Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Ich befürchtete immer, ich verhalte mich unloyal“
Autorin Jutta Weber präsentierte ihr Buch „Rastasvasti – wie ich meine jamaikanischen Wurzeln fand“in einer Lesung des Kollektivs „Schwarzes Haus“.
DÜSSELDORF Der Arzt betrachtet das neugeborene Baby mit der milchkaffeebraunen Haut. Er betastet die dichten schwarzen Haare und murmelt: „Sieht aus wie ein kleiner Affe.“Mit dem eiligen Nachsatz „Ein süßer, versteht sich!“dämpft er die Empörung der jungen Mutter, die selber völlig überrumpelt ist und grübelt: Wer mag wohl der Vater
sein? Die Hautfarbe grenzt die Möglichkeiten ein. Der Indonesier vermutlich. Oder doch der Saxofon spielende Jamaikaner? Diese Szene beschreibt die Krefelder Kinderärztin Jutta Weber in ihrem 2017 erschienenen Buch „Rastasvasti – wie ich meine jamaikanischen Wurzeln fand“. Anrührend erzählt sie vom Aufwachsen in Meerbusch, als einziges schwarzes Kind weit und breit, und ihrer Suche nach dem Vater.
Nun war Weber Gast einer virtuellen Lesung, organisiert vom Kollektiv „Schwarzes Haus“, einen im Unterhaus des Schauspielhauses beheimateten Schutzraum für schwarze Menschen. Die Autorin nahm ihre Zuhörer mit auf eine Reise durch ihr Leben. Ihre Mutter, eine selbstbewusste, lebensfrohe Frau, jobbt in einem Düsseldorfer Plattenladen. Von Büderich ziehen die beiden nach Osterath, ein Lebensmittelhändler
wird Juttas Stiefvater. Ihre Kindheit schildert sie als weitgehend unbeschwert: „Die Auseinandersetzung mit meiner Hautfarbe
wurde mir erst bewusst, als sich mein Radius erweiterte und ich mit der Bahn nach Düsseldorf fuhr.“Ihre Erkenntnis: „Man muss als schwarzer Mensch immerzu beweisen, dass man eine Daseinsberechtigung hat.“Sie studiert Medizin, heiratet, bekommt einen Sohn und drei Töchter. Den insgeheimen Wunsch, ihren Vater zu suchen, blendet Weber aus. Wie sollte das gehen? Erst ihre Kinder drängten sie dazu: „Alle vier waren verrückt nach Jamaika, sie lebten die Kultur und die Musik weit mehr als ich.“
Irgendwann macht sie sich auf den Weg, trifft auf ihre Familie, spürt eine überraschende Vertrautheit: „Dort bin ich schwarz geworden, und es fühlte sich superschön an. Ich befürchtete vorher immer, ich verhalte mich unloyal. Das war falsch, es lässt sich mit Deutschland konfliktfrei verbinden.“