Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Uns sorgt die Ausgrenzung vieler Stimmen
Die drei Düsseldorfer Intendanten gehören zu den Unterzeichnern der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“. In ihrem Plädoyer gegen Antisemitismus erklären sie, warum sie unterschrieben haben. Hintergrund ist der Streit um die BDS-Kampagne gegen Israel.
DÜSSELDORF Im Dezember 2020 hat eine Vielzahl von deutschen Institutionen und Einzelpersonen, die im künstlerischen und wissenschaftlichen Bereich international aktiv sind, ein Plädoyer veröffentlicht, das eine Sorge beschreibt und zum offenen Diskurs auffordert: die „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“. Sie bezieht sich auf den Grundgesetzartikel, in dem die Freiheit von Kunst und Wissenschaft garantiert wird. Sie wird neben vielen weiteren Unterzeichnenden getragen von der Kulturstiftung des Bundes, dem Goethe-Institut, dem Haus der Kulturen der Welt, dem Humboldt-Forum, dem Wissenschaftskolleg zu Berlin, den Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins und des Deutschen Zentrums des internationalen Theaterinstituts, dem Einstein-Forum Potsdam, dem Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin und einer Reihe von Museen, Forschungsstätten und Theatern.
Der Text betont den „gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus und jede Form von religiösem Fundamentalismus“. Er kritisiert aber auch die Auswirkungen der sogenannten BDS-Resolution des Deutschen Bundestages, die sich gegen Unterstützerinnen und Unterstützer des BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) wendet, die international die israelische Politik attackieren und als politisches Gegenmittel auf vielfältige Art den Boykott Israels proklamieren. Ihnen soll in der demokratischen Öffentlichkeit unserer Kultur- und Diskursräume keine Bühne gegeben werden.
Die Initiative sieht jedoch auch die daraus entstehende Problematik: „Unter Berufung auf diese (Bundestags-)Resolution werden durch missbräuchliche Verwendungen des Antisemitismusvorwurfs wichtige Stimmen beiseitegedrängt und kritische Positionen verzerrt dargestellt. Weltoffenheit, wie wir sie verstehen, setzt eine politische Ästhetik der Differenz voraus, die Anderssein als demokratische Qualität versteht und Kunst und Bildung als Räume, in denen es darum geht, Ambivalenzen zu ertragen und abweichende Positionen zuzulassen.“
Wir fordern dazu auf, den Text des Plädoyers zu lesen. Er drückt weder eine Solidarität mit dem BDS aus, geschweige denn, dass er sich mit ihm gemeinmacht. Auch stellt er in keiner Form Rechte und fundamentale Ansprüche Israels infrage. Er sagt wörtlich: „Da wir den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch für grundlegend halten, lehnen wir den Boykott Israels durch den BDS ab.“Aber wir finden den Boykott kritischer Stimmen als Antwort darauf ebenfalls nicht das richtige Mittel.
Das vorliegende und von uns mitunterzeichnete Plädoyer basiert auf vielfältigen internationalen Arbeitserfahrungen und -beziehungen. Es ist ein Plädoyer für Weltoffenheit, ja, das ist genau so gemeint. Wir wollen offene Diskursräume, in denen kontrovers und auf Augenhöhe argumentiert wird, in denen von keiner Seite die politisierte Definition von Begriffen als ausschließendes Instrument eingesetzt wird. Wir wollen nicht damit umgehen müssen, dass Opfernarrative gegeneinandergestellt werden und dass wissenschaftliche und künstlerische Positionen in unserem Diskurs nicht zugelassen werden sollen, weil ihnen – immer wieder und durchaus mit politischer Insistenz und oftmals wenig schlüssig belegt – Nähe zum BDS unterstellt wird. Auch unabhängig von den konkreten künstlerischen Werken. Wir wollen nicht bei jedem Festival oder Gastspiel die Biografien von Künstlern recherchieren und überprüfen müssen, ob sie jemals