE Im Januar sollte eigentlich die politische Arbeit in den Stadtbezirken nach der Weihnachtspause wieder losgehen. Doch die Hälfte der zehn Gremien hat ihre Sitzung jetzt wegen Corona abgesagt. Der neue Erlass des Landes stellt es den Mitgliedern der Bezirksvertretungen frei, ob sie tagen wollen oder nicht. Einer der ersten, der den Termin gecancelt hat, ist Dietmar Wolf (Grüne), Bezirksbürgermeister im Stadtbezirk 3. „Wir haben nichts Wichtiges auf der Tagesordnung“, sagt er. Ähnlich verhält es sich auch im südlichsten Teil Düsseldorfs, „wir haben so gut wie keine Anträge“, sagt Bezirksbürgermeister Klaus Erkelenz (CDU). In einer Zeit, in der Kontakte auf eine Person beschränkt seien, „wollen wir als gutes Beispiel vorangehen“. Das Risiko einer Ansteckung sei zu hoch in Anbetracht der Agenda.
19 Bezirksvertreter sitzen in jedem Gremium, dazu kommen die beratenden Ratsmitglieder. Die Zahl variiert von Stadtbezirk zu Stadtbezirk, nicht immer sind auch alle Ratsleute anwesend. Dazu kommen zwei bis drei Mitarbeiter der Bezirksverwaltungsstelle, die die Sitzung organisieren und das Protokoll führen, dann sind da noch die Fachleute aus den jeweiligen Ämtern der Stadt, die Vorträge halten. Und nicht zuletzt die Besucher, die den öffentlichen Teil der Tagesordnung im Zuschauerraum folgen können. 30 bis 40 Personen kommen da schnell zusammen.
Nach derzeitigem Stand sollen die Sitzungen der Bezirksvertretungen 8, 9, 5, 6 und 1 wie geplant (eventuell auch nur digital) stattfinden. Stefan Golißa (CDU), Bürgermeister im Stadtbezirk 5, begründet die Entscheidung so: „Das Problem mit dem Abstand haben wir schon länger“, sagt er, deshalb habe man einen Vertrag geschlossen mit dem Tulip Inn. „Ob wir kommen oder nicht, wir müssen für den Raum im Hotel zahlen“, sagt Golißa, der solange Sitzungen abhalten will, bis das Land das komplett untersagt. Jedes
Mitglied könne selbst entscheiden, ob es teilnehmen will, außerdem habe man dafür gesorgt, dass Präsentationen der Verwaltung im Vorfeld verschickt und in der Sitzung selbst nur noch offene Fragen beantwortet werden. Außerdem habe jede Fraktion lediglich ein begrenztes Kontingent an Fragen, damit die Vertreter nicht länger als zwei Stunden brauchen. „Wir haben Bauvoranfragen oder -anträge, bei denen wir Fristen einhalten müssen“, sagt Golißa.
Im Stadtbezirk 8 hat Bezirksverwaltungsstellenleiter Peter Frymuth ebenfalls einen größeren Raum gesucht, „wir haben alle Vorkehrungen getroffen“, sagt er, „und wir versuchen gerade, dass wir in einer Stunde mit der Sitzung durch sind“. Ob das Gremium tagt, sei aber eine politische Entscheidung, nicht die der Verwaltung. Es gebe aber Themen, die vorangehen müssten, „wie die Planung für den Breidenplatz“, sagt Frymuth.
Eine Verwaltungsvorlage habe auf der Tagesordnung im Linksrheinischen
gestanden, „aber wir sind zum Entschluss gekommen, dass wir für zehn Minuten keine Aula aktivieren müssen“, sagt Rolf Tups (CDU), Bürgermeister im Bezirk 4. Ob und wie eine solche Sitzung auch ohne persönlichen Kontakt stattfinden kann, „darüber denken wir schon seit Monaten nach“, sagt Tups, der überzeugt ist, dass es durchaus technische Möglichkeiten gebe, „aber so etwas muss auch rechtssicher sein“. Eine Ratssitzung dagegen könne nicht einfach ausfallen, „wir haben auch eine Verpflichtung, damit die Stadt handlungsfähig bleibt“, sagt Tups.
Abgesagt wurde auch die Sitzung der Bezirksvertretung 7, die zuletzt abwechselnd in Schulaulen stattfand. „Wir haben ja auch noch das Instrument der Dringlichkeit, können zum Beispiel wichtige Bauanträge in einer digitalen interfraktionellen Runde beschließen“, sagt die neue Bezirksbürgermeisterin Maria Icking von den Grünen. Da nicht ausgeschlossen ist, dass die BV-Sitzungen auch im Februar und womöglich gar im März ausfallen, will sie angesichts der ziemlich langen Januar-Tagesordnung (die trotzdem online auf der Stadt-Seite steht) an die Parteien appellieren, nur bei wirklich dringenden Anliegen Anträge oder Anfragen zu stellen. „Der Wahlkampf ist ja vorbei.“
BV-Sitzungen ausschließlich digital zu streamen, sieht Icking kritisch: „Dafür müsste wahrscheinlich die Gemeindeordnung geändert werden, auch der Ausschluss der Öffentlichkeit könnte ein Problem darstellen.“Die Grüne Annette Klinke, Bezirksbürgermeisterin im Stadtbezirk 1, bespricht sich am Donnerstagabend mit ihren Stellvertretern. Sie favorisiert zwei Varianten: „Entweder wir halten die Sitzung kurz und knapp und schalten dringend notwendige Berichte der Verwaltung per Video zu, damit wir zu einer Meinungsfindung kommen. Oder wir machen eine Video-Schalte mit allen BV-Mitgliedern und können wichtige Dinge im Anschluss per Dringlichkeitsbeschluss auf den Weg bringen.“
Während bundesweit Arbeitnehmer dazu angehalten werden, im Homeoffice zu bleiben, Schüler seit Wochen nur noch vor dem Laptop pauken und Bars und Restaurants abgeriegelt sind wie Fort Knox, wollen die Stadtteilpolitiker über Themen diskutieren, die nicht unbedingt pressieren. Das ist ehrenwert, aber trägt sicher nicht dazu bei, dass das Land handlungsfähig bleibt. Im Gegenteil: Jede Veranstaltung kann zu einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus führen. Statt zusammenzuhocken sollte man jetzt umgehend daran arbeiten, dass solche Sitzungen digital abgehalten werden. Es wird noch Monate dauern, bis wir die Pandemie im Griff haben.