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SPD-Landeschef Hartmann macht Weg für seinen Rivalen frei
DÜSSELDORF SPD-Landeschef Sebastian Hartmann stellt sich nun doch nicht mehr zur Wiederwahl. Der 43-jährige Bornheimer Bundestagsabgeordnete zog nach eigenen Angaben die Konsequenz aus dem Zerwürfnis mit Fraktionschef Thomas Kutschaty. In einem Schreiben an die SPD-Mitglieder, das dem Bonner General-Anzeiger vorliegt, nennt Hartmann seine Gründe: „Die Berichterstattung der letzten Tage zeigte mir, dass die Phase der Bewerbung um ein Amt auf dem Landesparteitag nicht zu einem Fest des Wettbewerbs und der Demokratie,
sondern zur weiteren Belastung für die Sozialdemokratie in NRW, für meine Mitarbeiter*innen, meine Familie und mich würde.“
Zuvor war Hartmanns Jahresauftakt-Pressekonferenz ohne Begründung kurzfristig abgesagt worden. Der Landesvorsitzende hatte sich zuvor schon kaum mehr öffentlich zu Wort gemeldet. In seinem Schreiben an die Mitglieder schrieb Hartmann nun von „medialen Zerrbildern unserer Arbeit und der eigenen Person“. Er kritisierte seine parteiinternen Gegner: „Wenn die Wahrnehmung selbstverständlicher Aufgaben eines Landesvorsitzenden bereits mediale Sprengkraft entfaltet, entfällt der nötige Raum, einerseits Ämter auszufüllen und andererseits Kandidaturen zum Erfolg zu führen.“Diese Muster kenne er. „Daraus folgten Verlust von zunächst Autorität und dann Unterstützung.“
Hartmann war im Juni 2018 mit 81 Prozent der Stimmen an die Spitze der NRW-SPD gewählt worden. Unter seiner Führung habe die Partei entlang der Idee „Rot pur“Weichen für eine selbstbewusste, moderne Sozialdemokratie gestellt, zog Hartmann in seinem Schreiben Bilanz. „Starke wie mutige Konzepte“für bezahlbares Wohnen, mehr Investitionen und ein besseres Bildungssystem seien beschlossen worden – „Themen, die heute in
Umfragen weit oben stehen“, stellt Hartmann fest. Sein Abschiedsgruß in dem Schreiben an die Mitglieder enthält denn auch eine unverkennbare Spitze in Richtung Kutschaty: „Seien wir zukünftig solidarischer“.
Für Kutschaty dürfte nun der Weg frei sein, neben dem Fraktionsvorsitz auch den Landesvorsitz zu übernehmen. Denn auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die als möglicher Joker galt, winkte gegenüber unserer Redaktion ab: „Ich möchte im September in den Bundestag gewählt werden und werde jetzt nicht für den Vorsitz der NRWSPD kandidieren.“
Der Machtkampf zwischen Sebastian Hartmann und Thomas
Kutschaty war nach der verlorenen Kommunalwahl im Herbst eskaliert. Kutschaty, einst NRW-Justizminister im Kabinett Hannelore Kraft, hatte danach eine Kampfkandidatur gegen Hartmann angekündigt. Dessen Rückzug macht nun für Kutschaty auch den Weg zur Spitzenkandidatur bei der nächsten Landtagswahl im Frühjahr 2022 frei. Wenn es dann noch so kommt, dass der neue CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet nach Berlin wechselt und an seiner Stelle Verkehrsminister Hendrik Wüst für die NRW-CDU antritt, steht ein spannungsreiches Duell bevor: zwischen einem linken Sozialdemokraten und einem konservativen Christdemokraten.