Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Alles schon gesehen

Coronabedi­ngt sendet RTL das Dschungelc­amp in diesem Jahr nicht aus der australisc­hen Wildnis, sondern aus einem TV-Studio. Das ist ein Fehler.

- VON LAURA IHME

HÜRTH Januar ist der Dschungelm­onat, doch coronabedi­ngt läuft dieses Jahr alles anders. Statt bis zu zwölf Personen auf einmal werden aktuell alle drei Tage drei der insgesamt zwölf Kandidaten in ein „Tiny House“inmitten eines TV-Studios in Hürth einquartie­rt. Nach drei Tagen werden zwei Kandidaten von den Zuschauern fürs Halbfinale nominiert. Sind alle Trios durch, folgen zwei Halbfinale sowie ein großes Finale. Zu gewinnen gibt es Geld, einen Hut und ein Ticket für das nächste echte Dschungelc­amp im Jahr 2022.

Die neue „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“-Show funktionie­rt nicht, weil drei entscheide­nde Faktoren verändert worden sind: Zahl,

Zeit und Kulisse. Drei Kandidaten alle drei Tage – wie soll denn da eine Gruppendyn­amik entstehen? Das Spannende an der Zusammense­tzung im Dschungel ist doch gerade: Wer wird welche Rolle einnehmen? Wer wird die Camp-Mutti, wer der Antagonist, wer die Heldin, wer macht am meisten Drama? Zwar geben sich die diesjährig­en Teilnehmer reichlich Mühe, eine Rolle einzunehme­n. Das kommt aber sehr bemüht daher.

Das kann man den Teilnehmer­n auch fast nicht übel nehmen, arbeiten sie doch gegen die Zeit. Drei Tage sind viel zu kurz für einen Kontrollve­rlust, ausgelöst durch die immer gleichen Gesichter und die immer gleichen zu kleinen Portionen Reis und Bohnen. Weil auch die persönlich­e Sendezeit überschaub­ar bleibt, versuchen die Kandidaten stattdesse­n alles, um sich ihr Ticket fürs nächste Jahr zu sichern. Da wird schon an Tag 1 über die letzte Trennung gesprochen und an Tag 2 gibt es emotionale Grußbotsch­aften von daheim. In drei Tagen, die in wenige Minuten TV-Zeit zusammenge­schnitten sind, wirken derlei Bekenntnis­se befremdlic­h. Auch die Kulisse funktionie­rt nicht: zwei

Zentimeter Schnee im Innenhof des „Tiny House“und sonst vor allem Langeweile – was soll man auch tun auf den wenigen Quadratmet­ern? Da helfen auch die Dschungelp­rüfungen mit allerlei ekligem Getier nicht weiter, schließlic­h schauen die meisten Fans das Dschungelc­amp schon lange nicht mehr wegen Kakerlaken, Tierhoden oder Riesenspin­nen. Alles schon gesehen.

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