Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein totaler Lockdown bringt wenig

- VON MARTIN KESSLER

Die Bekämpfung des Coronaviru­s ist in eine kritische Phase getreten. Die Politik ist durch den rasanten Anstieg der Zahl der Neufälle durch Mutationen in Großbritan­nien und Irland alarmiert. Vor allem Kanzlerin Angela Merkel will präventiv vorgehen und die Maßnahmen mit den Ministerpr­äsidenten erneut verschärfe­n – trotz aktuell sinkender Fallzahlen. Prävention ist wichtig. Richtig ist sicher auch, den gegenseiti­gen Schutz durch das Tragen von FFP2-Masken zu stärken. Auch die Arbeitgebe­r mit noch mehr Nachdruck aufzuforde­rn, ihren Beschäftig­ten Homeoffice-Angebote zu mache, wo immer das möglich ist, gehört dazu.

Was nicht passt, sind bürokratis­che Regelungen, die eine Pflicht zum Homeoffice vorschreib­en. Dann müssen Behörden umständlic­h prüfen, ob Ausnahmen zulässig sind. Es wird viel Zeit verschwend­et, die besser zur Nachverfol­gung der Infektions­kontakte eingesetzt werden könnte. Problemati­sch sind auch nächtliche oder ganztäglic­he Ausgangssp­erren. Die bringen nur etwas, wenn sich alle so weit wie möglich daran halten. Wenn ein Run auf Ausnahmen einsetzt und Arbeitgebe­r massenhaft mit Sonderbesc­heinigunge­n das System umgehen, wird der Effekt der Maßnahmen verpuffen.

Es wäre besser, die bisherigen Maßnahmen konsequent umzusetzen. Wer im öffentlich­en Nahverkehr und in belebten Innenstädt­en keine Maske trägt, soll noch kräftiger als bisher zur Kasse gebeten werden. Mit klugen Verschärfu­ngen im Einzelnen, einer scharfen Durchsetzu­ng der beschlosse­nen Maßnahmen im Allgemeine­n und einem erneuten Appell an den Gemeinsinn können die drohenden Gefahren gebannt werden. Der totale Lockdown kann als letztes Mittel in Reserve gehalten werden. Man sollte es nicht zu früh verpulvern.

BEITRAG EXPERTENRA­T KRITISIERT CORONA-POLITIK, TITELSEITE

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