Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wahre Größe in der Niederlage

Die Stärke eines Politikers zeigt sich im Umgang mit der Enttäuschu­ng.

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Es gibt einen neuen CDU-Vorsitzend­en. Die Partei hat es endlich geschafft, sich eine neue Führung zu geben. Wenn jetzt die Briefwahl am Freitag noch die Digitalwah­l bestätigt, ist alles rund gelaufen. Was bleibt von diesem Parteitag, ist ein Lehrstück über den Umgang mit Sieg und Niederlage. Beispiel Armin Laschet. Er war der mächtigste Politiker im Kandidaten­feld und trotzdem kein Favorit. Er hatte mit Abstand am meisten zu verlieren, seine Machtbasis wäre im Falle einer Niederlage auch in seinem Bundesland ins Rutschen geraten. Er hat gewonnen, knapp, aber nicht hauchdünn. Und er hat als Sieger die richtige Mitte gefunden: Freude, aber kein Triumphgeh­eul.

KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Erleichter­ung, aber kein Ausruhen. Der unterlegen­e und abgeschlag­ene Kandidat, Norbert Röttgen, hat ebenfalls gewonnen. Nämlich Respekt für seine Kampagne und sein Auftreten nach der Niederlage – und zwar auch bei denen, die ihn nicht gewählt haben. Persönlich hat er gewonnen, weil er sich durch seinen Platz im Präsidium wieder in der ersten Reihe seiner Partei etabliert hat. An ihm kommt man gerade im Feld Außenpolit­ik in der CDU nicht mehr vorbei. Bleibt Friedrich Merz, der erneut nur knapp unterlegen war. Noch immer reibt man sich als politische­r Beobachter verwundert die Augen: Warum diese Volte mit dem Ministeran­gebot? Warum spontan ein vergiftete­s

Angebot unterbreit­en? Die menschlich­e Größe zeigt sich in der Niederlage – das gilt in Sport und Politik gleicherma­ßen. Enttäuschu­ng oder Wut, alles verständli­ch. Die CDU kann froh sein, diesen konservati­ven Wirtschaft­sgeist in ihren Reihen zu haben. Aber auch Friedrich Merz sollte die Parteifami­lie schätzen. Sich dort ab jetzt regelmäßig einzubring­en, gemeinsam um Siege zu ringen, wäre ein Erfolgsrez­ept. Doch nur als Stufe für die persönlich­e Karrierele­iter – dafür taugt die CDU nicht.

Kerstin Münsterman­n ist Leiterin des Berliner Parlaments­büros. Sie wechselt sich mit ihrem Stellvertr­eter Jan Drebes und dem Journalist­en Christoph Schwennick­e ab.

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