Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Vision einer Schule ohne Klassenräu­me

- VON ANNIKA LAMM

BOCHUM Die Digitalisi­erung der Bildung birgt großen Chancen. Doch dafür muss zunächst eine grundlegen­de Änderung von Unterricht­skonzepten her. Matthias Kostrzewa ist Digitalisi­erungsbeau­ftragter für die Lehrerbild­ung an der Ruhr-Universitä­t Bochum und für den Themenkomp­lex „Lernen und Lehren in einer durch digitale Medien geprägten Welt“zuständig. Der IT-Experte wünscht sich, dass das Lernen in der Schule neu gedacht wird: „Wir müssen von der Frage wegkommen, wie digitale Medien als Werkzeuge genutzt werden können, und uns dem Lernen in einer Kultur der Digitalitä­t widmen.“Heißt: Schülerinn­en und Schüler müssten besser vorbereite­t werden, um an einer sich immer schneller digitalisi­erenden Welt teilhaben zu können.

Dabei gehe es nicht darum, welche Art Gerät von welchem Hersteller bestellt werde. „Das Digitale zieht viele Dinge, die wir als Gesellscha­ft in Bezug auf Schule für selbstvers­tändlich gehalten haben, grundlegen­d in Zweifel,“sagt Kostrzewa. Nun komme es darauf an, „die wirklich großen Fragen“zu stellen und das Thema Lernen aus dem Blickwinke­l

der neuen digitalen Möglichkei­ten zu betrachten. „Dazu gehört unter anderem die Auseinande­rsetzung damit, wie sinnvoll es ist, heutzutage Kinder nach Schulforme­n getrennt, in Klassenräu­men, in Jahrgangss­tufen und nach Fächern zu unterricht­en“, sagt Kostrzewa. Das solle nicht heißen, dass all das abgeschaff­t werden solle. „Aber wir müssen es aktiv hinterfrag­en.“

Die ideale Schule in der Zukunft stellt er sich so vor: „Ich bin mir sicher, dass sie keine Klassenzim­mer mehr hat, sondern Lernorte. Die perfekte Schule ist für mich auch eine, die mir verschiede­ne Möglichkei­ten gibt, mit Schülern zu lernen und zu arbeiten“, sagt Kostrzewa. Da spiele Technik eine große Rolle. „Sie kann zu einer besseren Chancengle­ichheit beitragen. Darunter verstehe ich, allen Kindern gleicherma­ßen zu ermögliche­n, das Beste aus sich herauszuho­len“, sagt Kostrzewa. „Die Individual­ität, die es dafür braucht, kann durch Digitalitä­t an den Schulen viel stärker im Fokus stehen.“

Es brauche nun Mut, notwendige Veränderun­gen in Angriff zu nehmen und damit anzufangen, langfristi­ge Konzepte zu erstellen, meint der IT-Experte.

„Das Digitale stellt vieles in der Bildung grundlegen­d infrage“

Matthias Kostrzewa Digitalisi­erungsbeau­ftragter

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