Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Talentscouts in Kitas und Schulen
Bereits im frühkindlichen Alter bringen Erzieher die Interessen der Kinder zur Entfaltung. Beim Übergang von der Schule in den Beruf stehen speziell zertifizierte Förderer den Jugendlichen zur Seite.
Ob malen, bauen oder Menschen für etwas begeistern – Kinder zeigen bereits im Vorschulalter ihre Talente und Stärken. Sie benötigen allerdings den entsprechenden Freiraum, um diese entfalten zu können. Unterstützung erhalten sie in jungen Jahren von den Erziehern der Kindertageseinrichtungen. „Die Kita nimmt das Kind ganzheitlich in den Blick“, erklärt Barbara Nolte vom Verband Bildung und Erziehung NRW. „Wichtig ist dabei, dass die Erzieher eine offene Haltung gegenüber jedem einzelnen Kind haben.“
Um die individuelle Entwicklung und Bildung zu fördern, benötigen die Mitarbeiter in den Einrichtungen viel Zeit und entsprechende Qualifikationen. Dazu zählen Teamfortbildungen, in denen sich Erzieher mit der begabungssensiblen Haltung auseinandersetzen. „Gemeinsam können Fachaufsätze zur Talentförderung oder zu entwicklungspsychologischen Themen auch in Teamsitzungen bearbeitet werden“, nennt Barbara Nolte Beispiele. „Oftmals fehlt im Kita-Alltag aufgrund der angespannten Personalsituation jedoch die Zeit dazu. Die Landesregierung ist gefordert, für mehr Personal zu sorgen. Wir brauchen klare Regelungen für mehr Vor- und Nachbereitungszeit.“
Erfahrene Erzieher erkennen die Talente der Vorschulkinder. „Wir beobachten zunächst, wofür sich das Kind begeistern lässt“, erklärt die Expertin. „Wenn es Aufgaben aus eigenem Antrieb wiederholt und sich noch dazu an Neues heranwagt, werden Stärken deutlich.“
Ein Beispiel: Die kleine Anna malt sehr gerne und begeistert andere Kinder mit ihren Werken. Sie zeigt daher nicht nur Begabungen im kreativen Bereich, sondern kann auch andere motivieren. „Das Thema Talente ist sehr breit gefächert“, weiß Barbara Nolte. „Wir Erzieher unterstützen und ermutigen die Kinder, indem wir stets neue Anreize oder Impulse setzen und die Neugier wecken.“Die Expertin folgt dabei dem Satz „Hilf mir, es selbst zu tun“der Reformpädagogin Maria Montessori.
Die Entwicklungswege der Kinder sind äußerst individuell. Einige lernen spielerisch, andere beobachten lieber, eine dritte Gruppe muss alles anfassen und genau erforschen. „In NRW erstellen Erzieher für jedes Kind eine Bildungsdokumentation“, betont Nolte. „In einem Portfolio oder Bericht halten wir fest, wie das Kind seine Welt erobert, erforscht, begreift und welche Stärken es aufweist.“Die Ergebnisse werden später häufig von den Grundschulen angefragt, um einen Einblick in die Fähigkeiten der Erstklässler zu erhalten.
Harry Barduhn Talentscout
Talente zeigen sich nicht nur im frühkindlichen Alter, auch Jugendliche entwickeln neue Stärken. Ein spezielles Augenmerk auf Leistungen, die junge Menschen in ihren teils herausforderndem Alltag erbringen, legen Talentscouts. NRW-weit in fast 400 Schulen bieten sie motivierten und leistungsstarken Oberstufenschülern eine individuelle Begleitung an bis hinein in den Beruf. Einer von ihnen ist Harry Barduhn von der Westfälischen Hochschule.
„Ich begleite in enger Zusammenarbeit mit Schulen Talente aus dem nördlichen Ruhrgebiet bei ihrem Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung oder in ein Studium und darüber hinaus“, erklärt der Talentscout. „Wir begleiten die jungen Menschen auf ihrem Bildungsweg, indem wir zusammen berufliche Interessen, Potenziale, Träume und Ziele entdecken und für Bildungswege und -entscheidungen ermutigen. Darüber hinaus eröffnen wir Talenten Zugänge zu existierenden Förderinstrumenten und Netzwerken.“
Die zertifizierten Talentscouts sind an Hochschulen tätig und werden im NRW-Zentrum für Talentförderung in Gelsenkirchen berufsbegleitend ausgebildet. „Durch die Qualifizierung hat sich mein Blick auf Talente stark sensibilisiert“, sagt Barduhn. „Erfahrungsgemäß sind sich Talente ihrer Leistungen selbst gar nicht bewusst und halten ihr familiäres oder soziales Engagement für selbstverständlich. Oder sie sehen in ihren Leidenschaften oder Hobbys nichts Besonderes, weil sie Spaß machen.“
Talentscouts entdecken Stärken, indem sie den individuellen Lebenskontext berücksichtigen, in dem junge Menschen ihre Leistungen vollbringen. „Darum geht es im Talentscouting“, betont Harry Barduhn. „Und ich bin von den Biografien und dem Elan der Talente auch nach so vielen Jahren in der Talentförderung immer wieder aufs Neue beeindruckt.“
„Talente sehen in ihren Leidenschaften oder Hobbys nichts Besonderes, weil sie Spaß machen.“